Pflanzenfresser

Gewaltfreie Ernährung, vegetarisch und vegan

 

Daten belegen, dass fleischlose Ernährung die Umwelt weniger belastet als jene mit Fleisch. Zur Herstellung von einem Kilo Weizen benötigt man 500 bis 4.000 Liter Wasser, für die gleiche Menge Rindfleisch aber 16.000 Liter. Unterdessen steigt der Strom- und Energieverbrauch der westlichen Welt ständig an und die natürlichen Ressourcen gehen spürbar zurück. Mit Alltagsaktivitäten, über die man kaum nachdenkt – Essen, Autofahren, Putzen –hinterlassen die mehr als 7 Milliarden Menschen auf der Erde einen ökologischen Fußabdruck, der größer ist als je zuvor in der Geschichte unserer Art und des Planeten.

 

Würde jede/r ErdenbewohnerIn so viel Fleisch essen wie ein/e DurchschnittsamerikanerIn, dann stiege der Wasserbedarf der Lebensmittelindus-trie um 75 Prozent. Untersuchungen gehen davon aus, dass der Wasserbedarf bei einer vegetarischen Lebensweise nur halb so hoch wäre wie bei einer Lebensweise mit Fleisch. Immer mehr Menschen kommen wegen des steigenden globalen Wasserbedarfs nicht mehr an genügend Trinkwasser.

 

Fleischfressende Vorfahren

Biologisch gesehen ist der Mensch heute ein Allesfresser, denn er kann sowohl pflanzliche als auch tierische Nahrung zu sich nehmen. Aus dem ursprünglichen Pflanzenfresser (Homo habilis), der von Pflanzen und Aas lebte, entwickelten sich die Sammler und Jäger der Gattung Homo (Homo erectus, Homo heidelbergensis, Homo sapiens), die sich, nach den Funden zu urteilen, schon sehr bewusst ernährten.

Auch wenn der Mensch ursprünglich ein Fleischfresser war und das nun schon sehr lange ist, stellt Fleisch keinen notwendigen Bestandteil seiner Nahrung dar. Fleisch ist eine komplexe Eiweißquelle, die zweifellos effizienteste Nahrungsquelle, die aber dem Individuum und seiner Umwelt auch Schaden zufügen kann.

Seit den Anfängen der neuzeitlichen Vegetarierbewegung glauben viele, die fleischlose Ernährung sei die naturgegebene. Sie begründen dies damit, dass der Mensch nach seinem Gebiss und der Länge der Därme kein Fleischfresser sei, sondern Pflanzenfresser sein müsse. Doch in Wahrheit haben die menschlichen Gedärme eine mittlere Länge. Er ist deswegen eher ein wahrer Allesfresser. Zum Verdauen von reiner Pflanzennahrung müsste das Darmsystem fünf- bis zehnmal länger sein. Oder eine andere Art der Verdauung wäre nötig, zum Beispiel ein komplexer Magen oder das Wiederkäuen.

Bis zur zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war die Ansicht verbreitet, dass der Mensch das einzige omnivore (also allesfressende) Säugetier sei. Inzwischen wird das bestritten. Manche Affen, wie die Schimpansen, fressen ebenfalls Fleisch, nur viel weniger und seltener.

Spiel mit unglaublich interessanten Zahlen

  • Der Anbau von 1 kg Kartoffeln produziert 140-200 g CO² – je nachdem, ob biologisch oder konventionell angebaut wird. Bei einem Kilogramm tiefgefrorener Pommes frites sind das schon 5.700 g.
  • Ein einziges Rind erzeugt jährlich genauso viel CO² wie ein PKW, der im Jahr 24.000 km zurücklegt und durchschnittlich 130 g CO²/Kilometer ausstößt. (Das entspricht einem durchschnittlichen Mittelklassewagen.)
  • Die Viehzucht ist weltweit für 18–20 % des CO²-Ausstoßes verantwortlich.
  • Die Anwendung von 1 kg Insektiziden in der Landwirtschaft entspricht 12 kg CO²-Ausstoß.

