Tarantinos Krieg

Bei Redaktionsschluss stieg das allgemeine Djangofieber. Drei Jahre nach den Inglourious Basterds liefert Tarantino wieder einen Film ab, den die KritikerInnen entweder in den Himmel heben oder verreißen. Wir hatten noch nicht die Freude, das Werk zu sehen, dafür erwischten wir ein Interview mit dem Regisseur, in dem er sich in Fahrwasser vorwagt, die weit vom Western entfernt liegen. Der Reporter fragte ihn, ob er in den USA des 21. Jahrhunderts Rassenvorurteile sehe. Tarantino antwortete nach kurzem Grübeln, dass sich die Situation im Alltag stark verbessert habe, aber der Drogenkrieg der letzten fünfzig Jahre und die mit ihm verbundenen Masseninhaftierungen vorzugsweise die Gesellschaftsschicht der schwarzen Männer ins Visier nähme, womit praktisch eine neuzeitliche Form der Sklaverei entstanden sei. Der Drogenkrieg verbreite unter den Schwarzen genau die gleiche Furcht, die sie in den 1800er Jahren durchlebten, sagte er mit Bezug auf seinen neuen Film. Und ähnlich wie man einst mit Sklaven gehandelt habe, trieben heute, grob gesagt, in den staatlichen und privaten Gefängnissen die Verurteilten untereinander ihr Business. Der Drogenkrieg habe nämlich einen kompletten Industriezweig geschaffen: die Gefängnisindustrie!

Die Drogenreformer beeilten sich klarzustellen, dass Tarantino viele wahre Worte gesprochen habe, die Parallele aber zu vereinfacht sei, denn der Drogenkrieg habe mehr Aspekte als nur die Unterdrückung der Schwarzen, doch sei der Vergleich als Reklametrick ausgezeichnet. Da nach den Umfragen nur ein Fünftel der AmerikanerInnen glaubt, die Milliarden, die in den Drogenkrieg geflossen sind, seien gut angelegt, könnte Tarantinos postmoderner Western, der Rassenfragen berührt und die Sklaverei zeigt, großes Interesse erregen.

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