Skandal im deutschen Gesundheitssektor

20.000 deutsche ÄrztInnen im Sold der Pharmaindustrie

Im deutschen Gesundheitssektor bahnt sich ein riesiger Skandal an. Das deutsche Wochenmagazin Der Spiegel und die investigative Internetplattform Correctiv veröffentlichten Mitte Juli eine Datenbank, in der 20.000 deutsche ÄrztInnen benannt werden, die Hunderte Millionen Euro von der Pharmaindustrie erhalten haben.

Die 54 größten Pharmafirmen, die im Verein Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie zusammengeschlossenen sind, haben im Vorjahr 575 Millionen Euro an rund 71.000 ÄrztInnen und Fachkreisangehörige sowie 6.200 medizinische Einrichtungen verteilt. Mehr als 20.000 dieser MedizinerInnen sind namentlich bekannt. Ihre Namen und die Summen, die sie erhalten haben, finden sich in einer frei zugänglichen Datenbank, in der jede/r InternetnutzerIn suchen kann, ob auch sein/e oder ihr/e Arzt/Ärztin im vergangenen Jahr Zuwendungen der Industrie erhalten hat. Die Adresse der Datenbank lautet: https://correctiv.org.

119 Millionen Euro haben die Pharmafirmen im vergangenen Jahr für Vortragshonorare, Fortbildungsveranstaltungen und Reisespesen an ÄrztInnen bezahlt. Demzufolge flossen im Schnitt rund 1.646 Euro an jede/n der 71.000 MedizinerInnen.

Dazu kommen insgesamt 366 Millionen Euro an Honoraren für Anwendungsbeobachtungen und andere medizinische Studien, zu denen die Firmen aber detaillierte Angaben verweigern. „Man differenziert nicht weiter im Forschungsblock“, rechtfertigt Birgit Fischer vom Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VfA) auf Nachfrage die bestehende Intransparenz bei Anwendungsbeobachtungen.

Prof. Dr. Klaus Lieb, ordentliches Mitglied der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), nennt es enttäuschend, dass nur 29 Prozent der ÄrztInnen einer Veröffentlichung zugestimmt haben. „Transparenz sieht anders aus“, sagt Lieb. „Wir Ärzte haben bezüglich Interessenskonflikten einen blinden Fleck“, kritisiert der Mediziner. „Wir lassen uns von der Pharmaindustrie einladen und glauben dennoch, wir seien unabhängig.“

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