In der Zelle vergessen

Während die meisten Grasfans – an die 420 – bei ihrem Kultfestival, dem 20. April, selbstvergessen ihrer Lieblingsbeschäftigung frönten, hätte die Party Daniel Chong aus San Diego fast sein Leben gekostet. Und sein Organismus hätte nicht deswegen beinahe versagt, weil er Marihuana geraucht hatte – so etwas kann höchstens auf einem Schnapsfestival vorkommen. In diesem Fall war die lebensgefährliche Situation durch das äußerst effektive Eingreifen der Polizei entstanden. Die “Anti-Drogen-Behörde” (DEA) hielt nämlich ausgerechnet auf der Party Großrazzia, wo auch er gerade kiffte und zu seinem Pech wurde gerade er erwischt, und musste mit auf die nahegelegene Polizeiwache kommen. Bis zu diesem Punkt wäre die Aktion mit ihrem allgemein bekannten Drehbuch, trotz der Tatsache, dass sie das Geld der Steuer-zahler unnötig verprasst, noch nicht in die Schlagzeilen geraten, denn die Agenten beschlossen schließlich, gegen Chong keinen Prozess einzuleiten. Allerdings hatte sich ein Fehler ins System eingeschlichen, denn der Junge wurde nach Abschluss der Angelegenheit in der Zelle vergessen. Und zwar für fünf komplette Tage, ohne Essen, Wasser und ohne Telefon! Später auf der Intensivstation des Krankenhauses stellte man fest, dass Chong durch die extreme Dehydratisierung um ein Haar dem Nierenversagen zum Opfer gefallen wäre und er sein Leben mit Sicherheit nur rettete, indem er während seiner Haft seinen eigenen Urin trank. Der Pechvogel hatte in seiner Verzweiflung nach der Tortur des tagelangen Durstens und Hungerns sogar schon mit Selbstmordgedanken getragen. Da er schließlich das Gefühl hatte, dass er das Abenteuer bestimmt nicht überleben würde, ritzte er sich mit seiner zerbrochenen Sonnenbrille “Sorry Mom” in den Arm. Chongs Familie verklagte die DEA nun zu 20 Millionen Dollar Schadenersatz.

Der Leiter des Verbandes für Drogenpolitik (DPA) erklärte im Zusammenhang mit dem Fall, dass es auch häufig vorkomme, dass sinnlos verfolgte Konsumenten oft mit gefährlichen Verbrechern gemeinsam in Untersuchungshaft gesteckt werden, von denen sie zusammengeschlagen oder vergewaltigt werden oder die ihnen ihre lebensrettende Medikamente wegnehmen. Von solchen Erlebnissen erleiden die Opfer manchmal derartige Traumata, dass sie oft nachher noch jahrelang psychisch behandelt werden müssen einige sogar Selbstmord begehen. Er wies außerdem darauf hin, dass in dem Fall, wenn nicht eine staatliche Behörde sondern ein einfacher Durchschnittsbürger einen Mitbürger zu unrecht und unter derart unmenschlichen Umständen gefangen gehalten hätte, diese Tat gewiss mit einer mehrjährigen Haftstrafe geahndet würde. Im vorliegenden Fall kann sich Chong eigentlich schon freuen, wenn man sich überhaupt bei ihm entschuldigt. Vielleicht wäre es hilfreicher gewesen, wenn all dies mit dem Sohn einer vermögenden, einflussreichen Familie passiert wäre, denn es ist durchaus möglich, dass in diesem Fall nicht nur die DEA vor Gericht zitiert worden wäre, sondern auch die Praxis, Menschen sinnlos und unbegründet zu inhaftieren, abgeschafft würde, denn dies ist noch ein Punkt, der die Vereinigten Staaten von anderen demokratische Ländern unterschiedet.

You can share this: