„Unser Modell wird weltweit angewandt“

Patricia Amiguet über Cannabis Clubs und die Rolle der Frauen

Patricia Amiguet ist seit acht Jahren aktives Mitglied der globalen Cannabisbewegung. Sie arbeitet daran, dass ganz Spanien und später die ganze Welt genießen kann, was in Barcelona verwirklicht wurde. Sie betrachtet es als ihre Herausforderung, dass die Frauen in der Bewegung eine größere Rolle spielen und auch ihre Ansichten in den Regulierungsprogrammen umgesetzt werden.

Medijuana: Wann bist du zu dem Entschluss gekommen, dich nicht mit dem halblegalen Konsum abzufinden und einen Cannabis Club zu gründen?

Patricia Amiguet: Nach dem Abschluss seiner Studien 2011 bot sich die Gelegenheit, mit einem Freund einen Verein zu gründen. Das war noch vor der explosionsartigen Ausbreitung der Cannabis Clubs, wie wir sie heute kennen. Insgesamt gab es 8–9 Organisationen. Ein großes Glück, dass die Aktivisten der katalonischen Vereinigung bei der Gründung des Clubs halfen und ich keine Rechtsanwälte einschalten musste. Kurz darauf trat ich der Vereinigung der Katalonischen Cannabis Clubs (CatFAC) bei und bin jetzt deren Vorsitzende.

MED: Was waren deine Beweggründe zum Beitritt?

PA: Anfangs nur, dass ich mich mit Dingen beschäftigen wollte, die ich liebe. Ich konsumiere Cannabis seit meiner Jugend, und es war meine Überzeugung, dass es für alle frei erhältlich sein muss. Durch die Bewegung bekam ich jedoch Einblick in andere Gebiete der Drogenpolitik, die mein Interesse weiter steigerten. Seitdem ist viel Zeit vergangen, der Verein bringt mir immer noch kein Einkommen (lacht), aber es ist mir gelungen, Teil der drogenpolitischen Bewegung zu werden und von innen zu sehen, wie die Maschine funktioniert. Es hat sich zu meiner Leidenschaft entwickelt. Mit dem Verein kann ich etwas für die Ausgestaltung der Regulierung tun.

MED: Und wie sieht die spanische Cannabispolitik von innen gesehen aus? Für uns, als außenstehende Beobachter, scheint das spanische System der Cannabis Clubs (CSC) vorbildlich, aber du siehst die Fehler wahrscheinlich deutlicher.

PA: Es gibt viele Probleme. Wir haben ein Selbstregulierungsmodell eingeführt, da die Politiker das nicht tun wollten. Das CSC-Modell entstand aus der Arbeit ziviler Organisationen und steht in Einklang mit den Gesetzen, wobei es ein wenig die Grauzonen ausnutzt. Man kann es weder illegal, noch vollkommen legal nennen. Die verschiedenen spanischen Provinzen reagieren darauf mit ihren lokalen Gesetzen unterschiedlich, und die Zentralregierung verbietet jegliche Herstellung von Drogen und deren Besitz. Auch weiterhin werden die meisten Menschen wegen des Besitzes von Cannabis festgenommen. Die gegenwärtige Situation lässt sich so zusammenfassen, dass für viele das CSC-Modell anziehend ist, weil sie damit die Beschaffung von Cannabis auf dem Schwarzmarkt umgehen können, aber die Regierung sorgt weiterhin nicht für eine befriedigende Regulierung und reagiert eher mit Sanktionen.

MED: Und dazu führt sie Aktionen gegen Cannabis Clubs aus, und nur solche können weiter existieren, die sich an die Regeln halten …

PA: Das ist in Katalonien geschehen, aber im Rest des Landes ist die Situation eine andere. Regierungsstatistiken geben keinen Aufschluss, wie viele Cannabis Clubs gegenwärtig betrieben werden und wie viele genau schließen mussten. Und die Frage des geregelten Betriebs ist auch nicht so einfach. Ich arbeite seit sieben Jahren im Pachamama Cannabis Club, der in Barcelona als legal gilt, aber auf Landesebene ist er das nicht. Die Lage ist ähnlich wie in den USA, zwischen den Staaten, die legalisiert haben und der Bundesregierung. Auch in den übrigen spanischen Provinzen gibt es Hunderte von Cannabis Clubs, die kein Aufsehen erregen wollen, um keine Probleme mit den Behörden zu bekommen. Es ist ein großes Problem und wir möchten so schnell wie möglich erreichen, dass die Klubmitglieder keine Strafe befürchten müssen.

