Polizeiaktion in München

Bayerische Polizei führte wegen CBD-Produkten eine Großrazzia durch

Vollkommen unerwartet führte die bayerische Polizei Ende April in einem Betrieb, der um die zwanzig Cannabisprodukte vertreibt, eine groß angelegte Razzia durch. Mit der Begründung, dass die Cannabisprodukte an Endverbraucher abgegeben werden, wurde eine große Menge von Waren beschlagnahmt. Es stellt sich die Frage, ob die Ermittlungsbehörden – ohne eine Probe zu nehmen – sämtliche Warenvorräte eines Betriebs beschlagnahmen dürfen. Ebenfalls fraglich ist, ob dies überhaupt notwendig ist, wenn das gleiche Produkt in zahllosen Läden Deutschlands problemlos käuflich ist. Wir sprachen mit dem Legalisierungs-Aktivisten Wenzel Vaclav Cerveny des betroffenen DCI Cannabis Institut über die Vorfälle.

 

Medijuana: Stimmt es, dass die Polizei auch deine Wohnung durchsucht, deinen privaten PC und auch deine Telefone beschlagnahmt hat?

Wenzel Vaclav Cerveny: Ich wollte am 11. April um 10 Uhr morgens mit dem Hund raus. Da kam es mir schon verdächtig vor, weil ich vor meiner Wohnung in Kirchseeon ungefähr zehn Polizeibeamte gesehen habe. Sie haben mir dann mitgeteilt, dass sie einen Durchsuchungsbeschluss für meine Privat- und Geschäftsräume hätten. Kurz darauf sah ich einen Beamten mit einer Einmann-Handramme abdrehen. Auf die Frage, was sie damit vorhatten, wurde mir gesagt: Man wisse ja nicht, mit wem man es zu tun hätte. Du kommst dir wie ein Schwerverbrecher vor, wenn man nach fünf Stunden aus dem Polizeipräsidium kommt: kein Handy, keinen Laptop und keine Computer mehr. Du bist völlig platt. Ich kann das nur als Einschüchterungsversuch deuten. Nach vier Wochen sind die Geräte übrigens immer noch nicht freigegeben.

MED: Wo befinden sich eure Läden und welche Produkte waren von der Razzia betroffen? Auf welcher Grundlage wurde diese Aktion durchgeführt? Was sind die konkreten Vorwürfe?

WVC: Das DCI Cannabis Institut betreibt bayernweit fünf Geschäfte von „Hanf – der etwas andere Bioladen“. Es wurden die Läden in München (Tal 40 und Einsteinstraße 163) sowie in Baldham (Lkr. Ebersberg) durchsucht. In den drei Hanfläden sind Hanftees (mit Pfefferminzgeschmack), Hanföle, CBD-Liquids und Hanfkekse im Gesamtwert von über 300.000 Euro beschlagnahmt worden. Dabei gingen die Ermittler sehr unkoordiniert vor. In einem Laden haben sie Hanfkosmetik mitgenommen und die Kekse dagelassen, im anderen Laden haben sie die Kosmetik belassen und die Kekse mitgenommen. Im Durchsuchungsbeschluss wirft der Staatsanwalt mir vor, Betäubungsmittel gewerbsmäßig abgegeben zu haben, an Minderjährige verabreicht und überlassen zu haben. Es heißt aber auch gleichzeitig: „Die Betäubungsmittel hatten einen Wirkgehalt von unter 0,2 Prozent THC.“

MED: Wie ging die Razzia vonstatten? Wahrscheinlich ohne Vorankündigung?

WVC: Die Großrazzia kam aus heiterem Himmel. Auf der anderen Seite wissen wir ja, wie die bayerischen Ermittlungsbehörden ticken. Die Justiz scheint keine anderen Probleme zu haben, wenn sie so eine Aktion mit insgesamt 180 Polizeibeamten und elf Staatsanwälten generalstabsmäßig vorbereitet. Man hätte es auch in einem kleineren Rahmen machen können. Wir wurden bereits mehrfach von Aufsichtsbehörden besucht. Die Proben kamen ohne Beanstandung durch. Wir werden inzwischen dreifach getestet. Das geht auch ohne großen Aufwand.

MED: Wie steht das DCI Cannabis Institut juristisch zu den Vorfällen und Anschuldigungen?

WVC: Wir haben nichts zu verbergen. Für alle Produkte lagen Analysen vor. Wir werden mit allen möglichen rechtlichen Schritten gegen die Maßnahme vorgehen. Ich wehre mich vor allem gegen den Vorwurf, es seien CBD-Blüten an Jugendliche verkauft worden. Ohne Ausweis geht bei uns gar nichts. Zuerst muss unser Anwalt Akteneinsicht bekommen. Falls es zu einer Anklage kommen sollte, werden wir durch die Instanzen gehen.

MED: Warum glaubst du, werden in Bayern die Gesetze anders angewandt als in Berlin oder Hamburg? Es handelt sich doch um Bundesgesetze.

WVC: Es war eine völlig überzogene Aktion der Münchner Justiz, die in Sachen Cannabis geradezu einem „Verfolgungswahn“ zu erliegen scheint. Es gilt in Bayern nicht nur die 0,0 g Freigrenze für „richtiges“ Marihuana. Inzwischen haben die Münchner Ermittler mit weiteren Razzien gedroht. Jeglicher Verkauf von CBD, auch von Handcremes, an Endverbraucher ist nach Ansicht der Münchner Staatsanwälte verboten. Witzig war, dass schon die Münchner Ermittlungsbehörden keinen Überblick hatten. Im Drogeriemarkt gegenüber standen die CBD-Öle im Regal, während bei uns Großrazzia war. In NRW scheint es niemand zu interessieren, wenn – wie auf der Dortmunder CNBS-Hanfmesse Anfang Mai – die beim Endverbraucher immer beliebter werdenden CBD-Produkte ausgestellt werden. In Berlin spielt CBD sowieso keine justiziable Rolle, da geht es eher um reservierte Dealer-Standplätze für harte Drogen.

MED: Was wollt ihr nun unternehmen? Ich gehe davon aus, dass ihr weiter für eure Rechte und die Sache des Hanfs einsteht.

WVC: Es geht weiter. Alle fünf Läden hatten am nächsten Tag wieder offen. Politisch werde ich weiter für die völlige Legalisierung kämpfen. Es ist ein Volksbegehren in Bayern geplant. Erst muss geklärt werden, dass die CBD-Produkte frei verkäuflich bleiben. Ich sehe in der Großrazzia gegen insgesamt 14 Läden einen bayerischen Feldzug gegen die junge Cannabisbranche. Was bezwecken die Ermittler mit der Beschlagnahme von 400 kg Hanftee? Ich sehe nur einen Grund: Die Ermittler wollen die ganze Branche einschüchtern und schikanieren.

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