Verkaufsverbot für Stecklinge und medizinisches Cannabis – was nun?

Die neue rechtskonservative Regierung in Österreich plant, den Verkauf von Hanfsamen und -pflanzen zu verbieten. Damit würde vielen der heimischen Grow- und Stecklingshops das Aus drohen.

Vor der Wahl hatten sich Sebastian Kurz und die „neue Volkspartei“ noch gegen den nunmehrigen Koalitionspartner Heinz-Christian Strache von der FPÖ gestellt und sich für einen zeitgemäßen Umgang mit Cannabis als Medizin und die Beibehaltung der gesetzlichen Regelungen bezüglich Samen und Stecklingen ausgesprochen. Doch nach der Wahl will Kurz davon nichts mehr wissen. Auf Seite 44 des Regierungsprogramms findet sich dies: „Verbot des Verkaufs von Hanfsamen und Hanfpflanzen“. Wenn wörtlich verstanden, wäre das Verbot auch gültig für Industriehanf mit einem THC-Gehalt von weniger als 0,3 Prozent. Was einen regelrechten Kahlschlag in Österreichs Hanf- und Cannabisszene zur Folge hätte.

Betroffen von dem Verbot wären eventuell auch BäuerInnen. Denn in den letzten Jahren haben immer mehr heimische BäuerInnen in großem Stil Hanf angebaut. Aus der Ernte wird ein breites Spektrum von Produkten hergestellt: Von Dämmstoffen und Fasern für Textilien über Öle und Extrakte bis hin zu Tee, Brot, Müsli und Seife ist alles dabei. Die Wirtschaftskammer erklärte auf Nachfrage der Tiroler Tageszeitung: „Aus Sicht des Handels gibt es keinen nachvollziehbaren Grund dafür, warum man Produkte, die seit langer Zeit legal im Handel verkauft werden dürfen, nunmehr verbieten will.“ Es gebe einige Unternehmer, die diese Produkte anbieten, und es sei nicht notwendig, ihnen nun das Sortiment wegzunehmen bzw. einzuschränken. Auch die österreichischen Trafikanten hätten einen Antrag gestellt, dass legale Hanfprodukte in den Trafiken verkauft werden dürfen, so die Wirtschaftskammer.

Keine Freude an der Ankündigung haben naturgemäß auch die zahlreichen BetreiberInnen von Grow- und Stecklingsshops, die unter anderem Hanfsamen und Hanfpflanzen oder das Equipment für deren Aufzucht verkaufen. Hanfbauern und CBD-Produzenten sehen dem etwas entspannter entgegen. Denn sehr wahrscheinlich wird das Verbot hauptsächlich Hanf betreffen, der auch THC ausbilden kann.

Stivi Wolyniec von Bushplanet will aufgrund der Pläne der Regierung nun einen Branchenverband gründen. Derzeit sucht er Kontakt zu anderen Shop-BesitzerInnen und Händlern. Noch vor der Parlamentssommerpause will er mit dem Verband an die Öffentlichkeit gehen.

Medical Cannabis

Auch die Opposition werkelt am Cannabisthema, und zwar an der Liberalisierung von medizinischem Cannabis nach deutschem Vorbild. Peter Kolba von der Liste Pilz hat dazu am 6. März im Parlament einen Entschließungsantrag betreffend der Liberalisierung von Cannabis für medizinische Zwecke eingebracht, mit dem er die Bundesregierung aufforderte, „einen Gesetzesvorschlag zur Liberalisierung von Cannabis für medizinische Zwecke vorzulegen“.

In der Begründung des Antrags heißt es: „In Österreich leben derzeit rund 1,5 Millionen Schmerzpatienten. Sie werden oft mit schweren Medikamenten behandelt, die enorme Nebenwirkungen haben. Als Alternative dazu sind bisher nur synthetische Cannabisextrakte verfügbar, also Präparate mit den Inhaltsstoffen Tetrahydrocannabinol (THC) oder Cannabidiol (CBD). Dronabinol etwa kostet für einen Tumorpatienten 500 bis 600 Euro im Monat, die nur fallweise von den Krankenkassen übernommen werden. Präparate aus bzw. mit Cannabisblüten kommen nicht nur billiger, sie wirken auch besser, da die Pflanze mehr als 500 Inhaltsstoffe enthält, also weitaus mehr als die Medikamente aus synthetischen Stoffen, die derzeit legal sind. Medizinisch nachgewiesen ist, dass Cannabisblüten effektiv wirken und dass die Einnahme nicht süchtig macht. Cannabisblüten müssen nicht geraucht werden. Sie können als Extrakt eingenommen werden, vaporisiert, oder als Tee. Einer Gesundheitsgefährdung durch Rauch kann somit begegnet werden.“

Im parlamentarischen Ausschuss beantragte die ÖVP-Abgeordnete Gabriela Schwarz, fachliche Stellungnahmen einzuholen, und legte eine Liste der infrage kommenden Institutionen vor. Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen, nachdem die Liste von den Abgeordneten Markus Vogl (SPÖ) und Kolba um zusätzliche Facheinrichtungen ergänzt worden war. Der Antrag der Liste Pilz wurde mehrheitlich vertagt. Auch Gesundheitsministerin Hartinger-Klein (FPÖ) scheint dem Thema nicht gänzlich abgeneigt zu sein – sie will eine Expertenkommission im Gesundheitsministerium einsetzen.

Abgelehnte Bescheide

Was wenige PatientInnen wissen: Wenn der Chefarzt eine Kostenübernahme ablehnt, kann der Patient darüber einen schriftlichen Bescheid verlangen und dagegen beim Arbeits- und Sozialgericht klagen. „Ich kann nur empfehlen, im Fall der ungerechtfertigten Verweigerung der Kostenübernahme zu klagen. Ich ersuche Betroffene, sich bei mir über die Website www.buergerrechte.online zu melden. Ich sammle und dokumentiere die Fälle und kann juristische Unterstützung vermitteln“, sagte Kolba.

Vom Gesetzgeber fordert Kolba eine rasche Liberalisierung von Cannabis in der Medizin. „Cannabisblüten über ärztliches Rezept und Verkauf über die Apotheken würden den Markt beleben und damit die Preise senken. Was in Deutschland alle Parteien beschlossen haben, kann sich Österreich zum Vorbild nehmen.“

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