Stockende Legalisierung in Oregon

Das Gesetz trat in Kraft, aber die Geschäfte öffneten nicht

Mutter und Aktivistin Leah Maurer  spricht mit Reportern

Am 1. Juli trat die Cannabislegalisierung im vierten US-Bundesstaat in Kraft. Nach Colorado, Washington und Alaska ist nun auch in Oregon der Konsum von Marihuana, sein Besitz und mit staatlicher Erlaubnis auch der Handel mit ihm erlaubt. Auf Letzteres müssen die Bürger/innen des Staates aber noch warten.

Letztes Jahr stimmte Oregon zum zweiten Mal über die Legalisierung ab – 2012 hatten 3,25% für einen legalen Hanfmarkt gefehlt. Bei der Abstimmung letztes Jahr gingen die Organisatoren auf Nummer sicher und taten alles, um eine ähnliche Blamage zu vermeiden. So gelang es mit der Unterstützung von 56% der Bürger/innen, die Legalisierung ohne jeden Zweifel unter Dach und Fach zu bringen. Wie im Falle der anderen erfolgreichen Staaten folgte auch in Oregon eine halbjährige Vorbereitungsphase, dann trat das Gesetz am 1. Juli offiziell in Kraft. Von nun an können Bürger/innen über 21 Jahren legal Cannabis konsumieren, eine Ausnahme bilden öffentliche Plätze. Es ist erlaubt, zu Hause bis zu vier Pflanzen zu ziehen und acht Unzen (rund 226 Gramm) bei sich zu tragen. Im Auto jedoch ist es untersagt, Cannabis zu konsumieren, und natürlich darf man mit dem in Oregon legal beschafften Ganja die Grenze nicht überschreiten. Der Besitz von gut 200 Gramm erscheint großzügig bemessen; einziger Schönheitsfehler bleibt, dass die Bürger/innen warten müssen, bis sie in den entsprechenden Geschäften Cannabis kaufen können. Und das kann dauern! Ein Blick in die Zukunft: Die meisten Züchter werden erst Anfang nächsten Jahres die nötige Genehmigung bekommen und nach Schätzungen werden die ersten Grasläden erst in über einem Jahr, also im Herbst 2016, eröffnen. In der Zwischenzeit darf Ganja trotz des Gesetzes weder ge- noch verkauft werden. Denjenigen, die das Gesetz feierten, verdarb die extreme Verzögerung trotzdem nicht die Laune. In Portland reagierten einige Leute kreativ statt verbittert auf die paradoxe Situation: Die Gruppe Oregon der Marihuanareformorganisation NORML rief zu einer gemeinsamen Veranstaltung am 1. Juli auf, bei der die Über-21-Jährigen aus „Nettigkeit“ gratis Marihuana(-samen) von Medizinalcannabisladenbesitzern und anderen Aktivisten bekamen.

Rebecca Gasca überblickt Pflanzen„Obwohl der Besitz und der Anbau von Cannabis erlaubt wurden, gibt es in Oregon kein Geschäft, wo man legal Samen kaufen könnte“, stand auf der Einladung. „NORML Portland hat zur Unterweisung zusammen mit ihren Partnern mehrere Tausend Samen und mehrere Hundert Kilogramm Marihuana im Staat Washington verkauft, von denen der Schwarzmarkt gar nichts abbekommt“, sagte die Organisation über die in Washington schneller umgesetzte Legalisierung. Zwei Tage später, am Freitag, dem 3. Juli, war die Gras liebende Bevölkerung von Oregon zu einem zweiten Event eingeladen. Zur Rallye „Weed the People“, wo ebenfalls lizenzierte Züchter von medizinischem Cannabis Kostproben und Speisen auf Hanfbasis anboten. Dieses Event war nicht kostenlos, die Besucher/innen mussten 40 Dollar für den Eintritt berappen, dann aber konnten sie auf dem Gelände sieben Stunden lang die Angebote der Züchter und Lebensmittelproduzenten genießen und davon sogar zum späteren Gebrauch noch etwas mit nach Hause nehmen. Auf die 2000 Besucher/innen kamen pro Kopf bis zu 7 Gramm, was bei einem solchen Event ganz sicher die 40 Dollar wert ist. Lange Schlangen bildeten sich vor der „Chill Out Area”, um dort in bequemen Sesseln und unter Zuhilfenahme verschiedener Utensilien das angebotene Ganja zu konsumieren. Und noch mehr Leute warteten vor dem gut gesicherten Lagerhaus „Grow Garden“, um die Samen in Empfang nehmen zu können. „Aber es ging um mehr als um kostenloses Gras, Händler, Essen und Vaporizer. Das ist ein Umbruch der Geschichte!“ – so schilderten die Veranstalter den Spirit des Events auf ihrer Homepage. Einige Züchter von Medizinalcannabis nahmen an der Veranstaltung teil, um zu erfahren, wie sie in Zukunft Läden, die rekreative Konsument/innen bedienen, beliefern müssen. Bis zum nächsten Herbst können rekreative Konsument/innen anscheinend nur auf solcherart Veranstaltungen zu Cannabis kommen, aber angesichts der Kreativität der Einwohnerschaft von Oregon und der großen Nachfrage ist es unwahrscheinlich, dass der schlaue Teil der Bevölkerung auf das inzwischen legale Cannabis verzichten muss.

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