Traumatherapie mit Lachgas

3000Der britischen Regierung gingen im Sommer letzten Jahres die Pferde durch und sie beschloss, ein ganzes Bündel von Mitteln zu verbieten – von der Designerdroge bis zum Lachgas (N2O). Auf dem Parliament Square wurde mit kollektivem Einatmen von Lachgas und anhaltendem Gelächter dagegen protestiert. Ironie des Schicksals, dass britische ForscherInnen gerade herausgefunden haben, dass eben dieses Gas bei der Behandlung von schweren Krebserkrankungen wirksam eingesetzt werden kann. Unverarbeitete Traumata setzen sich im Gedächtnis fest und brechen immer wieder hervor. In schweren Fällen – beispielsweise bei der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD) – können diese Ausbrüche ein normales Alltagsleben unmöglich machen und führen nicht selten zum Selbstmord. Die MitarbeiterInnen des London College untersuchten 50 Erwachsene, denen sie schockierende Filme über sexuelle Gewalt und Mord vorführten. Die Hälfte der Testpersonen atmete eine halbe Stunde nach der Vorführung eine Mischung aus Luft und Lachgas im Verhältnis 1:1 ein. Bei ihnen sank in den folgenden Wochen die Zahl ungewollt auftretender Erinnerungen rapide ab, während sie sich in der anderen Gruppe nur sukzessive verringerten. Die WissenschaftlerInnen erklären dies damit, dass das Lachgas verhindert, dass die Erinnerungen ins Langzeitgedächtnis geraten. Es ist empirisch belegt, dass Erinnerungen, die von starken Gefühlsreaktionen begleitet sind, eine Art Markierung bekommen, die das Hirn anweisen, sie zu speichern. Die NMDA-Rezeptoren des Gehirns verrichten diese Markierungsarbeit und übernehmen während des Schlafes das Speichern ins Langzeitgedächtnis. Das Lachgas unterbindet diesen Prozess, indem es die Funktion der NMDA-Rezeptoren blockiert – das ist die Erklärung dafür, dass für die Mitglieder der Lachgasgruppe die gesehenen Filme weniger präsent waren. Das scheinbar brutale Experiment, das Erinnerungen an „Clockwork Orange“ hervorruft, klinkt sich an einem anderen Punkt in die Traumatherapie ein als Cannabis und Ecstasy (MDMA), deren Wirksamkeit bei PTSD-Therapien nach zahlreichen Untersuchungen bestätigt ist. Die ForscherInnen fanden heraus, dass Lachgas dann nützlich sein kann, wenn es nicht nachträglich, sondern am gleichen Tag, an dem das Trauma erlitten wurde, konsumiert wird.

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