„Niemand möchte sterben, selbst wenn er in den Himmel käme“

Warum ist das Thema Cannabis so aktuell? Und warum herrscht keine Klarheit über die Grundlagen, obwohl der Hanfgebrauch seit mehreren Jahrhunderten vor Christus dokumentiert ist? Vielleicht, weil das Thema genauso interessant ist wie jedes andere und weil es nach einer Phase des Verbots nun in der Anwendungspraxis
zwangsläufig zu alltäglichen Problemen kommt.

 

Zweifellos hängen diese Schwierigkeiten mit den unverständlichen Ängsten zusammen, die entstanden sind, nachdem das Cannabis in etlichen Ländern legalisiert worden war. Beinahe selbstverständlich ist es auch, dass in diesem Zusammenhang dann Menschen auftraten und die Wahrheit ihren eigenen Interessen anpassten, um dann als VerkünderInnen eines vermeintlichen Paradieses auf Erden aufzutreten.

Wir haben beschlossen, der Gesellschaft und der menschlichen Gesundheit zu dienen. Obwohl z. B. das Thema Umweltschutz häufig nur in den Wahlkampfreden von PolitikerInnen zur Sprache kommt, stellen wir doch Fortschritte beim Auffinden von Schadstoffen, die Krebs und andere schwere Krankheiten hervorrufen, fest. Unser Ziel ist es, zu verhindern, dass diese Substanzen uns schaden und Krebs verursachen. Hanf hat ein enormes Potenzial bei vielen Krankheiten, einschließlich Krebs. Unsere Bemühungen zielen darauf ab, Hanf in eine wirksame Form zu bringen, um den Menschen ein längeres und besseres Leben zu ermöglichen. Es ist dabei völlig zweitrangig, ob wir dies zuerst in der Tschechischen Republik oder in einem anderen Land der Welt tun.

Wir hören oft Sätze wie: „… was denn für Heilwirkungen? Man sieht doch, wie die Junkies zugrunde gehen.“ Oder: „… das fehlt noch, dass Hanf in die Schulen kommt!“, „… allen Rastas und KifferInnen sollte man den Hals umdrehen. Sie zersetzen die Moral, das ist die Wahrheit!“ Oder aber auch: „… sieh dir nur die letzten Fälle mit synthetischem Cannabis an, bleib mir weg mit deinem Hanf!“ Klingt das nicht vertraut? Und kommen wir überhaupt ohne solche Schreckensbilder aus?

Aber was ist, wenn Cannabis die letzte Chance für Heilung und ein Weiterleben ist? Dann ist plötzlich nicht mehr von lasterhaftem Kiffen die Rede, sondern man hört Sätze wie: „… Sie wissen nicht zufällig, wie ich an Hanf kommen kann? Geld spielt keine Rolle. Ich brauche nur wirklich guten Stoff. Es geht schließlich um die Gesundheit, und die ist das Wichtigste!“

Es gibt einen schmalen Grat zwischen Gebrauch und Missbrauch, ein Grat, der schmaler noch ist als der zwischen unseren wechselnden Ansichten über das Wetter. Man stelle sich vor, dass sich Menschen an einen wenden, die nicht viel verlangen, die nur wollen, dass man ihnen hilft. Sie sind krank, haben wenig Geld und wollen nur Hoffnung auf Heilung und Leben. Deren Geschichten sind zwar unterschiedlich, aber in erster Linie alle schmerzlich. Den Menschen fällt nicht einmal auf, dass sie das Rauchen von Cannabis gestern vielleicht noch Kiffen genannt haben. Solche Verhaltensweisen beobachtet man auch bei anderen Themen, wie z. B. beim Besitz von Messern oder Luftgewehren, den man vor Kurzem reglementieren wollte, um das Risiko von Terroranschlägen zu verringern, und wer weiß, bei was noch allem.

