Cannabis: Therapie statt Strafe

Ist Cannabiskonsum erlaubt? Darf ich für den Eigengebrauch auch ein paar Gramm dabeihaben? Die Antworten auf diese Fragen variieren – je nachdem, in welchem Land ihr lebt. Wir haben versucht, die wichtigsten Cannabis-rechtlichen Informationen für Deutschland, Österreich und die Schweiz einmal zusammenzufassen.

In Deutschland sind laut dem hier geltenden Betäubungsmittelgesetz Anbau, Herstellung, Handel, Ein- und Ausfuhr, Abgabe, Veräußerung, Erwerb und Besitz von allen Pflanzenteilen sowie Saatgut von Cannabis grundsätzlich strafbar bzw. genehmigungspflichtig. Ausgenommen davon sind lediglich Faserhanf-Sorten, die auf einen stark verringerten THC-Gehalt hin gezüchtet wurden. Seit Anfang 2009 gibt es allerdings erste Ausnahmegenehmigungen für die medizinische Verwendung von Cannabis, welches seit Mai 2011 (sofern es für die Zubereitung von Arzneimitteln verwendet wird) auch verkehrs- und verschreibungsfähig ist.

Der Konsum von Cannabis ist in Deutschland nicht verboten, da im deutschen Strafrecht Selbstschädigung straflos ist. Damit gilt auch, dass man Cannabis konsumieren kann, ohne es im gesetzlichen Sinne erworben zu haben. Das ist von praktischer Bedeutung, weil aus diesen Gründen aus einem positiven Drogentest nicht automatisch auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann. In der Regel kommt es aber zu einem Eintrag in die Führerscheindatei – dabei reichen bereits zwei Einträge (die beim Test auch unterhalb des Grenzwertes liegen können), um eine Aufforderung zu einem Drogen-Screening zu bekommen. Denn noch immer wird einem Kiffer in Deutschland unterstellt, nicht zwischen dem Kiffen und der Teilnahme am Straßenverkehr unterscheiden zu können. Hier gilt die umgekehrte Beweislast: Der Führer eines KFZ muss auf seine Kosten beweisen, dass die gefundenen Abbauwerte nicht auf Cannabiskonsum zurückzuführen sind.

In vielen Fällen werden zunächst eröffnete Strafverfahren wegen des Erwerbs von geringen Mengen Cannabis für den Eigengebrauch wieder eingestellt – die Handhabung ist jedoch von Staatsanwaltschaft zu Staatsanwaltschaft regional unterschiedlich. Geringe Mengen Cannabis werden beim Fund zwar grundsätzlich beschlagnahmt, müssen aber nicht zwangsläufig vor Gericht verhandelt werden – diese Regelung gilt jedoch nur für Gelegenheitskonsumenten. Ergibt sich aufgrund vorangegangener aktenkundiger Fälle der Eindruck, der Konsument ist Dauerkonsument, so kann dieser nicht (zwangsläufig) mit einer Einstellung seines Verfahrens rechnen.

Die “nicht geringe Menge” bezieht sich (im Gegensatz zur “geringen Menge”) nicht auf das Gesamtgewicht der sichergestellten Substanz, sondern auf das Gewicht des enthaltenen Wirkstoffs THC. Daher kann die Feststellung auch erst nach der Laboranalyse des Wirkstoffgehalts erfolgen und setzt dementsprechend die Beschlagnahmung und Auswertung des gesamten Pflanzenmaterials voraus. Eine “nicht geringe Menge” ist bereits bei einem Wirkstoffanteil von insgesamt 7,5 Gramm THC gegeben – aus dem Besitz dieser Menge ergibt sich (rein rechtlich betrachtet) bereits ein “Verbrechenstatbestand”, der mit einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr geahndet wird.

In Österreich unterliegt Cannabis den Bestimmungen des hier geltenden Suchtmittelgesetzes. Nach diesem Gesetz ist zu bestrafen, wer Cannabis erwirbt, besitzt, erzeugt, einführt, ausführt oder einem anderen überlässt oder verschafft. Nicht strafbar ist der Konsum, der grundsätzlich auch ohne Besitz möglich ist. Als “geringe Menge” gilt hier Cannabis mit einer Wirkstoffmasse von weniger als 20 g THC.

