Mambo Number One

Belgiens zweiter Cannabis Club schafft einen Präzedenzfall

Das niederländische Wietpas-Gesetz, das den Besuch im Coffeeshop an eine Registrierung koppelte und ausschloss, dass Ausländer bedient wurden, scheiterte innerhalb kürzester Zeit und kann trotzdem ein bedeutendes Resultat vorweisen: Es rief den zweiten belgischen Cannabis Social Club, den Mambo CSC, ins Leben! Den Weg bis zur Eröffnung des Clubs schilderte uns sein Gründer Michel Degens, auf dem Cannafest in Prag. Danach bekam er auch Besuch von den Behörden.

 

Degens wuchs unweit der niederländischen Grenze auf, nur einen Steinwurf von Maastricht entfernt, im belgischen Hasselt. 1992 probierte er zum ersten Mal Marihuana, zwei Jahre später baute er es für sich selbst an, und heute, im Alter von 38 Jahren, entspannt er sich genauso gern mit ein bisschen Ganja wie vor 20 Jahren. Wegen der Grenznähe fuhr Degens regelmäßig nach Maastricht zum Einkaufen, wo es ihm so gefiel, dass er anfing, am Tresen des Coffeeshops Heaven 69 zu arbeiten. Degens denkt gern an die dort verbrachten fünf Jahre zurück. Der Wietpas bereitete dieser Zeit 2012 ein jähes Ende. Nach dem Gesetz, das in erster Linie den Drogentourismus unterbinden sollte, durften Belgier die Shops nicht mehr betreten. Es half nichts, dass er dort fünf Jahre gearbeitet und dem niederländischen Staat Steuern gezahlt hatte. Degens verlor seinen Arbeitsplatz und mit seinem Wegzug auch seine Freunde. Damals entstand der erste belgische CSC: Trekt Uw Plant in Antwerpen (siehe unseren Artikel in der Augustausgabe des Medijuana Magazins 2013/5 – Der Red.). Hier betreiben Züchter den Anbau gemeinschaftlich, da das belgische Gesetz jedem Einwohner lediglich die Aufzucht einer Pflanze gestattet. Dem Club trat auch Degens bei, und als er mit wenig Aufwand seine Lieblingssorte Amnesia Haze – organisch und in besserer Qualität als seinerzeit in Holland – erntete, gewann er den Glauben an Belgien wieder. Da aber sein Heimatort 60 km von Antwerpen entfernt liegt, dachte er darüber nach, wie er einen ähnlichen CSC in Hasselt aufziehen könnte. Bei der Planung unterstützte ihn die geeignetste Person: Joep Oomen, Koordinator der Europäischen Vereinigung für eine gerechte und effektive Drogenpolitik (ENCOD), der nebenbei auch Trekt Uw Plant betreibt.

 

Start-up & House Rules

Der Club wurde mit tatkräftiger Hilfe des engsten Familienkreises errichtet. Degens Mutter und seine Freundin halfen, sein Hund und gleichzeitig bester Freund Mambo gab den Namen. Bei der Wahl des Ortes war der wichtigste Aspekt, nicht als Hippie-Club am Rande der Legalität oder – noch weniger –, als kriminell zu erscheinen. Daher richtete man die Clubräume in einem Bürohaus ein. Zu der Zeit, als Degens im November letzten Jahres seinen Vortrag auf dem Cannafest hielt, hatte der Mambo CSC nur wenige Mitglieder. Daher arbeiteten alle freiwillig im Club, aber Degens vertraute darauf, dass sich das mit der Zeit ändern würde. Anfang Januar konnte der Club, nach einem erfolgreichen Auftritt in den Medien, schon über 88 Mitglieder und 200 Anwärter auf der Warteliste verbuchen. Die Mitglieder der Züchtergenossenschaft müssen auch finanziell zum Betrieb das Mambo CSC beitragen. Der Jahresbeitrag beträgt 25 Euro, außerdem zahlen die Mitglieder weitere 7 Euro für jedes geerntete Gramm Ganja, um die Arbeit der Züchter und die administrativen Ausgaben für das Unternehmen zu bestreiten. Der Club verfügt über mehrere Grow-Räume, die – Degens Bericht zufolge – zwischen neun und 35 Pflanzen beherbergten.

