Verbotenes Goldenes Zeitalter

Vergangenheit und Gegenwart der LSD-Therapien

Die Hippiebewegung der sechziger und siebziger Jahre trug die Einreihung der psychedelischen Drogen (LSD, Zauberpilze, Meskalinkaktus usw.) in das im Aufbau begriffene System des Drogenverbots quasi codiert in sich. Die Machthaber hofften, dass damit die Lust der Blumenkinder an der Bewusstseinserweiterung verlorenginge, und genau das trat teilweise auch ein. Doch welche anderen Auswirkungen hatte das Verbot?

Nachdem die Forschung hinsichtlich der Anwendbarkeit verschiedener Psychedelika zu Heilzwecken heutzutage wieder begonnen hat, überrascht es nicht, dass es schon in den fünfziger und sechziger Jahren psychedelische Therapien gegeben hatte, die jedoch durch das Verbot für die Dauer von 35 Jahren aussetzten bzw. dadurch in den Untergrund gedrängt wurden. Während die Jugendlichen in Trapezhosen Selbstversuche durchführten, experimentierten Wissenschaftler an Patienten, welche verschiedene psychische Anomalien aufwiesen, mit Wirkstoffen, die Halluzinogene genannt wurden, und konnten keine geringen Ergebnisse vorweisen. Die psychedelische Therapie zeigte hauptsächlich auf dem Gebiet der mentalen Krankheiten – beispielsweise Depression, Schizophrenie und Alkoholismus – vielversprechende Erfolge, doch das Verbot erstreckte sich auch auf die medizinische Forschung. Der westlichen Welt eröffneten sich nur einige Jahrzehnte für diesen Erfahrungsaustausch, für den in den schamanistischen Kulturen Jahrtausende zur Verfügung standen.

 

Der psychedelische Traum des Westens

Die Geburt des LSD gehört zu den bekanntesten Erzählungen der Drogengeschichte. Ein schweizer Chemiker, ein gewisser Albert Hofmann, isolierte es 1938. 1943 testete er das LSD zufällig, später bewusst an sich selbst, und damit verankerte er sein “Problemkind”, eins der potentesten Psychedelika, im Bewusstsein des Westens. Nach zwei Jahren des Experimentierens, verkündeten 1949 ebenfalls schweizer Forscher, dass die Chemikalie in psychotherapeutischen Experimenten Anwendung finden könne, und damit begannen die Forschungen auf breiter Ebene. In den 1950er und 60er Jahren erweckte das LSD auf vielen Gebieten – von der Pharmazie bis zur Neurophysiologie – die Hoffnung auf die Ankunft des Goldenen Zeitalters: Dass es gelänge, in den verschiedenen psychischen und biochemischen Prozessen des Gehirns bislang unbekannte Gebiete aufzutun. Die Mehrzahl der Forscher erwartete, dass der “künstlich erzeugte Wahn” helfe, bestimmte rätselhafte mentale Probleme zu verstehen. Einem der bedeutendsten Teilnehmer an den LSD-Experimenten, dem Tschechen Stanislav Grof zufolge, stand das Verbot des LSD Ende der 60er Jahre in engem Zusammenhang mit dem von ihm hervorgerufenen Bewusstseinszustand, in dem das materielle Sein nebensächlich wird und das Glück nicht dem Anhäufen materieller Güter entspringt, sondern einem mystischen Erleben. Zahlreiche Forscher erkannten an, dass der hervorgerufene Bewusstseinszustand nicht nur für eine simulierte Psychose tauge, sondern unter den entsprechenden Umständen auch für den Aufbau der Persönlichkeit. Die Verfechter dieser Ansicht behaupteten entschieden, dass unter entsprechenden Umständen LSD nicht gefährlich sei. Der Psychiater Sidney Cohen erklärte beispielsweise nach über 25.000 psychedelischen Therapien, dass LSD viel sicherer sei als die übrigen in der Psychotherapie verwandten Medikamente. Grofs Ansicht nach hätte das Psychedelikum Theorie und Praxis der Psychiatrie radikal verändern können, wenn es gelungen wäre, der in den 60er Jahren entstandenen Hysterie zuvorzukommen. So aber veränderte es „nur“ die Menschen. Norman E. Zinberg zufolge wurden in der ersten Hälfte der 60er Jahre deshalb so viele LSD-Psychosen registriert, weil die Experimentatoren das Mittel noch nicht kannten, die Medien aber die Gefahren größer herausstellten. Anfang der 70er Jahre lief ein gesellschaftlicher Lernprozess ab, in dessen Folge die Anwender bereits wussten, mit welchen Erlebnissen man rechnen konnte, und die Zahl der Psychosen sank. Bei der gesellschaftlichen Akzeptanz des LSD sind wir heute jedoch dahin gekommen, dass immer mehr Menschen darüber zu sprechen wagen, welche Rolle ihre psychedelischen Jugenderlebnisse auf die Entwicklung ihres weiteren Lebens, auf die Entwicklung ihrer Persönlichkeit und ihres Wertesystems hatten.

 

iTrip

Der im letzten Jahr verstorbene Apple-Gründer Steve Jobs war nie verschämt hinsichtlich seiner psychedelischen Abenteuer, und das LSD zählte er zu den drei wichtigsten Erlebnissen seines Lebens. Als er davon hörte, schrieb der damals 101-jährige Albert Hofmann Jobs einen Brief, in dem er die Erfahrungen des Apple-Gurus mit Freuden zur Kenntnis nahm und ihn bat, die nach 35 Jahren wieder möglich gewordenen Forschungen zur psychotherapeutischen Anwendung des LSD zu unterstützen und dazu beizutragen, dass Hofmanns „Problemkind sich zu einem Wunderkind“ wandelte. Die Fama spricht nicht darüber, ob sie Forschungsausgaben förderte; ihre jahrelange Korrespondenz könnte jedoch dazu beigetragen haben, dass die Forschungen wieder in Gang kamen. Es ist vorstellbar, dass nun ein radikaler Wandel innerhalb der Ansichten in der Psychiatrie, wenn auch mit 50 Jahren Verspätung, eintritt.

Bob Arctor

You can share this: