Österreichs Reform des Suchtmittelgesetzes von allen Seiten unter Beschuss

Das neue Jahr war keine zwei Wochen alt – und schon wurde die praxisfremde Reform des österreichischen Suchtmittelgesetzes (SMG) in der Luft zerrissen. Während sich die Hanflobby darüber aufregt, dass Cannabis allen wissenschaftlichen Fakten zum Trotz weiterhin mit tödlichen Drogen wie Heroin oder Methamphetamin in einen Topf geworfen wird, klagt auch die andere „Front“ über unerwartete Probleme. Selbst die Wiener Polizei ist mit dem Gesetzes-Hüftschuss äußerst unzufrieden, weil er den Schwarzmarkt begünstigt.

„Es kann nicht sein, dass die österreichische Bundesregierung weiterhin alle wissenschaftlichen Fakten zu einer nebenwirkungsarmen Heilpflanze ignoriert, die bei über 250 Krankheiten erfolgreich eingesetzt wird“, sagte Toni Straka, Vorsitzender des Hanf-Instituts, anlässlich der Gesetzesreform, die seiner Ansicht nach nur kurzen Bestand haben wird.

Aus Sicht des Hanf-Instituts wälzt das Justizministerium mit der SMG-Novelle lediglich Kosten auf den Gesundheitssektor ab und bestimmt damit Amtsärzte als letzte Instanz, um zwischen Therapie oder Strafe zu entscheiden. Wenn jährlich rund 25.000 HanffreundInnen wegen ihrer Entscheidung für ein ungiftiges Heil- und Genussmittel zum Amtsarzt müssten, würden die Kosten dafür laut Straka ins Unermessliche steigen.

Polizei: Neues Gesetz ist nicht durchsetzbar

Auch Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl zeigte sich in einem Interview Mitte Januar 2016 äußerst unzufrieden über diese Reform, weil dadurch de facto der Straßenhandel begünstigt würde.

„Man hat versucht, im Bereich der Gewerbsmäßigkeit die Bestimmungen lockerer zu gestalten. Und das betrifft auch den gewerbsmäßigen Suchtmittelhandel. Leider sind diese neuen Bestimmungen zur Bekämpfung des Straßenhandels meiner Meinung nach weitgehend ungeeignet“, sagte Pürstl der Tageszeitung Kurier.

Vizepolizeipräsident Gerhard Mahrer fügte hinzu, dass die neue unklare Rechtslage auch wieder zu einer stärkeren Vermischung der Hanf- mit der Drogenszene geführt habe: „[Das ist] deutlich [erkennbar]. Und man hat von Heroin und Kokain zusätzlich sehr stark auf Marihuana umgestellt. Das ist eine neue Entwicklung.“

HanfaktivistInnen sind ob der unerwarteten Kritik aus den Reihen der Exekutive optimistisch, dass die österreichische Bundesregierung angesichts der täglich wachsenden Erkenntnisse um die Heilwirkung von Hanf bald mit einer neuen Gesetzesvorlage reagieren müssen wird. „Hanf ist schon lange in der Gesellschaft als Heil- und Genussmittel etabliert. Nur die Bundesregierung hält weiterhin daran fest, dass die Erde eine Scheibe beziehungsweise Cannabis ein Suchtgift ist“, sagte Straka. „Die neue Rekordzahl von über 25.000 Anzeigen wegen Cannabisbesitzes im Jahr 2014 zeigt, dass ein gesundheitliches Problem nicht im Strafrecht geregelt werden kann.“

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