Koalition der Cannabispatienten

Die Lehren der Prager Gesundheitskonferenz

Koalition der Cannabispatienten

Vom 4. bis 7. März fand in Prag die internationale Medical Cannabis Conference statt. Zu der Veranstaltung kamen Ärzte, Apotheker, Aktivisten und Patienten aus zahlreichen Ländern und aus unterschiedlichen Fachrichtungen. Im Verlauf der Konferenz wurde die International Medical Cannabis Patients Coalition (IMCPC) gegründet.

Die große Bedeutung der dreitägigen Zusammenkunft, wurde nicht zuletzt dadurch unterstrichen, dass sie vom tschechischen Gesundheitsminister und der Global Commission on Drug Policy (GCODP) eröffnet wurde. Es waren Vorträge von hohem Niveau zu hören, wobei die Vortragsthemen in der Hauptsache Spezialgebiete der Therapie im Fokus hatten, unter anderem Krebs und Tumore, Dermatologie und psychische Anomalien wie Posttraumatischer Stress (PTSD) und Psychosen. Aus drogenreformerischer Sicht war es großartig zu sehen, dass so viele Fachleute die medizinische Anwendung des Cannabis unterstützen, dass sie wissenschaftliche Beweise für die Wirksamkeit bei vielen Krankheiten vorlegen und unterdessen auch die Notwendigkeit politischer Veränderungen kundtun. Drei Tage nach der Konferenz sprachen wir mit zwei französischen Aktivisten, die an der Organisation der Konferenz beteiligt waren. Farid Ghehiouèche ist einer der Gründer von Cannabis Sans Frontières, Kenzi Riboulet ist Mitglied von Chanvre et Libertés.

Gesundheitskonferenz - PragueMedijuana: Vor drei Tagen ging die Medical Cannabis Conference zu Ende. Nun sind wir in Wien auf der alljährlichen Sitzung des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung. Welche Eindrücke habt ihr von den beiden Ereignissen?

Farid Ghehiouèche: Im Zusammenhang mit Prag meine ich, dass es die erste internationale Cannabiskonferenz war, die dem Publikum vollkommen offenstand. Früher hatten wir die Vorträge einiger anerkannter Wissenschaftler, Forscher und Patienten, jetzt aber bereiten wir das Terrain vor, um die Ergebnisse auf dem Gebiet der Wissenschaft auch dem Durchschnittsbürger zugänglich zu machen. Die Datenerfassungen und Forschungsarbeiten dauern schon seit zwanzig Jahren an und es erscheinen Berichte und Studien, sodass wir über ein immer größeres Wissen zum medizinischen Potenzial des Cannabis verfügen. Die Vortragenden kamen durch ihre Forschungen zu einem gänzlich anderen Bild von Cannabis als dem, welches in vielen Ländern vorherrscht, sehr negativ ist und zum größten Teil der UNO zu verdanken ist. Auf der einen Seite verfügen Millionen von Menschen über persönliche Erfahrungen mit der medizinischen Anwendung von Cannabis und immer mehr Forscher sind auf diesem Gebiet tätig – in erster Linie in der Onkologie, in der Behandlung von Psychosen und PTSD, sowie in der Therapie vieler Infektionen, zum Beispiel HIV und Hepatitis C. Unterdessen bezeugt auf der anderen Seite die politische Welt eine sehr negative Haltung zum Cannabis.

MED: Da es sich nun um die erste Konferenz dieser Art handelt, meinst du, dass wir Zeugen einer entsprechenden Orientierung der Politik hin zum Cannabis werden?

FG: Hier in Wien sieht man, wie weit wir von diesem Denken noch entfernt sind. Was aber auf jeden Fall positiv ist und mich mit Optimismus erfüllt, ist die Tatsache, dass die auf der Prager Konferenz versammelten Patienten, Vereinigungen und zivilen Organisationen ein neues, globales Netz mit dem Namen Medical Cannabis Coalition schaffen. Während der drei Tage der Konferenz hatten wir mehrere Treffen, auf denen wir die Deklaration erstellten, die die erste Verlautbarung dieser Patientengruppe sein wird.

MED: … und der Ausgangspunkt weiterer Aktivitäten?

FG: Stimmt. Wir hatten beschlossen, vor der Sitzung in Wien an der Prager Konferenz teilzunehmen, damit wir ihre Botschaft überbringen können. In Prag war auch klar, dass im offiziellen Programm der UNO-Sitzung auch Patienten über die medizinische Anwendung des Cannabis berichten werden. (Einer von ihnen war der Gründer des Wiener Hanf Instituts und unser ständiger Autor Toni Straka – Der Hrsg.) Letztes Jahr fand eine kleine Sektion die Aufmerksamkeit der österreichischen Regierung. Ein Sprecher war der österreichische Arzt Eberhard Pirich, der auch jetzt an der Prager Konferenz teilnahm. Damals auf der Wiener UNO-Sitzung hörten wir den ersten schönen Vortrag darüber, wie Cannabis bei Schmerzen und bei weiteren medizinischen Problemen hilft. Ich erinnere mich an die Eröffnungsrede des UNO-Beauftragten Gilberto Gerra, der sagte, dass wir mit der Analyse der medizinischen Eigenschaften des Cannabis eine grüne Schatztruhe öffnen würden. Ich denke, diese Worte gehen in eine uns angenehme Richtung.

Rundtischgesprach - medizinisches Cannabis

Kenzi Riboulet: Ziel der Koalition ist der sichere und legale Zugang zu medizinischem Cannabis für die Betroffenen weltweit. Eine Liste von Erkrankungen, bei denen sich Cannabis als wirksam erwiesen hat, haben die Ärzte der International Association for Cannabis Medicines (IACM) erstellt. Man sieht also, dass es schon eine internationale Ärzteorganisation gibt, die mit medizinischem Cannabis forscht oder Forschungen unterstütz. Und nun meldete sich die zweite, komplementäre Seite zu Wort, die Patienten.

MED: Ich nehme an, dass ihr eine enge Zusammenarbeit mit der Vereinigung anstrebt.

KR: Ja, natürlich. Der französische Ableger der IAMC beispielsweise, die UFCM (L’Union Francophone pour les Cannabinoïdes en Médecine), ist eine der Gründungsorganisationen der IMPC, so kamen wir von Anfang an in den Genuss ihrer Unterstützung. Die Koalition entstand auf der Prager Konferenz, die unter der Schirmherrschaft des tschechischen Gesundheitsministers veranstaltet wurde, was auf einen stärkeren Kontakt zwischen Ärzten und Cannabispatienten schließen lässt. Unter anderem ist es unser Ziel, die UN-Vereinbarung zu ändern und den Patienten zu helfen, in den verschiedenen Ländern Selbsthilfeorganisationen zu gründen.

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