Superfood für Pflanzen – Teil 2

Ton-Humus-Komplexe? Bekommen Hipster und Veganer das, wenn sie zu viel Hummus gegessen haben? Wie kann ich mich davor schützen und was hat das mit meinen Pflanzen zu tun?

Wie du sicherlich schon aus Medijuana 2/2017 weißt, bezeichne ich solche Stoffe als Superfood für Pflanzen, deren Anwendung sich positiv auf die Vitalität deiner Pflanzen auswirkt und über die Bereitstellung von Nährstoffen hinausgeht.

Im letzten Artikel wurden Ascophyllum nodosum, Alfalfa und Silikate näher betrachtet. Diesmal stehen Regenwurmhumus, Leonardit und verschiedene Tiermehle im Fokus unserer Betrachtung.

 

Regenwurmhumus

Pflanzen lieben Regenwurmhumus! Schon ein paar Esslöffel, oberflächlich eingearbeitet, können wahre Wunder vollbringen. Wer die Möglichkeit hat, sollte auch in Topfkulturen unbedingt mit lebenden Würmern arbeiten. Nur mit dem Spülen des Substrates muss man vorsichtig sein, da die Würmer sonst aus den Töpfen flüchten.

Regenwurmhumus aka Vermikompost erfreut sich seit einigen Jahren wachsender Beliebtheit, und das nicht ohne Grund: Regenwurmhumus ist der hochwertigste Humus überhaupt und fruchtbarer als alle anderen Humusarten. Er übertrifft Gartenkompost, Bokashi und Terra preta bei Weitem – von kommerziell hergestelltem Humus ganz zu schweigen.

Er lässt sich mithilfe einer Wurmfarm ganz leicht selbst herstellen und ist eine gute Möglichkeit, den eigenen Bioabfall zu verwerten.

Das Geheimnis des Regenwurmhumus beginnt im Verdauungstrakt der Regenwürmer. Die Würmer fressen die von Pilzen und Bakterien zersetzte organische Substanz, zermahlen sie in ihrem Darm und scheiden sie wieder aus. Auf diese Art und Weise wird der Regenwurmhumus mit besonders vielen nützlichen Pilzen und Bakterien durchsetzt und stärker mit Enzymen wie Phosphatase und Cellulase angereichert als andere Humusarten. Diese Enzyme helfen deinen Pflanzen, Nährstoffe aus dem Boden zu lösen und bereits verbaute Cellulose wieder zu Kohlenhydraten aufzuschließen.

Der größte Vorteil, den Regenwurmhumus gegenüber anderen Humusarten mit sich bringt, liegt aber in seinem Reichtum an Ton-Humus-Komplexen. Im Darm der Regenwürmer herrschen besonders günstige Bedingungen für ihr Entstehen.

Bei Ton-Humus-Komplexen wird die elektrische Ladung der Nährstoffteilchen ausgeglichen, indem diese an je ein Humus- (z. B. Leonardit) und Tonteilchen (z. B. Bentonit) gebunden werden. Ein Versalzen des Bodens bzw. eine Überdüngung mit Regenwurmhumus ist damit ausgeschlossen! Außerdem lockert die krümelige Struktur der Ton-Humus-Komplexe den Boden und verbessert seine Wasserhaltekraft.

Wenn du dich jetzt fragst, was passiert, wenn du deine Regenwürmer mit Superfood fütterst, dann ist es höchste Zeit für deine eigene Wurmfarm. Vielleicht bekommst du ja Hyperfood für deine Pflanzen …

Leonardit

Nicht umsonst hat so gut wie jeder Düngemittelhersteller ein Leonarditprodukt in Form von Humin- und Fulvinsäuren im Programm: Die Verwendung von Leonardit intensiviert das Pflanzen- und Wurzelwachstum, indem es den Stoffwechsel deiner Pflanzen fördert und die Zellteilung beschleunigt. Zudem trägt Leonardit dazu bei, die Photosyntheseleistung deiner Pflanzen zu verbessern, da es die Chlorophyllbildung anregt.

Leonardit entsteht, wenn organische Stoffe zunächst zersetzt und anschließend über Millionen von Jahren unter Luftabschluss hohem Druck ausgesetzt werden. Diese Prozesse bezeichnet der Fachmann als Humifizierung und Inkohlung. Im engeren Sinn handelt es sich bei Leonardit um hochoxidierte Weichbraunkohle, die als Nebenprodukt des Braunkohleabbaus anfällt.

Leonardit wird oft zu wasserlöslichem Kalium- oder Natriumhuminat verarbeitet. Die Anwendungsgebiete dieser Huminsalze sind schier unerschöpflich: Als Dauerhumus verbessern sie Böden bzw. Substrate nachhaltig, können zur Abwasseraufbereitung eingesetzt werden, finden Verwendung als Zusätze in Tierfutter, stärken das Immunsystem, verbessern die Darmgesundheit, werden zur Aufbereitung von Gülle verwendet und reduzieren dabei die Emission von Treibhausgasen wie Methan.

Der größte Vorteil der Verwendung von Leonardit für den Gartenbau liegt in seinem Reichtum an Humin- und Fulvinsäuren sowie an Kohlenstoff, denn diese Stoffe fördern Pflanzenwachstum und Bodenfruchtbarkeit.