Diejenigen, die schlichtweg Hilfe suchen, Hanf extrahieren, das Produkt ausprobieren und es in eine genießbare Form bringen wollen, stoßen auf eine Mauer von Hindernissen. Wir können so tun als berühre uns das nicht. Vielleicht nicht heute, aber möglicherweise morgen betrifft es dann plötzlich uns. Gesundheitliche Probleme verändern das Leben von Menschen grundlegend. Das Einzige, was die Kranken interessiert, ist eine zumindest schwache Hoffnung auf Heilung. Niemand möchte sterben, selbst wenn er in den Himmel käme.

Eine Krankengeschichte mit Hanf könnte sich so oder so ähnlich abspielen:

„… Der letzte Test hat unsere Befürchtungen bestätigt. Ihre Krankheit hat sich manifestiert. Sie ist noch im Anfangsstadium, aber wegen der Mengenbegrenzung können Sie Cannabis leider nicht bekommen. Und wenn doch, zahlt Ihre Krankenversicherung nicht. Es wird Sie also eine Menge Geld kosten.“

„Und wenn ich die Samen bekomme und selbst anpflanze? Meine finanziellen Mittel sind begrenzt.“

„Ich empfehle Ihnen nicht, selbst anzubauen. Das ist illegal, das Gesetz erlaubt es nicht.“

„Das ist mir egal, ich riskiere es. Aber sollte ich es jetzt mit Blüten versuchen? Meine letzte Erfahrung auf einer Party, als wir Gras in einem Keks gebacken hatten und mit Bier herunterspülten, endete in einem Fiasko. Gibt es nicht etwas in Kapselform?“

„Nein, das ist leider nicht möglich, Kapseln sind nicht verfügbar. Und wenn Sie die selbst herstellen, ist das nicht legal …“

 

Glaubt ihr immer noch, das kann euch nicht betreffen?

Wir waren erschüttert, als wir einen Mann besucht hatten, dessen Schwester, Mutter von zwei Kindern, unter einer sehr schweren Krankheit litt. Wir wurden nach unserer Meinung gefragt. Die beiden wollten einige Proben testen. Sie hätten praktisch alles getan, um einen hochwirksamen Extrakt zu bekommen. Wir hätten diesen herstellen können, aber wir durften es nicht und konnten daher nicht helfen. Die Kinder wurden zu Waisen. Ein weiterer Fall betraf eine Mutter von sechs Kindern. Sie wollte nichts weiter als mit Würde und ohne Schmerzen auf ihr Ende warten, um ihren Kindern die Möglichkeit zu geben, sich darauf vorzubereiten, dass sie geht. Auch diese Geschichte endete sehr traurig.

Und wir könnten noch viele solche Geschichten erzählen. Sie stammen nicht aus Horrorfilmen, sondern aus dem wahren Leben. Hanf hätte in diesen Fällen zwar nicht helfen können, es geht nur darum, eine letzte Hoffnung zu geben. Glaubt bitte nicht, dass es einfach ist, mit diesen Gefühlen zu leben. Und was sagen die Hanf-InquisitorInnen, die entscheiden, wem sie die Erlaubnis zum Extrahieren geben und wem nicht? Nur um jedem Buchstaben eines seltsamen Gesetzes zu entsprechen? Oder verbirgt sich das sogenannte Drogenproblem, die Prävention und die Parolen vom potenziellen Missbrauch, hinter einer Mauer aus Heuchelei?

Wir wünschen niemandem, dass er in die Lage kommt, um Hilfe bitten zu müssen. Obwohl wir keine Zweifel daran haben, dass die Interessen der Betroffenen über alle Maßen geschützt werden müssen, ist Wasser predigen und Wein trinken heutzutage die übliche Praxis. Derzeit ist die Zahl der Hilfesuchenden, für die wir nichts tun können, kolossal angewachsen. Als wir damit begannen, Hanf mit schwachem Wirkstoffgehalt zu testen, ahnten wir nicht, dass wir eines Tages verschiedene Präparate herstellen würden. Auch nicht, dass wir an Hanf mit einem hohen THC-Gehalt gelangen werden, der zur Heilung verschiedener Krankheiten eingesetzt werden kann. Derzeit sind Pflanzen mit unterschiedlichem CBD- und THC-Gehalt erhältlich. Aber es gibt ein großes Problem: Es ist keine andere Medikation als die teuren getrockneten Pflanzen erhältlich. Auf einem Markt, den es in Wirklichkeit nicht gibt, gibt es eine unglaubliche Einschränkung. Es gibt etliche schwer kranke PatientInnen und es besteht die dringende Notwendigkeit, diesen Zustand zu ändern. Dies schnell realisieren zu können, wäre zu schön.

