Wann man Nein sagen sollte

Ein gut dreißig Jahre alter Rat aus Amerika: Wenn man dir Gras anbietet, sag Nein! Neugierige Jugendliche wird man damit jedoch kaum von den verbotenen Früchten fernhalten, und ein reifer und informierter Erwachsener richtet sich nicht gern nach Schulratschlägen. Wir zeigen zehn Fälle, in denen Wissenschaft und gesunder Menschenverstand gebieten, Nein zu sagen.

 

Für die Wissenschaft ist Cannabis eine leicht psychogene Droge mit geringen Risiken, die über zahlreiche medizinische Eigenschaften verfügt. Das bedeutet natürlich nicht, dass der Konsum in jedem Fall angezeigt wäre, auch nicht, wenn die geltenden Gesetze es zulassen. Es gibt Lebenssituationen, in denen die Verantwortung für andere oder medizinische Gründe es erfordern, den Marihuanagebrauch zu unterlassen.

Autofahren

Seit einigen Jahren kann die Polizei auffällige FahrerInnen nicht nur ins Röhrchen blasen lassen, sondern sie auch zum Drogentest schicken. Das empfinden GrasraucherInnen als Ungerechtigkeit, denn schon die kleinste Menge Cannabis (etwa ein Joint alle ein bis zwei Tage) ist noch Tage danach im Blut nachweisbar, im Urin sogar noch länger. Alkohol kann der Körper normalerweise bis zum nächsten Tag abbauen – wenn nicht von extremen Mengen die Rede ist. Wenn also ein/e FahrerIn, der/die in der Woche ein paar Mal gekifft hat, drei Tage nach dem letzten Joint getestet wird, fällt das Ergebnis sehr wahrscheinlich positiv aus und die Polizei wird es weniger interessieren, dass er/sie sich im Übrigen an die Regeln gehalten hat und mit klarem Kopf gefahren ist. Wer dennoch das Risiko eingeht und trotzdem fährt, dem sei geraten, dies auf keinen Fall unter der Wirkung von Cannabis zu tun, denn er/sie könnte nicht nur sich selbst, sondern auch andere VerkehrsteilnehmerInnen in Gefahr bringen. Zwar belegen Tests, dass Marihuana in wesentlich geringerem Maße als Alkohol die Fahrtüchtigkeit, die motorischen Funktionen und die Reaktionszeit beeinträchtigt und nicht zu einer leichtsinnigen Fahrweise verführt. Konstitutionelle Veränderungen zeigen sich aber trotzdem und es lohnt sich nicht, die Unversehrtheit anderer aufs Spiel zu setzen und eine Gefängnisstrafe zu riskieren.

 

Arbeit mit schweren Maschinen

Durch den Gebrauch von Cannabis verändert sich das Gefühl für Raum und Zeit und trübt die Aufmerksamkeit, daher könnte das Hantieren mit schweren Maschinen gefährlich sein. Eine hohe Dosis von Cannabis verringert die Reaktionszeit, was ein weiteres Risiko darstellt. Die Arbeit mit schweren Maschinen kann die eigene Gesundheit und die von Menschen in der Umgebung gefährden, daher empfiehlt es sich, den Konsum auf den Feierabend zu verschieben. ArbeitgeberInnen verbieten das Verrichten von Arbeiten im benebelten Zustand, das bezieht sich selbstverständlich nicht nur auf Alkohol und andere Drogen, sondern auch auf Marihuana.

 

Schwangerschaft

Über den Konsum von Cannabis während der Schwangerschaft streiten sich die WissenschaftlerInnen. Zahlreiche Studien erklären Entwicklungsstörungen oder mentale Symptome bei Kindern mit dem Kiffen bei Schwangeren, während andere Studien das bestreiten. Die Wahrheit könnte irgendwo in der Mitte liegen, denn wir können mit Sicherheit nur sagen, dass der Konsum während der Schwangerschaft nicht risikolos ist, eine verantwortungsvolle werdende Mutter daher nicht kifft. Anders ist die Lage, wenn die werdende Mutter Cannabispatientin ist – in diesem Fall ist der Arzt/die Ärztin zu fragen, ob er/sie in dem konkreten Fall den Gebrauch von Marihuana gutheißt oder ob das Absetzen die größere Gefahr für die Frucht darstellt. Wenn die Entscheidung für die Fortsetzung des Cannabisgebrauchs lautet, ist auf jeden Fall dafür zu sorgen, dass das Cannabis nicht geraucht wird, da es viele Beweise dafür gibt, dass das für die Frucht schädlich ist.