Humin- und Fulvinsäuren sind sogenannte Chelatbilder, d. h. sie können durch Kationenaustausch die Ladung von Nährstoffen ausgleichen (vgl. Ton-Humus-Komplexe). So wird die Verfügbarkeit von Nährstoffen und Spurenelementen über längere Zeit gewährleistet – ohne die Gefahr einer Überdüngung deiner Pflanzen.

Huminstoffe steigern darüber hinaus das Wasserhaltevermögen des Bodens und wirken als pH-Puffer. Sie verbessern die Keimrate deiner Samen, steigern Vitamin- und Mineralstoffgehalt deiner Pflanzen, führen zu dickeren Zellwänden und somit zu größeren Resistenzen deiner Pflanzen gegen Schädlinge und letztendlich einem höheren Erntegewicht.

 

Tiermehle

Wer kennt ihn nicht? Den wunderbaren Geruch, wenn man eine Flasche Dünger mit Fischmehl öffnet? Gott sei Dank haben Pflanzen keine Nase …

Fisch-, Knochen- und Blutmehl, aber auch Hornspäne sind Erfolgsgaranten unter den organischen Feststoffdüngern. Pflanzen lieben diese Rohstoffe, denn sie liefern leicht verfügbaren Stickstoff, Phosphate, Kalzium, Mikronährstoffe, Spurenelemente und Aminosäuren.

Den Einsatz dieser Tiermehle danken sie dem Gärtner mit kräftigem Wurzel-, Blatt-, und Blütenwachstum sowie einem herausragenden Aroma des Endproduktes. Darüber hinaus stimuliert die gute Nährstoffverfügbarkeit, insbesondere von Stickstoff, den pflanzeneigenen Hormonhaushalt: Es werden mehr Auxine in den Triebspitzen gebildet und auch mehr Gibberelline ausgeschüttet.

Bei beiden Stoffen handelt es sich um Phytohormone, also um Stoffe, deren Wirkung auf Pflanzen mit der Wirkung von Hormonen auf den menschlichen Organismus vergleichbar ist (vgl. auch Ascophyllum nodosum und Alfalfa in: Superfood für Pflanzen, Medijuana 2/2017).

Durch die hohe Konzentration von Auxinen in den Triebspitzen wird nicht nur die Vitalität deiner Pflanzen allgemein verbessert, sie verbessert auch die Bewurzelung deiner Stecklinge.

Gibberelline werden in der Forschung als Steroidhormone bezeichnet, dementsprechend rapide kurbeln sie das Wachstum deiner Pflanzen an. Schon lange werden sie in der konventionellen Landwirtschaft in ihrer synthetischen Form zusammen mit Auxinen als Wachstumsstimulatoren genutzt, wobei die Ertragsleistung mancher Kulturen verdoppelt werden konnte.

Auch wenn die durch Tiermehle stimulierte pflanzeneigene Produktion von Phytohormonen nicht mit den Ergebnissen synthetischer Auxine und Gibberelline Schritt halten kann, zeigen sich dennoch deutliche Verbesserungen in Vitalität und Ertrag deiner Pflanzen.

Gerade Blutmehl kommt seit der BSE-Krise als organisches Düngemittel kaum noch zur Anwendung und auch die Verwendung von Fisch- und Knochenmehl wird oft mit Argwohn gesehen. Dabei stammen Blut- und Knochenmehl meist von Geflügel- und Schweinefarmen, die als unbedenklich gelten, die sehr viel weiter verbreiteten Hornspäne hingegen von Rindern.

Die Verarbeitung tierischer Nebenprodukte unterliegt strengen Auflagen und die verarbeitenden Betriebe werden regelmäßig vom lokalen Amtsveterinär kontrolliert. Die aufwändige Zulassung eines Betriebes zur Verarbeitung tierischer Nebenprodukte hat ihr Übriges dazu beigetragen, dass diese kaum noch als organische Dünger verwendet werden. Dabei ist die Verwendung tierischer Nebenprodukte in Form organischer Düngemittel eine gute Möglichkeit, sie wieder dem Kreislauf zuzuführen, und zudem eine sinnvolle Alternative zur thermischen Verwertung, also zur Verbrennung dieser Stoffe.

 

Fazit

Keine Sorge! Ihr könnt euch locker machen und weiter so viel Kichererbsenmus essen, wie euch lieb ist. Wie wir gelernt haben, hat Hummus mit Ton-Humus-Komplexen so viel gemeinsam wie Früchtetee mit Kompost-Tee – überhaupt nichts!

Weiterhin haben wir gelernt, dass Leonardit ein großartiger Bodenhilfsstoff ist und eine entscheidende Rolle für eine erfolgreiche Ernte spielen kann.

Und last but not least, welches Glück es für Pflanzen ist, dass sie keine Nasen haben … oder eben welches Pech für Gärtner, wenn sie im organischen Bereich mit Tiermehlen arbeiten.

Ihr braucht auch nicht gleich eure Hühnerknochen und Fischgräten zu sammeln oder euch eine Wurmfarm zu kaufen. Wenn ihr aber das nächste Mal eure Düngemittel einkauft, könnt ihr Ausschau halten, ob vielleicht auch der Düngemittelhersteller eures Vertrauens ein Leonardit- oder Fischmehlprodukt in seiner Produktpalette hat.

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