Hexenjagd auf die Hanfbranche

Ladenbetreiber Wenzel Cerveny wegen harmloser Hanfprodukte angeklagt/Staatsanwalt rechnet minimale THC-Anteile von 120 Kilogramm Hanftee hoch.

München – In Bayern gehen die Uhren immer noch anders: Während bei großen Drogerieketten Hanftee im Regal steht, hat der Staatsanwalt in der jungen Hanfbranche ein Exempel statuiert: Wenzel Cerveny (59), Betreiber von „Hanf – der etwas andere Bioladen“, sowie andere Ladenbesitzer, erhielten eine Anklage und müssen sich wegen des bandenmäßigen Rauschgifthandels vor Gericht verantworten. „Von einer Hexenjagd auf die junge Hanfbranche“, spricht der Legalisierungsaktivist und Unternehmer.

Die Staatsanwaltschaft München hat im April 2019 mit einem riesigen Aufgebot von elf StaatsanwältInnen und 180 PolizistInnen losgelegt. Jetzt liegt die 17 Seiten lange Anklageschrift gegen Wenzel Cerveny vor. Der Hanftee aus dem Rohstoff von EU-zertifiziertem Saatgut kam bei den Drogenfahndern alles andere als entspannend an. Der Grundstoff enthielt zwar berauschendes Tetrahydrocannabinol (THC), das aber – natürlich – weit unter dem normalerweise erlaubten Grenzwert von 0,2 Prozent lag, genau wie es der Gesetzgeber für Nutzhanf vorgibt. Soweit, so gut.

Die Staatsanwaltschaft im Freistaat Bayern rechnet anders. Bei der Razzia im letzten Jahr haben sie aus einem Lieferwagen elf große Kartons besagten harmlosen Hanftees beschlagnahmt – insgesamt 120 Kilogramm. In den Münchner Laboren ergab sich ein THC-Gehalt von 0,04 Prozent. Kein Problem, denkt man. Die Münchner Ermittler denken sich nichts dabei und rechnen hoch und kommen in der Summe auf 25 Gramm reinsten Rauschgiftes. „Ich versteht die Logik nicht“, sagt Wenzel Cerveny. Nach derselben Rechnung könnte man aus alkoholfreiem Bier den Restalkohol herausdestillieren. Fragt sich nur, mit welchem Aufwand – also völlig unrealistisch. Bewusst schreibe die Staatsanwaltschaft von Marihuana, um die Hanfläden in die Rauschgift-Ecke zu drängen. „Wir haben Hanftextilien und -kosmetik im Sortiment, was haben die Produkte mit Marihuana zu tun?“ frag der Ladenbetreiber. Da Wenzel Cerveny den Hanftee mit seinen 20 MitarbeiterInnen in inzwischen zehn Läden verkauft, nennt die Staatsanwaltschaft das Delikt „bandenmäßiger Rauschgifthandel“. „Ich zahle Steuern und Sozialabgaben, da hält der Staat schon die Hände auf“, sagt der Hanf-Unternehmer.

Knackpunkt ist für die Ermittler der Paragraf 24a des Betäubungsmittelgesetzes, der es erlaubt, dass Cannabisdelikte nicht verfolgt werden, wenn sie für gewerbliche oder wissenschaftliche Zwecke verwendet werden. Florian Weinzierl, Sprecher der Münchner Staatsanwaltschaft, sieht den Verkauf an den Endverbraucher als entscheidendes Argument. Nach Ansicht der Ermittlungsbehörde kommt es deshalb nicht darauf an, ob der THC-Gehalt im Hanftee unter 0,2 Prozent festgestellt wurde.

Wenzel Cerveny steht nicht allein vor dem Kadi: Die Staatsanwaltschaft München I hatte weitere Läden der jungen Hanfbranche besucht. Insgesamt wurden 370 Kilogramm Hanftee, 530 Gramm CBD-Haschisch und 60 Kilogramm CBD-Blüten sowie 44.000 Euro Bargeld beschlagnahmt. Bei einem Mit­be­wer­ber, der einen Berechtigungsschein besitzt, seien zwei Schusswaffenwaren gefunden worden. „Die Staatanwaltschaft vermischt bewusst Waffen und Drogen, um die junge Hanfbranche schlecht zu machen. Es sieht nach einer Hexenjagd aus“, betont Cerveny und kündigt an: „Ich gehe durch alle Instanzen. Lieber sitze ich erhobenen Hauptes, als jetzt einzuknicken.“

Will sich vor Gericht wehren und durch alle Instanzen gehen: Unternehmer Wenzel Cerveny von „Hanf – der etwas andere Bioladen“

Corpus delicti: 120 Kilogramm Hanftee ergeben laut Staatsanwaltschaft
25 Gramm reinstes Rauschgift

text: Josef König

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