 

Lernen

Eine der bekanntesten Wirkungen von Cannabis ist die kurzfristige Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses, bei regelmäßigem Konsum von hohen Dosen kann es im geringeren oder größeren Maße dazu kommen. Das ist genau der Bereich des Gehirns, der zum ersten Speichern neuer Kenntnisse benötigt wird, daher kann Lernen im bekifften Zustand zu keinen guten Ergebnissen führen, und auch der häufige Gebrauch kann sich insgesamt auf die Lernfähigkeit niederschlagen. Entsprechend empfiehlt es sich, während der gesamten Lernzeit Cannabis nur mäßig zu konsumieren, am besten es ganz bleiben zu lassen, denn man macht es sich nur schwerer damit. Wenn du noch unter zwanzig bist, entwickelt sich dein Hirn noch und der Konsum von Cannabis kann diesen Prozess stören.

Lungenprobleme

Nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft erhöht das Rauchen von purem Cannabis ohne Tabak nicht das Lungenkrebsrisiko, sondern kann sogar einen gewissen Schutz dagegen bieten, es kann jedoch einen Lungenkatarrh begünstigen und zum Husten reizen. Wenn man eine gesunde Lunge hat und beim Rauchen hustet, hat man wahrscheinlich zu viel Rauch inhaliert. Wenn das Husten nach dem Rauchen nicht aufhört, hat wahrscheinlich zu häufiger Konsum Lunge und Hals gereizt. Joints mit Tabak erhöhen das Risiko bedeutend, denn es kommen alle schädlichen Wirkungen des Tabakrauchens hinzu und werden durch das Einbehalten des Rauchs potenziert. Wenn man ohnehin mit Lungenkatarrh, Asthma oder anderen Problemen der Atemwege zu kämpfen hat, sollte man mit dem Rauchen aufhören. Glücklicherweise werden lungenschonende Formen des Cannabiskonsums immer populärer, und mit dem Gebrauch eines hochwertigen Vaporizers oder dem Konsum im Essen sind Risiken für die Lunge völlig auszuschließen.

 

Herz- und Gefäßerkrankungen

Der Konsum von Marihuana erhöht die Herzfrequenz und damit die Beanspruchung der Herzmuskulatur. Die Veränderung ist nicht größer als beim Treppensteigen von zwei bis drei Stockwerken, für Herzkranke kann das aber problematisch sein. Der Cannabiskonsum ist zwar nicht eindeutig ein Risikofaktor für einen Herzinfarkt – im Gegensatz zu Tabak und anderen stimulierenden Mitteln –, dennoch kennt die Wissenschaft eine kleine Zahl von Fällen, in denen Cannabiskonsum bei akuten Herzproblemen zu einem Herzinfarkt geführt hat. Andere ForscherInnen bestreiten das und führen den Herzinfarkt auf andere akute Gesundheitsprobleme oder den Gebrauch anderer Mittel zurück. Eine Studie aus dem Jahr 2014 weist nach, dass die Cannabinoide die Arterien erweitern und entspannen, was den Blutdruck senkt, den Kreislauf reguliert und damit die Gefahr eines Infarktes verringert. Daher ist ein Urteil schwierig. Zur Sicherheit sei aber allen, die unter Herzstörungen leiden, empfohlen, Cannabis zu meiden, ganz besonders in hohen Dosierungen.

 

Schizophrenie

Obwohl wir in der Presse oft lesen können, dass Kiffen Schizophrenie auslöse, ist es in Wirklichkeit absolut nicht eindeutig, dass es hier um ein Prinzip von Ursache und Wirkung geht. Schizophrene neigen ohnehin stärker zum Rauchen, zum Alkoholkonsum, zum Gebrauch von Cannabis und anderen Drogen, daher betrachten ForscherInnen diese Drogen als potenzielle Auslöser der Schizophrenie, andere bewerten sie als Selbsttherapiemethoden bei einer akuten Disposition für Schizophrenie. Ohne diese Disposition erhöht das Grasrauchen bei mental gesunden Personen die Gefahr der Schizophrenie nicht, denn obwohl in den letzten 40 Jahren die Zahl der CannabiskonsumentInnen gestiegen ist, blieb die Zahl der Schizophrenen gleich. Faktoren wie genetische Disposition und Großstadtleben tragen deutlich zur Ausbildung von Anomalien bei und es scheint auch sicher, dass der Gebrauch von Marihuana dazu führt, dass die Krankheiten sich manifestieren. Wenn es also in der Familie Fälle von Schizophrenie gab, sollte man kein Risiko eingehen und mit allen psychoaktiven Mitteln vorsichtig umgehen.