 

Schadstoffausscheidung von Tieren und Menschen

Man kann nicht behaupten, dass ein fleischfreies Leben frei von schädlichen Auswirkungen für die Erde wäre. Auch die vegetarische Ernährung hat schädliche Auswirkungen auf die Erde – hauptsächlich deshalb, weil der Mensch heute nicht für sich selbst, sondern für den Markt Pflanzen anbaut. Und die industrielle Pflanzenproduktion hinterlässt wie die Tierhaltung einen ökologischen Fußabdruck, auch wenn er wesentlich kleiner ausfällt.

Den meisten Menschen ist bewusst, dass Autos, Kohlekraftwerke und Zementfabriken Umweltschäden verursachen. Nach einem Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) führt unsere Ernährungsweise, und dabei spielt das Fleisch eine ganz besondere Rolle, zu einer höheren Emission von Treibhausgasen – Kohlendioxid (CO²), Methan, Dinitrogenoxid – in die Atmosphäre. Das ist mehr, als der Verkehr und sogar die Industrie ausstoßen.

Für alles, was wir essen, zahlt die Umwelt einen Preis, auch für Gemüse und Obst. Transport, Kühlung, Treibstoffverbrauch bei der Herstellung, führen genauso wie die Methanausscheidungen der Nutztiere zum Ansteigen der Treibhausgase in der Atmosphäre. Nehmen wir den Spargel als Beispiel. Eine Untersuchung der Universität von Washington zeigt, dass die Gemüseproduktion in Peru pro 200 Kilogramm zu 40 Kilogramm Treibhausgasausschuss führt – durch den Einsatz von Insektiziden und Kunstdünger, die Bewässerung und den Treibstoffverbrauch der schweren Dieselmotoren. Die Kühlung und der Transport von 200 Kilogramm Spargel zu den amerikanischen Verbrauchern produzieren weitere 60 Kilogramm Treibhausgas, insgesamt also 100 Kilogramm.

Aber das ist im Vergleich zum Rindfleisch wenig. Schon Mitte der Neunzigerjahre haben Untersuchungen gezeigt, dass bei der Rinderzucht, je nach Methode, die Rinder 150–250 Kilogramm Methan für jedes Kilo produziertes Fleisch ausscheiden. Da Methan sich 23-mal höher erhitzen lässt als Kohlendioxid, entspricht das einem Ausstoß von 3,6-6,8 kg Co² bei der Herstellung von einem Kilo Fleisch. Zudem erfordert die Viehzucht große Mengen an Futtermitteln. Das bedeutet bei der Herstellung von einem Kilo Rindfleisch in der industriellen Massentierhaltung einen Ausstoß von mindestens 4,8 kg CO². Das ist 36-mal so viel wie beim Spargelanbau. Man darf aber auch nicht vernachlässigen, dass Tierzuchtbetriebe zudem viele Abfälle und Abwässer produzieren und, wie gesagt, ist von einem Industriezweig die Rede, der eine gewaltige Menge Wasser beansprucht.

Vegetarier und Vegetarismus

Bei den alten Griechen bedeutete Vegetarismus Enthaltung vom Beseelten und beschränkte sich auf die gebildete, in der Philosophie bewanderte Oberschicht. Die Masse des Volkes ernährte sich notgedrungen fleischarm. Da sie zur See fuhren, war billiger Fisch beliebt.

Auch in der altindischen und ägyptischen Zivilisation wird der Vegetarismus erwähnt. Wir wissen, dass die altägyptischen Priester und natürlich die Anhänger des persischen Zarathustra, die Buddhisten und später die Jünger des Zenbuddhismus Vegetarier waren.

