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Colorado auf Hochtouren, Washington bereitet sich vor

Die gewaltigen Einnahmen, die in den ersten Monaten der Legalisierung durch das Weißwaschen des Marihuanamarktes erzielt wurden, manifestieren sich am ehesten in den Gewinnen der Hanfläden. Im Frühjahr werden aber auch die übrigen Sektoren der Wirtschaft aufblühen. Eine Prophezeihung jedoch hat sich bisher nicht erfüllt: die Belebung des illegalen Grashandels zwischen den Bundesstaaten. Den lokalen Dealern geht es aber noch immer gut.

Der Umsatz von 5 Millionen Dollar in den ersten Wochen der Legalisierung übertraf alle Erwartungen und der Staat rechnet nun mit Steuereinnahmen von 70 Millionen Dollar. In den folgenden Monaten könnte sich diese Schätzung auf Grundlage des Umsatzes als irrig erweisen, denn die Sachverständigen hatten schon bis zum Frühjahr mit Steuereinnahmen von 100-130 Millionen gerechnet. Natürlich haben diejenigen Recht, die auf diese Weise die Gemüter beruhigen wollen. Das vorrangige Ziel der Legalisierung ist jedoch eine vernünftige Regelung für eine verbreitete und wenig riskante Form der Entspannung und darüber hinaus die Liquidierung des Schwarzmarktes für Gras. Wie auch immer, in den Zeiten der ökonomischen Krise ist es eine große Leistung, dass durch das legale Grasrauchen der Staat zu 40 Millionen Dollar für das Bildungssystem gelangt und darüber hinaus auch noch die Drogenprävention für Minderjährige unterstützt. Außerdem hat sich überdies jetzt schon gezeigt, dass die Legalisierung bei der Schaffung von Arbeitsplätzen eine wichtige Rolle spielt. Ein “Marihuana-freundlicher” Immobilienmarkt entstand, auf dem Vorstadtimmobilien “im großen Innenraum” die für die Zucht der gesetzlich erlaubten zwölf Cannabispflanzen geeignet sind, angeboten werden. Es dauerte nicht lange, bis spezielle Agenturen für die Entdeckung und Vermarktung geeigneter Immobilien entstanden, die sofort beneidenswerte Umsätze verzeichneten. Es scheint von untergeordneter Bedeutung zu sein, aber für den Geldumlauf ist die in Gang gekommene Bewegung durch die Einrichtung von Grasläden und ihren Betrieb ebenfalls wichtig, denn angefangen von der Registrierkasse über das Verpackungsmaterial bis hin zu den Utensilien für den Anbau muss alles für die neuen Geschäfte auf Lager sein. Bei Geschäftseröffnung werden Angestellte für die Finanzen und die Sicherheit benötigt, es entstehen Arbeitsplätze – seit Ende Februar nahmen 6.500 Menschen eine Tätigkeit in Sachen Zucht und Vertrieb von Cannabis auf. Sie sind tätig für legale Betriebe, die Steuern zahlen, und der Markt wächst schwungvoll weiter. Wenn die Geschäfte ihre Türen öffnen, können die einheimischen Kunden und die Touristen kommen, die dann mit ihrem Einkauf nach so vielen Jahren nicht mehr die Verbrecherkartelle, sondern die Staatskasse bereichern. Und im Zusammenhang mit der Legalisierung sprechen wir immer noch über eine kleine Insel. Nach Schätzungen wird in den USA jährlich Marihuana im Wert von 20 Milliarden Dollar umgesetzt, wovon vorläufig 1,5 Milliarden auf den legalen Umsatz entfallen. Es existieren zwar schon in 20 Bundesstaaten Programme für medizinisches Marihuana, aber das ist noch entwicklungsfähig.