Obwohl wir gerne offen über das Thema Hanf sprechen und dankbar sind, dass wir offen über unsere Erfahrungen sprechen können, erfüllt auch uns der heutige Stand der Dinge mit Trauer und Hoffnungslosigkeit. Purer Zynismus bereitet uns schlaflose Nächte bei dem ständigen Windmühlenkampf mit den InquisitorInnen. Er ist anstrengend, zeitaufwendig und Geld raubend, manchmal verlieren wir fast die Hoffnung auf Veränderung. Wir haben den Eindruck, dass das Kunstprodukt eines Monsters namens THC zu einer Probe aufs Exempel für den Legalisierungsansatz geworden ist, sei diese teilweise (nur für medizinische Zwecke) oder auch vollständig (einschließlich Freizeitnutzung). In dieser Serie befassen wir uns nicht mit dem Freizeitgebrauch. Unser wichtigstes Thema ist die Verwendung von Hanf für medizinische Zwecke und die nicht befriedigend geklärte Frage verschiedener Präparate auf Hanfbasis, z. B. heilfähige Nahrungsergänzungsmittel. Zweifellos wäre diese Klärung ein wichtiger Präzedenzfall, da wir solche Heileffekte bei anderen Produkten kaum sehen.

Liebe Leserinnen und Leser, mit der zunehmenden Zahl von Hilfesuchenden werden wir versuchen, dieses Thema aus der Perspektive der praktischen Erfahrung und der alltäglichen Praxis anzugehen. Wer glaubt, an manchen Stellen ein Seufzen über den Unsinn bestimmter Maßnahmen zu hören, der irrt sich nicht. So sehen wir wirklich die Welt, aber das bedeutet nicht, dass jede/s sie so sehen muss. Es ist nicht unser Ziel, jemanden anzugreifen, aber es ist wichtig, Dummheiten beim Namen zu nennen. So beispielsweise im Kontext des Vergleichs mit anderen Abhängigkeiten wie Tabak oder Alkohol, wo Cannabis nur ein untergeordnetes Problem in Bezug auf Sucht und Schaden darstellt. [1]

Die mythologische Hydra mit dem Namen „Beschränkung der Verwendung von Hanf als medizinische Substanz“ wird nicht leicht zu besiegen sein, da aus unverständlichen Gründen das Gefühl vorherrscht, alles kontrollieren zu müssen. Genauso, wie man es in der Vergangenheit getan hat, wie es zum Beispiel die kommunistische Ideologie tat: zynisch, kompromisslos und rechtswidrig. Vielleicht spüren die westlichen Länder, die das totalitäre System nicht selbst erlebt haben, das Bedürfnis, damit zu experimentieren. Das Echo der Cannabis-Inquisition von 1961 hören wir, obwohl diese gescheitert ist, noch heute, wenn die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die weltweit als die fachlich führende Behörde gilt, ihre Änderungsempfehlungen der 41. Genfer Konferenz über Drogensucht vom 24.01.2019 in ihrem Brief ECDD41 an die UNO zusammenfasst.