Die berühmten altgriechischen Philosophen und Ärzte Platon, Sokrates, Pythagoras, Hippokrates und Epikur waren ebenfalls Vegetarier und erwarteten von ihren Schülern eine konsequente Einhaltung des vegetarischen Lebensstils. Platon geht in seinem Buch über den idealen Staat auf die Ernährung der BürgerInnen ein, bei denen nur pflanzliche Speisen auf den Tisch kommen sollen. Dies ging mit der Gewaltfreiheit gegenüber Tieren einher (im Sanskrit Ahimsa genannt). Hauptsächlich wurde sie von einigen Glaubensgemeinschaften bzw. den Philosophen ausgeübt.

Das Wort Vegetarier verbreitete sich zuerst im 19. Jahrhundert und bezeichnet alle, die kein Fleisch essen. Wer darüber hinaus auf Fisch, Eier und Milchprodukte verzichtete, wurde „strenger“ oder „ganzer Vegetarier“ genannt. Im Oxford English Dictionary wird die erste Verwendung des Begriffs der englischen Schauspielerin Fanny Kemble (1809–1893) zugeschrieben, die ihn 1839 im amerikanischen Bundesstaat Georgia benutzte.

 

Pflanzenfresser

In Anbetracht dieser Zahlen ist es verständlich, dass viele Menschen ein Bewusstsein für die indirekte Umweltverschmutzung entwickeln und sie die Sorge um die Welt dazu bewegt, ihre Gewohnheiten, ihre Lebensweise und ihre Ernährung zu verändern. Denn damit tun sie nicht nur der Erde, sondern auch der eigenen Gesundheit einen Gefallen. Falls das ein Gefallen ist, wenn man etwas oder jemanden nicht vergiftet.

Der Veganismus, der eigentlich „wahre Vegetarismus“, ist eine Lebensform, eine Praxis, welche die Prinzipien des Vegetarismus nicht nur teilweise, sondern konsequent, wortwörtlich auffasst. Veganer essen keine Produkte tierischen Ursprungs und meiden sie nach Möglichkeit auch in anderen Lebensbereichen. Sie gehen davon aus, dass sie durch Ausbeutung der Tiere beschafft werden, und wollen an ihren Leiden, Schmerzen und ihrem Tod keinen Anteil haben. Daher stehen bei ihnen Fleisch, Milch, Eier oder Honig nicht auf dem Speiseplan, darüber hinaus meiden sie Stoffe tierischen Ursprungs wie Leder, Pelze, Baumwolle, Federn, Gelatine, Seide usw. Viele benutzen auch keine Kosmetika und Haushaltsmittel, für deren Entwicklung Experimente an Tieren durchgeführt worden sind. Die Stoffe tierischen Ursprungs ersetzen sie durch Alternativen pflanzlichen oder synthetischen Ursprungs.

Für Vegetarismus ohne Milchprodukte schuf Donald Watson, Mitbegründer der Veganen Gesellschaft, im Jahre 1944 den Begriff „vegan“. Die Gesellschaft lehnte auch den Konsum von Eiern ab. 1951 wurde die Definition erweitert: „Die Weltanschauung, nach der die Menschen ohne Ausbeutung der Tiere leben müssen.“

Fleischlos zu leben, Vegetarier oder Veganer zu sein, ist nicht einfach. Die Herausforderung kann aber befriedigend sein, weil die für die Lebensführung bestmöglichen Elemente bewusst gewählt werden. Das bedeutet natürlich nicht, dass nur von Pflanzen lebende Menschen perfekt, in ihrem Leben und in all ihren Taten verständlich und attraktiv wären. Die Welt, in der wir leben, ist keine perfekte Welt, unsere Spezies ist es auch nicht. Trotzdem muss man Empathie, Gewaltfreiheit und Mitleid anstreben, auch wenn es nicht möglich ist, jedem einzelnen Lebewesen Gerechtigkeit zuteilwerden zu lassen. Trotzdem kann man ehrenhaft und achtungsvoll leben und sich so zu allen anderen Lebewesen verhalten.

 

 

 

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