Cannabinoid in der Pflanzenwelt

Cannabinoide sind lipide Moleküle (griechisch „lípos“: Fett), die in gewisser Weise auf die Cannabinoidrezeptoren einwirken, welche die Hauptbestandteile des Endocannabinoidsystems sind. Cannabinoide werden nicht nur von Cannabis produziert, sondern auch von anderen Pflanzen sowie vom Menschen und von Tieren mit einem Blutkreislauf. Außerdem ist die synthetische Herstellung im Labor möglich.

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Pflanzen produzieren die sogenannten Phytocannabinoide, Organismen bringen Endocannabinoide hervor und die synthetischen Verbindungen aus dem Labor kennen wir unter dem Namen synthetische Cannabinoide. Die bekanntesten Cannabinoide sind THC und CBD, zu den weniger bekannten gehört das Cannabichromen (CBC). Lange Jahre dachte man, dass CBD und CBC eine einzige chemische Verbindung sind, die auf die CB-1- und CB-2-Cannabinoidrezeptoren einwirkt. Da sich unsere Kenntnisse über das Cannabinoidsystem ständig erweitern, wissen wir jetzt, dass es viel mehr Verbindungen gibt, die das tun. Die Erklärung, was ein Cannabinoid ausmacht, müssen wir erweitern. Außer den ungefähr 120 klassischen Cannabinoiden gibt es andere – eine unbestimmte Zahl verwandter Verbindungen, die ebenfalls auf die Cannabinoidrezeptoren wirken, aber vom klassischen Aufbau abweichen. Heute wissen wir, dass Cannabis nicht die einzige Pflanze ist, die medizinisch wirksame Cannabinoide enthält, durch sie aber wurde man auf die medizinischen Wirkungen dieser chemischen Verbindung aufmerksam. Es gibt tatsächlich mehrere Pflanzen, die ebenfalls reich an Cannabinoiden sind und positiv auf das Endocannabinoidsystem des Organismus wirken. Aufgabe des Systems ist es, das innere Gleichgewicht des Körpers, die Homöostase, zu halten, die nötig ist, um optimale Gesundheit zu erreichen.

 

Cannamimetische Chemikalien

Neben den Cannabinoiden gibt es eine wichtige Kategorie der nicht klassischen Cannabinoide, Cannabimimetika genannt. Diese Bezeichnung verdanken sie der Tatsache, dass sie die biologische Aktivität der klassischen Cannabinoide buchstäblich nachahmen, obwohl sie nicht dieselbe Struktur aufweisen. Auf dem Gebiet der medizinischen Cannabinoidforschung werden die Cannabimimetika immer wichtiger. Bei der klassischen Deutung des Endocannabinoidsystems glaubte man, dieses bestehe schlichtweg aus zwei Rezeptoren und zwei Liganden, doch heute zeigt sich immer deutlicher, dass das System weit komplexer ist. Inzwischen kennt man Dutzende verschiedener Stoffe, die entweder direkt oder indirekt auf das System wirken, und viele dieser Stoffe bedienen sich auch anderer biologischer Übertragungssysteme, wie zum Beispiel des opioiden, des serotonergen und des dopaminergen Signalsystems. Um das Wissen über die Cannabinoide und das Endocannabinoidsystem zu erweitern, erforschen WissenschaftlerInnen und BotanikerInnen das Vorkommen der Cannabinoide in Pflanzen, die in Naturheilmethoden verwandt werden.

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Hintergrund der Heilwirkung

Die teuerste Gewürzpflanze, der Safran, wirkt sowohl auf CB-1- als auch auf CB-2-Cannabinoidrezeptoren, verbessert die Lernfähigkeit und das Gedächtnis und verfügt über eine starke antidepressive Wirkung.

Kurkuma schützt die Nerven und seine Verwendung erhöht nachhaltig die Anzahl der Endocannabinoide, was ebenfalls zu einem antidepressiven Effekt führt. Die Muskatnuss tritt mit einer Wechselwirkung, die wichtige Enzyme eindämmt, in das Endocannabinoidsystem, erhöht den Endocannabinoidspiegel im Gehirn und verstärkt die Signalrezeption der Cannabinoidrezeptoren im ganzen Organismus. Dadurch lindert die Muskatnuss effektiv Schmerzen, Angstgefühle, hohen Blutdruck und verschiedene Entzündungszustände.

Sonnenhut ist am ehesten wegen seiner Wirkung gegen Schnupfen bekannt, darüber hinaus verwendet man ihn gegen Angstgefühle, Müdigkeit, Migräne und Gelenkentzündung. Der Sonnenhut wirkt besonders auf die CB-2-Rezeptoren, die für das Immunsystem und die Schmerz- und Entzündungsregulierung zuständig sind.

BCP, der Wirkstoff des schwarzen Pfeffers, wirkt ebenfalls wie ein Cannabinoid. BCP ist das einzige bekannte Terpen, das direkt auf die CB-2-Rezeptoren einwirkt und stark entzündungshemmend wirkt. Untersuchungen belegen, dass das BCP gegen Arthritis und Knochenschwund verwendet werden könnte, möglicherweise erhöht es auch den Wirkungsgrad von Medikamenten gegen Krebs. BCP findet sich auch in Nelken, Rosmarin, Hopfen, Kümmel, Oregano, Basilikum, Lavendel, Zimt und anderen Pflanzenarten.

Die Kakaopflanze verfügt über zahlreiche Heilwirkungen und ist als wahres Superfood bekannt. Kakao beeinflusst die Rezeptoren mit dem Ausschalten eines Endocannabinoids, das Enzyme abbaut. Das erklärt das leichte Ruhe- und Glücksgefühl beim Verzehr von Kakao oder Schokolade.

Bis eine Forschergruppe schwarze Trüffel untersuchte, dachte man, Schokolade sei das einzige Lebensmittel, welches das Cannabinoid Anandamid enthält. Interessanterweise produziert dieser Pilz Anandomide, obwohl er über keinen inneren Rezeptor verfügt, der eine biologische Wirkung auslösen könnte. ForscherInnen glauben daher, dass Trüffel Anandomide produzieren, um damit Tiere anzuziehen, die wiederum ihre Sporen verbreiten und die Chancen der Vermehrung erhöhen.

Zum Abschluss noch eine Überraschung: In Polen entdeckte man 2012 Cannabidiol in Leinsamen. Die entzündungshemmende und wundheilende Wirkung erwies sich hier ebenfalls. Dass CBD nicht nur im Cannabis vorkommt, ist überraschend, jedoch ist es nicht gelungen, den Wirkstoff THC in anderen Pflanzen zu entdecken. Da ist Cannabis einzigartig.

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