Was macht Cannabis medizinisch?

Eine komplexe Antwort auf eine scheinbar einfache Frage

Wenn es um die medizinische Verwendung geht, wird regelmäßig argumentiert,
dass Cannabis dann medizinisch ist, wenn es überwiegend CBD enthält,
da dieser Inhaltstoff die gesundheitlichen Vorteile ausmacht.

Wir haben einige Argumente gesammelt, die zeigen, dass dem nicht unbedingt so ist. In den 1980er Jahren konnte man in den Vereinigten Staaten Cannabis noch nicht auf Rezepte besorgen, daher wurden die Opfer der damaligen AIDS-Epidemie bis Ende der 90er Jahre heimlich mit Marihuana von der Straße oder aus eigenem Anbau behandelt. Wenn wir nun die Frage stellen, ob diese PatientInnen Cannabis zur Freizeitgestaltung oder medizinischen Zwecken verwendet haben, müssen wir nicht lange über die Antwort nachdenken. Weniger klar ist jedoch, ob das von ihnen konsumierte Cannabis tatsächlich medizinisch war. Wann ist die gleiche Pflanze rekreativ und wann ist sie medizinisch?

Verwendungszweck

Wir stimmen vielen Experten zu, dass sich der Begriff „medizinisches Cannabis“ nicht primär auf die konsumierte Pflanze bezieht, sondern auf die Gründe, sie zu verwenden. So kann die gleiche Sorte dem Freizeitgebrauch des einen dienen, während sie bei dem anderen gesundheitliche Beschwerden lindert. Auf der anderen Seite gibt es Sorten, die speziell für bestimmte Symptome gezüchtet wurden und die sich bei den entsprechenden Patient-Innen bewährt haben, womit wir zum nächsten Punkt kommen.

Anteil der Cannabinoide

Es wird allgemein angenommen, dass medizinische Cannabissorten einen höheren CBD- und einen niedrigeren THC-Gehalt aufweisen. Auch wenn das häufig der Fall ist, kann die medizinische Qualität nicht allein auf dieses Verhältnis reduziert werden, da sowohl CBD als auch THC eine breite Palette von medizinischen Eigenschaften aufweisen. Zum Beispiel hat Bedrocan®, die seit Langem in Europa am häufigsten verwendete Sorte,
22 % THC und weniger als 1 % CBD. Das israelische medizinische Cannabiszentrum Tikun Olam verwendet auch verschiedene Sorten mit hohem THC- und niedrigem CBD-Gehalt. Nach ihren Angaben werden diese vorwiegend PatientInnen verabreicht, die zuvor ihre Schmerzen mit Opiaten gelindert haben.

Kontrollierte Qualität

Eines der Hauptmerkmale von medizinischem Cannabis ist seine stabile und kontrollierte Qualität. Das bedeutet einerseits, dass es frei von Kontaminationen und Fremdsubstanzen ist, ebenso kann man als Kriterium festlegen, dass ein unveränderbares Cannabinoidprofil vorliegt. Für die PatientInnen ist die kontinuierliche Qualität am wichtigsten: Haben sie die für sie wirksame Sorte gefunden, wollen sie nicht weitersuchen, sondern diese langfristig anwenden. Um dies zu erreichen, empfiehlt es sich, eine Sorte zu kaufen, die nach medizinischen Standards produziert wurde.

Art der Anwendung

Großen Einfluss auf die Absorption haben die Verwendungsrate und die Wirkdauer, unabhängig davon, ob Cannabis geraucht, verdampft oder als Öl verwendet wird. Obwohl Rauchen aufgrund seiner schädlichen Nebenwirkungen oft widerstrebend als medizinische Verwendung bezeichnet wird, halten viele PatientInnen es für die effektivste Form des Konsums, während andere auf Extrakte oder Öle schwören. Am besten findet jede/r PatientIn selbst die ihm angenehmste Art des Konsums heraus.

Schließlich dürfen wir nicht außer Acht lassen, dass es vor allem der Verbreitung von medizinischen Cannabisprogrammen zu verdanken ist, dass die Vorurteile gegen Cannabis abgebaut wurden. Wenn wir also die Frage stellen, wer neben den PatientInnen von medizinischem Cannabis profitiert, können wir voller Zuversicht sagen, dass es die gesamte Gesellschaft ist, und sich dies langsam auch weltweit durchsetzt.

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