Mit Tabak gemischt

Im Mai veröffentlichte der Global Drug Survey die aktuellen Daten zu den Drogenkonsumgewohnheiten. Wieder stellte sich heraus, wie groß der Unterschied zwischen den KifferInnen in Übersee und denen im alten Europa ist. Während man in Amerika den Stoff auch im Joint pur konsumiert, mischen wir mit Vorliebe Ganja mit Tabak. Die Studie versucht zu klären, warum wir an dieser offensichtlich ungesunden Sitte festhalten.

Eins der bedenklichsten Ergebnisse der globalen Drogenkonsumuntersuchung ist vom medizinischen Standpunkt die Tatsache, dass in Europa der Tabak zum Cannabis gehört wie das Salz zur Suppe. 80 bis 90 Prozent der Deutschen, Österreicher und Schweizer rauchen ihren Joint mit Tabak. An der Spitze stehen mit 93 bis 94 Prozent Italien, Griechenland und Ungarn, überraschend ist jedoch, dass auch 89 Prozent der Holländer den aus den Coffeeshops verdrängten Tabak in ihren Joint mischen. In Europa stehen die Finnen mit 58 Prozent Tabakzugabe im Joint am Ende der Liste, während man in Übersee kein Land findet, wo über 20 Prozent der KonsumentInnen Tabak hinzufügen. Nur 10 Prozent der Argentinier, 9 Prozent der Mexikaner und insgesamt 8 Prozent der Amerikaner folgen dem europäischen Brauch. Woran das wohl liegt?

 

Übernommene Gewohnheit

Die Gewohnheit des Mischens mit Tabak stammt aus Zeiten, als Gras und Haschisch noch zu teuer waren, um es schnell zu konsumieren, daher verlängerte man die Zeit des Konsums eines Joints mit der Zugabe von Tabak. Diese Methode ist beim Konsum in Gruppen praktisch. Man konnte schöne lange oder dicke Joints kreisen lassen, die man stark hustend weitergab. Auch wenn die Schwarzmarktpreise seitdem gesunken sind, lässt sich diese Gewohnheit nicht aus dem allgemeinen Bewusstsein verdrängen. Manche erklären das Mischen auch mit der höheren Potenz: Man rauche nicht das ganze Cannabis in einem Joint auf einmal, dementsprechend stelle sich auch die Wirkung erst nach und nach ein. So logisch das auch klingen mag, bringt diese Methode schwere medizinische Probleme mit sich, und wie man am Beispiel der Amerikaner sieht: vollkommen überflüssigerweise. KifferInnen, die Tabak in ihren Joint drehen, müssen mit allen medizinischen Risiken des Tabakrauchens rechnen. Besonders dann, wenn jemand regelmäßig viel kifft, den Rauch lange tief einhält und vielleicht zusätzlich noch Zigaretten raucht. Ein weiteres Problem zeigt sich dann, wenn man mit dem Kiffen aufhört und mit Nikotinentzugserscheinungen konfrontiert wird, die wiederum die Chancen, das Kiffen sein zu lassen, gefährden, besonders wenn man Tabak zum ersten Mal in einem Joint geraucht hat. Es wäre am besten, wenn endlich in den Köpfen der KonsumentInnen die Kopplung zwischen Marihuana und Tabak sich auflösen würde. Wie aber kann man das erreichen?

Eine mögliche Erklärung

Um die Konsumgewohnheiten zu ändern, muss der Mythos zerstört werden. Noch immer ist das seit Jahrzehnten verbreitete falsche Bild präsent, dass die Beigabe von Tabak das High-Gefühl verstärke. Das University College London (UCL) veröffentlichte in diesem Zusammenhang kürzlich Ergebnisse, die für jene eine schlechte Nachricht darstellen, die ihr Festhalten am Tabak damit begründen, dass der Tabak die euphorische Wirkung erhöht. Forschungsleiterin Chandni Hindocha erklärte, dass ihre Untersuchung die Annahme, dass Cannabis vermischt mit Tabak eine stärkere Wirkung entwickelt, nicht stütze. Sie merkte an, dass sich erstaunlich wenige Untersuchungen damit beschäftigt hätten, wie der gemeinsame Konsum der beiden Stoffe die Bewusstseinsveränderung beeinflusst, und eine Untersuchung mit geringer Teilnehmerzahl werde hier keine abschließende Beurteilung zulassen. An dem Versuch der UCL hatten 24 Personen teilgenommen, die unterschiedliche Joints – pur, mit Tabak oder mit einem Placebo – rauchten. Die ForscherInnen stellten fest, dass der Tabakmix zeitweise den Blutdruck und den Herzschlag erhöhte, was Menschen, die mit Gras entspannen wollen, sich eigentlich selten wünschen. Interessanter jedoch ist die Feststellung innerhalb der Untersuchung der mentalen Wirkung, dass beigegebener Tabak die negativen Wirkungen von Cannabis auf das Kurzzeitgedächtnis verringere. Damit ist zum Teil bestätigt, dass es vorteilhaft sein kann, wenn KifferInnen Cannabis nicht pur konsumieren. Gleichwohl seien zur Erforschung des Wirkmechanismus weitere Untersuchungen nötig. Es ist aber fraglich, ob dieser Effekt Kreislaufstörungen und das erhöhte Risiko von Krebserkrankungen rechtfertigt. Die Antwort möge sich jede/r selbst geben.

Von der Legalisierung lernen!

Obwohl die europäischen Länder dafür bisher noch nicht offen sind, zeigt die Legalisierung positive Prozesse hinsichtlich des Konsums. Sicher ist, dass in den USA weniger geraucht wird als in Europa. Dort zeigt sich auch, dass nach der Legalisierung immer mehr Menschen alternative, medizinisch weniger riskante Konsummethoden bevorzugen – wie das Vaporisieren oder den Genuss in Lebensmitteln. In Europa könnten in langjähriger Arbeit ähnliche Ergebnisse erreicht werden, wenn man der Schadensminimierung größeres Gewicht bei der Einschätzung der Risiken des Cannabiskonsums beimessen würde und Alternativen zum Mischen mit Tabak propagierte. Jede Regierung hat die Aufgabe, die Gesundheit der BürgerInnen zu schützen. Es wäre ausgesprochen wichtig, die GraskonsumentInnen mit Kampagnen zu informieren. Dazu muss man nicht einmal legalisieren!

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