Dark side of the bong

Wie schnell auch das Tempo des Landgewinns der Legalisierung sein mag, es lässt sich vorläufig nicht mit Bestimmtheit sagen, ob es in Colorado gelungen ist, den Marihuanamarkt der Unterwelt zu zerschlagen. Ein Teil der Käufer – vornehmlich aus Studentenkreisen – lehnen es ohnehin ab, dass ihr Name in einem System auftaucht und dann für den Kauf von ein, zwei Gramm in Verbindung mit dem Grasbusiness gerät. Da bleiben sie lieber beim bewährten Dealer, der außerdem billiger ist als der Hanfladen. Dass es keine Qualitätskontrolle gibt und man nicht weiß, um welche Sorte es sich handelt? Na, egal, für ein paar Kiffs wird´s schon okay sein. CNBC brachte im Februar ein Interview mit einem Dealer, der sich mit einem Tuch und einer Sonnenbrille vermummt hatte und erzählte, dass die Legalisierung seinen Markt nicht allzu sehr betroffen hatte, ja, dass er jetzt noch beruhigter Handel treiben könne, weil die Polizei nun eher die Metamphe-tamin- und Kokaindealer im Visier hätte. Die Erhaltung des Grasschwarzmarktes ist jedoch keineswegs mit dem Geist der Legalisierung vereinbar, daher halten wir es für wahrscheinlich, dass das gegenwärtige Bild noch nicht den Endzustand wiedergibt. Wenn wir den Gedanken zu Ende denken, begründen die Geschäftseröffnungen, das Einstellen von Arbeitskräften und die hohen Steuern auf Gras die hohen Anfangspreise. Wenn jedoch immer mehr Hanfläden eröffnet werden und sie in Wettbewerb miteinander treten, werden die Preise auch sinken, und wenn die Hanfgeschäfte den Reiz des Neuen verlieren und eine vollkommene Akzeptanz erreicht ist, wird auch die Antipathie gegen den Nachweis verschwinden. Eine Online-Umfrage vom März gibt Anlass zu positiven Einschätzungen. Die Untersuchung basiert auf den Antworten einer kleinen Gruppe von 304 Teilnehmern, mit dem Ergebnis, dass 5 % der Graskäufer ihren Dealern treu bleiben würden. 17 % wählten die kostengünstigste Quelle, egal ob legal oder illegal, 28 % hingegen gäben ihr Geld für die Sorte aus, die sie für die beste hielten – unter den Sorten kann man aber auf dem legalen Markt am leichtesten wählen. Und wie steht es mit einer der größten Ängste der Legalisierungsgegner, dem Aufschwung des Handels zwischen den Bundesstaaten? Wie es aussieht, gibt es da nichts. Die Ordnungskräfte berichten, dass es seit dem Inkrafttreten der Legalisierung zu keiner bedeutenden Veränderung beim Ganja-Handel an der Grenze gekommen wäre. Polizisten auf Motorrädern beobachten im nördlich von Colorado gelegenen Wyoming den Verkehr aus Colorado, in erster Linie aber im Interesse der Sicherheit der Verkehrswege. Nach ihren Verlautbarungen nähmen sie keine Stichproben, und solange sie kein Fahren in einem beeinflussten Zustand erkennen würden, führten sie auch keine Durchsuchung des Fahrgastraumes oder der Kleidung des Reisenden durch. Obwohl die Ammenmärchen von Kontrollen an zahlreichen Grenzen unter paranoiden Käufern die Runde machen, die Polizei von Utah, Nebraska und New Mexiko berichtet von ähnlichen Praktiken und hätte ihre Kontrollroutine nicht verändert. Man hätte die Verkehrssicherheit im Auge und sähe nicht in jedem zweiten Fahrer einen gefährlichen Kriminellen.

Inzwischen in Washington …

Bei der Bewunderung für die Erfolge der Legalisierung in Colorado neigen wir dazu, zu vergessen, dass sich 2012 ein weiterer Bundesstaat zu einer legalen Regelung für Cannabis entschlossen hat. Colorado verfügte schon über ein funktionierendes System für die Lizenzierung der Züchter und Vertreiber von medizinischem Cannabis, dementsprechend wurde zunächst der Vertrieb für rekreative Zwecke geregelt. Daher konnte der legale Markt innerhalb eines Jahres starten. In Washington gibt es jedoch keine Reglung auf bundesstaatlicher Ebene für die Versorgung mit therapeutischem Cannabis und den Vertrieb, sodass dort das neue System, bei dem Zucht und Verarbeitung vom Einzelhandel getrennt werden, langsamer in Gang kommen wird. Mit einem breiten Lächeln nahm Sean Green im März vor großem Publikum die erste Züchtererlaubnis entgegen. Sein Unternehmen Kouchlock Productions hatte sich schon früher mit dem Anbau von medizinischem Marihuana beschäftigt und nun kann es auf 21000 statt 5000 Quadratmetern Pflanzen für die rekreativen Konsumenten ziehen. “Wir leben hier jetzt den amerikanischen Traum”, sagte Green in seinem Grußwort bei der Übergabe der Lizenz. Nach der staatlichen Regelung hat Green 15 Tage Zeit, schon vorhandene, vor der Blüte stehende Pflanzen sowie seine Hanfsamen registrieren zu lassen, die er auf die neuen rekreativen Plantagen verbringen lässt. Einen Teil der Ernte will er als Ganja verkaufen, aus dem Rest Lebensmittel und Lutscher herstellen. Die Beamten des verantwortlichen Liquor Control Boards wollen in den nächsten Wochen noch zahlreiche Lizenzen vergeben, damit im Juni die Läden mit gefüllten Lagern in entsprechender Menge und Qualität und einer Warenpalette für alle Bedürfnisse ihre Kundschaft empfangen können. Let it grow!

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