In diesem Dokument steht Folgendes:

Extrakte und Tinkturen: Streichung von Liste I des Einheitlichen Übereinkommens über Suchtstoffe (1961) [2] (https://www.unodc.org/pdf/convention_1961_en.pdf)

Cannabidiolpräparate: In Umsetzung des auf der 40. Tagung der ECDD angenommenen Vorschlags, dass Präparate mit reinem Cannabidiol (CBD) nicht in die Internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung von Betäubungsmitteln aufgenommen werden sollten, sollte der Eintrag für Cannabis und Cannabisharz im Einheitlichen Übereinkommen über Betäubungsmittel (1961) um folgende Fußnote ergänzt werden: „Produkte, die überwiegend Cannabidiol und höchstens 0,2 % Delta-9-Tetrahydrocannabinol enthalten, unterliegen keiner internationalen Kontrolle.“

Es ist nicht zu übersehen, dass führende wissenschaftliche Fachzeitschriften und Bücher wichtige Forschungen über die nachweisbaren Heilwirkungen von Hanf publizieren. Viele von ihnen sind sehr inspirierend und auch in deutscher Sprache erhältlich. [3-5] Es wurde bereits nachgewiesen, dass das Hanfverbot seinen Zweck nicht erfüllt, versagt und sich als unwirksam erwiesen hat. [6-8] Niemand bestreitet, dass das der Ausgangspunkt ist.

In dieser Artikelserie werden wir uns mit regulatorischen Fragen, praktischen Informationen zu Cannabis, Anbau, Wirkstoffextraktion, Analysetechniken und Medizin befassen. (Fortsetzung in der nächsten Ausgabe)

Dipl.-Ing. Tomáš Ocelka, Ph.D.

CEO/E & H Services Inc., Gründer und Betreiber von CannabiLab

Mgr. Darina Ocelková

Geschäftsführerin/CannMedi s.r.o.

 

Literaturangaben:

  1. Lachenmeier, D.W. and Rehm, J.: Comparative risk assessment of alcohol, tobacco, cannabis and other illicit drugs using the margin of exposure approach. (Vergleichende Risikobewertung von Alkohol, Tabak, Cannabis und anderen illegalen Drogen unter Anwendung eines Margin-of-Exposure-Ansatzes.) Sci Rep, 2015. 5: p. 8126.
  2. United Nations: Single Convention on Narcotic Drugs, 1961: As amended by the 1972 Protocol amending the Single Convention on Narcotic Drugs, 1961. (Einheitliches Übereinkommen über Suchtstoffe, 1961: In der Fassung des Protokolls von 1972 zur Änderung des Einheitlichen Übereinkommens über Suchtstoffe, 1961) 1961. 1977: UN.
  3. Blesching, U.: The Cannabis Health Index: Combining the science of medical marijuana with mindfulness techniques to heal 100 chronic symptoms and diseases. (Der Cannabis-Gesundheitsindex: Kombination der Wissenschaft von medizinischem Marihuana mit Achtsamkeitstechniken zur Heilung von 100 chronischen Symptomen und Krankheiten.) 2015: North Atlantic Books.
  4. Michal, M.: Konopí a konopné drogy: adiktologické kompendium (Hanf und Hanfdrogen: addiktologisches Kompendium) 2008: Grada Publishing as.
  5. Kubánek, V.: Konopí a mák: (pěstování, výrobky, legislativa) (Hanf und Mohn: [Anbau, Produkte, Gesetzgebung]) 2009: Tribun EU.
  6. Room, R. et al.: Prohibition of cannabis. (Verbot des Cannabis.) BMJ, 2010. 341(oct06 2): p. c5492-c5492.
  7. Bewley-Taylor, D., Blickman, T. and Jelsma, M.: The rise and decline of cannabis prohibition. The history of cannabis in the UN drug control system and options for reform. (Aufstieg und Niedergang des Cannabisverbots. Die Geschichte von Cannabis im Drogenkontrollsystem der Vereinten Nationen und Reformoptionen.) Amsterdam/Swansea: Global Drug Policy Observatory/Transnational Institute, 2014.
  8. Elrod, M.M.: Cannabis prohibition harms Canada’s youth. (Das Cannabisverbot schadet Kanadas Jugend.) Canadian Medical Association Journal, 2017. 189(29): p. E970-E970.
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