Bei Strafverfahren wegen des Erwerbs und Besitzes von geringen Mengen muss die Staatsanwaltschaft eine Anzeige (gemäß § 35) für eine “Probezeit” von ein bis zwei Jahren zurückstellen – dadurch sollen Gelegenheitskonsumenten vor einer übermäßigen Kriminalisierung geschützt werden. Bei einem erneuten “Suchtgiftvergehen” innerhalb der “Probezeit” wird das Verfahren wieder aufgenommen.

Grundsätzlich droht in Österreich (gemäß § 27) schon bei geringen Mengen eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe. Strengere Strafen gelten für das Überlassen von “Suchtgift” an Minderjährige und bei Delikten im Zusammenhang mit “gewerblicher Drogenkriminalität”. Die Erzeugung, Ein- und Ausfuhr und das Inverkehrsetzen von großen Suchtmittelmengen werden deutlich strenger bestraft: Die “Begehung im Rahmen einer Bande” (bzw. “kriminellen Vereinigung”) gilt als schulderschwerend, wogegen eine eventuell vorhandene Sucht als “überwiegendes Tatmotiv” schuldmindernd gewertet wird. Der Schwerpunkt der strafrechtlichen Verfolgung liegt in Österreich bei Delikten größeren Umfangs – und offiziell gilt der Grundsatz “Therapie statt Strafe”.

Auch Cannabis-Saatgut und -Pflanzen unterliegen dem Suchtmittelgesetz, wenn sie zur Erzeugung von Suchtgift geeignet sind oder mehr als 0,3 % THC enthalten. Dabei gibt es einen rechtlichen Freiraum, weil Samen, Blätter, Stängel, Wurzeln und Jungpflanzen diesen THC-Gehalt nicht erreichen und daher auch nicht als Suchtgift gelten. Tatsächlich kann man in zahlreichen Geschäften Samen und Jungpflanzen erwerben, die zu potenten Cannabis-Pflanzen heranwachsen können. Gerichtlich strafbar ist erst die Handlung der “Suchtmittelgewinnung” – also die Trennung der Blüten von der Pflanze. In der Praxis werten die Gerichte oft bereits den Anbau bzw. die Herstellung als versuchte Erzeugung.

In der Schweiz fällt Cannabis unter das Betäubungsmittelgesetz und ist damit illegal. Da es hier 26 verschiedene Kantone mit 26 verschiedenen Regierungen und Polizeibehörden gibt, gibt es auch 26 verschiedene Interpretationen des übergeordneten Betäubungsmittelgesetzes. In Kantonen mit größeren Städten sind die Auslegungen dabei meist deutlich liberaler als in ländlichen Kantonen. Ab Ende der 90er Jahre tolerierten die regionalen Behörden vieler Kantone den Verkauf von Marihuana als “Duftsäckchen”. Bekannt für seine liberale Drogenpolitik war vor allem Basel, wo es zu Spitzenzeiten mehr Läden mit Hanfprodukten als Bäckereien gab. Zwischen 2002 und 2003 kam es hier jedoch zu zahlreichen Razzien, bei denen ein Großteil der Hanfläden wieder geschlossen wurde.

Bis 2004 gab es lange Diskussionen im Parlament, ob der Cannabiskonsum – im Gegensatz zum Handel – legalisiert werden soll, ehe dies wieder verworfen wurde. In der Schweiz gilt daher nach Art. 19 des Betäubungsmittelgesetzes: Wer unbefugt Betäubungsmittel vorsätzlich konsumiert oder wer zum eigenen Konsum eine Widerhandlung im Sinne von Artikel 19 begeht, wird mit Haft oder einer Geldbuße bestraft. In leichten Fällen kann das Verfahren eingestellt oder von einer Strafe abgesehen werden – es kann aber auch eine Verwarnung ausgesprochen werden.

Martin Müncheberg

 

 

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