Portugiesische ÄrztInnen befürworten medizinisches Cannabis

Portugal ist zwar bekannt für seine progressive Drogenpolitik; hinsichtlich der Regulierung von Cannabis bleibt das Land jedoch weit hinter seinem Nachbarn Spanien zurück. Mit der Genehmigung von medizinischem Cannabis kann Portugal wiederum seinen drogenpolitischen Ansatz den wissenschaftlichen Forschungsergebnissen anpassen. In der ersten Januarhälfte startete ein einflussreicher portugiesischer Ärzteverband eine Initiative zur Legalisierung von Medikamenten auf Cannabisbasis. Zur gleichen Zeit wurde im portugiesischen Parlament eine Gesetzesvorlage diskutiert, die berechtigten PatientInnen den Eigenanbau gestattet.

Diese Entwicklung hat eine Vorgeschichte, denn medizinisches Cannabis wird bereits seit mehreren Jahren in Portugal angebaut. Großen Fortschritt brachte die Ankündigung des kanadischen Cannabisgiganten Tilray, der eine Investition von 20 Millionen Euro versprach. Das Unternehmen verfügte schon damals über die nötigen Genehmigungen der EU, Cannabissamen und Klone zu importieren und Pflanzen anzubauen. Dahinter steckt der Plan, hochwertige Blüten in die europäischen Länder zu exportieren, in denen Cannabis verschrieben werden kann. Interessanterweise ist die Simultanität der Ärzteinitiative und der Gesetzesvorlage im Parlament rein zufällig. Miguel Guimarães, Leiter des Ärzteverbandes, sagte, er befürworte die Legalisierung von Medikamenten auf Cannabisbasis auf der Grundlage medizinischer Forschungsergebnisse. Jedoch kritisierte er den Teil der Gesetzesvorlage, der den Eigenanbau ermöglicht. Der Linksblock (Bloco de Esquerda) ist bereit, den Artikel über den Eigenanbau abzuändern. Sie wollen „solche funktionalen Rechtsvorschriften schaffen, die dem Wohl der Patienten dienen“. Der Weg dahin ist allerdings noch weit, denn die ÄrztInnen müssen vorläufig bei den Produkten der Pharmaindustrie bleiben. Guimarães ist der Meinung, die Gesetzesvorlage im Parlament müsse den wissenschaftlichen Erkenntnissen folgen und in der gegenwärtigen Phase müsse man sich auf bewährte Medikamente beschränken. Er fügte hinzu, Portugal müsse weitere klinische Untersuchungen über durch Rauchen oder Vaporisieren konsumiertes Cannabis durchführen.

Es scheint also, als kämpften die Pharmaindustrie und der Gigant des Cannabisanbaus um die Ausgestaltung des portugiesischen Gesetzesspielraums. Guimarães erklärte, dass die für medizinische Zwecke genehmigten Cannabisplantagen eine ausgezeichnete Möglichkeit für klinische Untersuchungen böten, und meinte, man könne deshalb davon ausgehen, dass PatientInnen Cannabis auch in seiner natürlichen Form werden erhalten können. Tilray wird auf jeden Fall auch dann in Portugal bleiben, wenn den portugiesischen PatientInnen Cannabis vorenthalten bleibt, da die Firma über die nötigen Anbaugenehmigungen verfügt. Im November 2017 sind die ersten Pflanzen importiert worden, die nun schon für den deutschen Markt gezogen werden. Der leitende Direktor Brendan Kennedy schätzt den potenziellen Markt in der EU auf 30 bis 40 Milliarden Euro bzw. auf 10 Millionen PatientInnen, die versorgt werden müssen.

Tilray investiert wegen des günstigen Klimas in Portugal: viel Sonnenschein, milde Winter, heiße Sommer, ein ausgewogenes subtropisches Klima, ähnlich wie in Kalifornien und ideal für den Cannabisanbau geeignet. Weniger bekannt ist die Tatsache, dass 2015 die damalige Justizministerin, Paula Teixeira da Cruz, für die Übernahme des spanischen Systems der Cannabis Social Clubs in Portugal eintrat, damit die Anbaugenossenschaften selbst Cannabis zu medizinischen und rekreativen Zwecken ziehen könnten. Teixeira da Cruz ist nicht mehr im Amt und vorläufig sieht es nicht so aus, als dass sich der Anbau zu Hause oder in einer Gemeinschaft zu Freizeitzwecken in den nächsten Jahren verwirklichen könnte.

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