Wie bereits erwähnt, schreibt das belgische Gesetz vor, dass jede Person jeweils nur eine Pflanze anbauen darf. Damit eröffnen sich zwei Möglichkeiten: Die erste besteht darin, dass die Mitglieder des CSC einzeln ihre eigenen Pflanzen aufziehen und ernten. Der Vorzug dieser Lösung besteht darin, dass jedes Mitglied seine Lieblingssorte auswählen kann. Der Nachteil ist allerdings, dass man zwei bis drei Monate bis zur Ernte warten muss, und wenn diese dann nicht ideal ausfällt, kann man gezwungen sein, bis zur nächsten auszuharren. Aus diesem Grund wird meistens die zweite Möglichkeit gewählt, bei der mehrere Personen eine Pflanze besitzen, von der ihnen natürlich nur ein Teil des Ertrags zusteht. Mit dieser Methode lässt sich das monatelange Warten überbrücken. Das belgische Gesetz stellt aber noch eine zweite Bedingung: Jede Person darf maximal nur drei Gramm Marihuana legal besitzen. Es stellt sich also die Frage, was der Gärtner mit den bis zu 100 Gramm geernteten Ganja macht. Die Lösung bietet die wortwörtliche Auslegung des Gesetzes: Die CIubmitglieder bekommen getrennt verpackt Blätter, Stängel und Wurzeln der Pflanze. So können sie dem Polizisten auf dem Nachhauseweg mutig gegenübertreten und sagen, dass sie keine 80 Gramm Gras, sondern eine ganze Pflanze bei sich tragen. Sicher, in ihre Bestandteile zerlegt, aber das schließt das Gesetz nicht aus: Es darf maximal eine Pflanze sein, aber sie muss nicht in einem Stück sein. Im Gegensatz zu den Kunden von Dealern können die Clubmitglieder beweisen, woher das bei ihnen gefundene Cannabis stammt. Daher kann die Polizei keine Hoffnung hegen, über sie einer kriminellen Vereinigung auf die Spur zu kommen. In den ersten zwei Jahren des Clubs gab es keinerlei Strafverfahren, weder gegen den Mambo CSC, noch gegen seine Mitglieder. Degens führt dies auf die Einsicht der Polizei zurück, dass die Clubmitglieder nicht auf Profit aus sind, sondern im engen Rahmen des Gesetzes anstreben, für sich eine kleine, aber feine Menge Cannabis zu produzieren. Aber Wunder dauern keine drei Jahre …

 

Ungebetene Gäste

Das Vertrauen in die Behörden zerbrach in der Woche vor Weihnachten, als die Polizei eine Aktion gegen den Mambo Club durchführte. In diesem Zusammenhang suchten wir Degens auf, der uns erzählte, dass die Polizei ihn just in dem Moment antraf, als er gerade die Ernte unter den Mitgliedern aufgeteilt hatte. Bei der Personenüberprüfung kamen 1.100 Gramm Marihuana in 60 verschiedenen Beutelchen zum Vorschein. Die Polizei beschlagnahmte den Fund und entdeckte bei Degens im Verlauf der Hausdurchsuchung 27 Pflanzen. Diese gehörten den Mitgliedern des Mambo CSC und Degens konnte über jede einzelne eine Dokumentation vorlegen sowie Therapierezepte und ärztliche Empfehlungen. Die Polizisten handelten auf Anweisung von höherer Stelle und verhielten sich bei der Hausdurchsuchung sehr freundlich. Nichtsdestotrotz gelangt der Fall vor Gericht. Eine konkrete Anklage ist noch nicht verfasst und Degens schließt nicht aus, dass der Fall sich hinziehen wird, weil in Belgien dieses Jahr gewählt wird. Zudem schwinden seine Aussichten weiter, wenn die Rechten gewinnen sollten. Den positiven Effekt des Falles sieht Degens darin, dass nun zum ersten Mal ein Präzedenzurteil gefällt würde, da die Polizei nicht nur das Marihuana, sondern auch die Stammbäume und die Dokumentationen beschlagnahmt hätte. Negativ ist jedoch unter anderem, dass die Ersparnisse des Clubs für die Strafverteidigung aufgewendet werden müssen. Obwohl keine Schließung geplant ist, muss der Betrieb wegen des Ausfalls und des Verfahrens sehr wahrscheinlich unterbrochen werden. Der Gründer des Clubs ist keineswegs pessimistisch und schließt nicht aus, dass die Polizei seine Argumente akzeptiert und die beschlagnahmten Güter zurückgibt. Trekt Uw Plant und Joep Oomen unterstützen ihn in jeder Hinsicht. Sie bereiten sich gemeinsam auf den Prozess vor und vertrauen auf einen guten Ausgang. Den Lesern von CK lässt er folgende Nachricht zukommen: “Wenn Ihr Cannabis konsumiert, dann geht mit gutem Beispiel voran und zeigt, dass man Marihuana verantwortungsvoll benutzen kann. Wenn wir denjenigen, die Cannabis nicht kennen, zeigen können, dass es keinen Grund gibt, es abzulehnen, und wenn verantwortungsvolle Menschen vom Graskonsum berichten, werden sich die Dinge schnell ändern.”

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