 

Psychose

Das zweite Lieblingsthema der Medien ist die Verbindung von Kiffen und Psychose. Die Logik ist hier ähnlich wie im Fall der Schizophrenie: Wenn ein Familienmitglied darunter leidet oder gelitten hat, sollte man sich selbst als genetisch disponiert betrachten und Cannabis meiden, da es eine Psychose auslösen könnte. Die Wagemutigen, die trotzdem nicht vom Cannabis lassen wollen, könnten eine Vorsichtsmaßnahme ergreifen und Sorten den Vorzug geben, die einen niedrigen THC- und hohen CBD-Gehalt haben (Cannabidiol). Die aus den Medien bekannte Paarung von „Psychose und Skunk“ bezieht sich darauf, dass Skunksorten einen hohen THC-Gehalt aufweisen. Weniger bekannt ist aber, dass die Erklärung im Vorhandensein von CBD liegt. Zahlreiche Experimente mit Cannabidiol beweisen, dass es Angststörungen eindämmt und eine antipsychotische Wirkung hat, welche die Medizin bei der Behandlung von Psychosen nutzen will. Wer es trotz Fällen von Psychose in der Familie riskieren will, möge sich den Gefallen tun und Sorten mit hohem CBD-Gehalt wählen, da es die unangenehmen Wirkungen des THC ausgleicht. Man muss aber wissen, dass dies keine vollkommene Immunität gegen Psychosen bietet. Das Sicherste ist, in diesem Fall das Kiffen zu unterlassen. Alle, die mit dieser Genetik geschlagen sind, können ihre Sorgen auch nicht im Alkohol ertränken, denn neuere Forschungen glauben, in ihm einen noch größeren Risikofaktor entdeckt zu haben.

 

Angststörungen

Es ist allgemein bekannt, dass Marihuana den aktuellen körperlich-geistigen Zustand verstärkt. Wenn wir also gute Laune haben, wird unser Lachen noch breiter, wenn wir aber düstere Gedanken wälzen, dann werden sie uns nach einem Joint noch mehr bedrücken. Das ist die klassische Ansicht, aber sie vereinfacht und stimmt nicht in jedem Fall. Wer zu Angststörungen neigt, den kann Cannabis beruhigen, es kann bei ihm aber auch Panikattacken auslösen. Das hängt offensichtlich mit dem vorhergehenden Zustand zusammen. Das Erlebnis wird im Großen und Ganzen von den Erwartungen des/der KonsumentIn bestimmt, seinen/ihren früheren Erfahrungen, der konsumierten Menge und der Umgebung. Diesbezügliche Untersuchungen legen nahe, dass es in Fällen, in denen Angststörungen ein krankhaftes Ausmaß annehmen, viel wahrscheinlicher ist, dass der Cannabiskonsum eine Panikattacke auslöst. In diesem Fall ist Marihuana für immer zu meiden. Menschen, die einfach nur ängstlich sind, sollten die nötige Umsicht auf die Umstände des Konsums legen und sich für niedrig dosierte Sorten mit einem hohen CBD-Gehalt entscheiden.

 

Depressionen

Obwohl viele Menschen Missstimmungen mit Gras behandeln, fanden ForscherInnen einen Zusammenhang zwischen regelmäßigem Gebrauch und dem Auftreten depressiver Symptome. Andererseits kann in einigen Staaten der USA Cannabis bei der Behandlung von Depressionen verschrieben werden, denn erfahrungsgemäß bietet es vielen einen Ausweg aus dem Kreislauf der negativen Gedanken. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass der gelegentliche Gebrauch zum Auftreten von Depressionen beiträgt, wenn es aber in der Familie schon solche Fälle gab, sollte man nicht regelmäßig rauchen. Will man aber Depressionen mit Cannabis mildern, sollte man einen Arzt konsultieren, der Erfahrungen auf diesem Gebiet hat.

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