MED: Vor 5–6 Jahren, als wir für unsere Zeitschrift die Spannabis in Barcelona besuchten, testeten wir an einem Abend, wie lange wir mit Nachfragen auf Las Ramblas brauchen, um in einem Club zu gelangen. Nach ungefähr 10 Minuten hatten wir eine Mitgliedschaft und konnten einkaufen. Ein paar Jahre später hörten wir von den großen Razzien und soweit ich weiß, gelangen Touristen nicht mehr so leicht in die Clubs. Hat sich die Lage in Barcelona nun geklärt?

PA: Das CSC-Modell ist grundsätzlich nicht für Touristen geschaffen worden, doch wegen der fehlenden Regulierung haben sich die Clubs in verschiedene Richtungen orientiert. Die Rechtsanwälte helfen noch solchen Clubs, die das CSC-Modell nur als Möglichkeit zum Geld verdienen betrachten. Mit einer entsprechenden Regulierung wären solche Formen nicht entstanden, wie ihr sie angetroffen habt. Genau zu dieser Zeit machten die Politiker auf die Ungereimtheiten mit den CSC aufmerksam, die aus der fehlenden Regulierung resultieren. In Katalonien ist es gelungen, das System zu stabilisieren, wenn wir aber nach Aragonien oder Valencia schauen, sehen wir eine ganz andere Stufe der Entwicklung. Das Ganze ist ein globales Problem, das nach einer globalen Lösung verlangt. Wenn ich nach Holland, Deutschland oder gar auf einen anderen Kontinent reise, möchte ich legal Cannabis konsumieren und Millionen andere denken genauso, dieses Bedürfnis sollte man überall befriedigen können.

MED: Vorläufig musste ich einige Länder auslassen …

Habt ihr internationale Kontakte mit anderen Pro-Cannabis-Organisationen, denen ihr Ratschläge erteilt?

PA: Ja, CatFAC unterhält als Zentralorganisation der Cannabisbewegung viele Kontakte im Inland und Ausland. Wir hatten die Gelegenheit, mit Ratschlägen in Uruguay, Argentinien, in den USA, Kanada und vielen europäischen Ländern zu helfen. Dort, wo man sich zu einer Legalisierung des Cannabis entschloss, stellte man uns Fragen nach unseren Erfahrungen. In Uruguay und in Kanada wurde das, was man von uns erfahren hat, in das Modell integriert und es funktioniert!

MED: Unlängst hast du die Organisation REMA, Frauen gegen das Drogenverbot, gegründet. Welche Zwecke verfolgt dieser Verein?

PA: Wir wollten deutlich machen, dass in der Umgestaltung der internationalen Drogenpolitik sehr viele Frauen teilnehmen, doch erscheint immer nur der Blickwinkel der Männer. Die Regulierungen werden in der Mehrzahl von Männern ausgearbeitet, daher halten wir es für nötig, den Gender-aspekt in die Sache einzubringen für eine realistischere Sichtweise des Drogenkonsums der Frauen. Wir haben zu einem Treffen aufgerufen, um festzustellen, wie viele Frauen in Barcelona an dieser Initiative interessiert sind. Dort wurde beispielsweise gefragt, ob es ratsam sei, während der Periode Cannabis zu konsumieren, bei welchen Krankheiten man es anwenden kann, warum die Medien den Konsum bei Frauen verwerflich finden usw. Nun sehen wir, dass viele Organisationen ihr Frauenbild verändert haben. Sie haben begriffen, dass man die Frauen anders ansprechen muss.

MED: Demnach erstreckt sich die Bewegung nicht ausschließlich auf die Verbindung von Frauen und Cannabis.

PA: Es begann mit dem Cannabis, später haben wir festgestellt, dass es unter uns beispielsweise Heroinkonsumentinnen gibt, die mit Cannabis den Heroingebrauch eingrenzen. Der Ausgangspunkt war die Ablehnung des Verbots – wir müssen aber im Auge behalten, dass es noch mehr gibt, wofür wir kämpfen müssen, wenn das Cannabis mal reguliert sein wird. Wir wollten andere nicht vor der Tür lassen. Ich selbst glaube, dass jede Droge einer staatlichen Regelung bedarf und der Zugang in einem regulierten System möglich sein muss und die Bereitstellung geeigneter Informationen. Und das gilt nicht nur für das Cannabis.

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