Uneinheitliche europäische Drogenpolitik

Es bewegt sich was in Europa – nur langsam zwar, doch stetig. Spanien und Portugal sind zu Vorreitern einer liberaleren Drogenpolitik geworden und seit 2010 geht unser Nachbar Tschechien sogar noch ein paar Schritte weiter, während in Polen noch immer Menschen für geringe Mengen Cannabis im Knast sitzen.

Schon seit Jahrhunderten wird im Mittelmeerraum Cannabis angebaut – daran konnte auch die Politik mit ihren Verbotsgesetzen nie etwas ändern. So haben Spaniens Politiker bisher kein Gesetz verabschiedet, das den privaten Konsum von Cannabis verbietet. Seit 1967 ist der Konsum von Drogen und der Besitz zum persönlichen Gebrauch zwar illegal – aber nicht strafbar. In der Praxis kann man in Spanien auf seinem Grundstück so ziemlich alles machen, was nicht klar als “Verbrechen” definiert ist oder irgendwie die Nachbarn stört. Der in Spanien weit verbreitete Cannabisanbau wird von Politik wie Polizei weitgehend ignoriert – es sei denn, es liegt eine konkrete Anzeige vor, der man (gezwungenermaßen) nachgehen muss. Die Politik scheint erkannt zu haben, dass sie auf die Steuereinnahmen aus cannabisbezogenen Geschäften gar nicht mehr verzichten kann. Neben Grow- und Headshop-Artikeln sind hier auch Cannabissamen frei verkäuflich.

In Portugal trat am 1. Juli 2001 ein Gesetz in Kraft, das den Erwerb, Besitz und Gebrauch kleiner Mengen jedweder Droge nicht mehr unter Strafe stellt. Portugiesische Politiker befürworten, dass Drogenkonsumenten weder mit Polizei noch Gericht oder gar dem Strafvollzug in Berührung kommen, sondern dass Experten jeweils den persönlichen Einzelfall betrachten. Die Statistiken beweisen inzwischen, dass diese Strategie funktioniert: Therapiebedürftige werden in Portugal an soziale Einrichtungen vermittelt und Gelegenheitskonsumenten in Ruhe gelassen – rund 68% aller Fälle werden ohne Sanktionen eingestellt.

Davon müssen auch tschechische Politiker erfahren haben, denn seit 2010 herrschen in unserem Nachbarland die wohl liberalsten Drogengesetze Europas, die den Drogenbesitz zum Eigenbedarf nicht mehr strafrechtlich verfolgen. Bis zu 15 Gramm Cannabis darf man nun ungestraft dabeihaben – und nicht nur das: Selbst Heroin und Amphetamine sind in geringen Mengen straffrei. Mit Cannabis gibt es in Tschechien bisher keine nennenswerten Probleme – ganz im Gegensatz zu stark süchtig machenden Amphetaminen wie “Crystal Meth”.

Genau hier sahen konservative polnische Politiker die Gefahr, als das polnische Parlament 2011 ein Gesetz verabschiedete, nach dem der Besitz “unbedeutender Mengen” (egal, ob Cannabis oder Heroin) bei Eigenbedarf nicht eine sofortige Strafverfolgung zur Folge hat. Von einer Liberalisierung des Drogengesetzes oder gar einer Legalisierung von Drogen jeglicher Art ist Polen weit entfernt, denn es liegt allein im Ermessen der Polizei und der Staatsanwaltschaft, ob jemand als einfacher Konsument oder als Dealer eingestuft wird. Und wie viel genau eine “unbedeutende Menge” ist, hat die Politik bisher nicht bestimmt. Das hat zur Folge, dass ein Staatsanwalt schon ein Gramm Marihuana als angemessen für eine Strafverfolgung halten kann, während ein anderer erst ab fünf Gramm Crack die Mühlen der Justiz in Gang bringt. Laut einem Bericht der “Gazeta Wyborcza” sitzen in polnischen Gefängnissen momentan 684 Personen wegen des Besitzes geringer Mengen Marihuana ein – darunter auch solche, die zum allerersten Mal gekifft haben… Tatsächlich gibt es noch viel zu tun im vereinten Europa.

 M.M.

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