Kämpfer für die gute Sache

Patrick leidet seit seiner Kindheit an schweren Erkrankungen.

Dennoch setzt er sich für die gute Sache ein und lässt sich nicht unterkriegen, auch nicht von der Krankenkasse. Er erzählt uns von seiner Krankheit und seinem Kampf gegen Windmühlen.

 

Medijuana: Erzähl uns doch bitte erstmal etwas über dein Krankheitsbild und wie es sich auswirkt.

Patrick G.: Ich leide seit Geburt an einer chronischen Niereninsuffizienz. Dadurch sind mehrere Erkrankungen entstanden. Schwerhörigkeit und grauer Star beidseitig, Morbus Perthes, chronische Übelkeit und Erbrechen, Magen-Darm-Probleme, Bluthochdruck und zusätzlich Knorpel- und Knochenabbau, deswegen bin ich auch Schmerzpatient. Zurzeit nehme ich 23 Tabletten täglich, die natürlich alle mit Nebenwirkungen verbunden sind. Wegen der Tabletten leide ich sehr oft an Durchfall, Depressionen und Schlafstörungen. Das Einzige, was mir bis jetzt gegen die Nebenwirkungen der Medikamente und der Krankheit wirklich geholfen hat, ist Cannabis!

MED: Also begleiten dich Schmerzen schon beinahe dein ganzes Leben. Wie bist du dann zu Cannabinoiden als Medizin gekommen?

PG: Ja, so ziemlich, eigentlich schon seit dem Volksschulalter. Auf Cannabis als Medizin bin ich schon in sehr jungen Jahren gestoßen. Ich wurde mit 13 Jahren das erste Mal nierentransplantiert und hatte leider in den ersten zwei Jahren eine Abstoßung nach der anderen. Sieben, um genau zu sein. Damals wurde ich auch mehrmals biopsiert. Ein Kollege hatte Mitleid mit mir und wollte mir helfen. Er empfahl mir, Cannabis zu probieren, da es ein super Heilmittel sei. Natürlich habe ich mich erst belesen, um Genaueres über diese Pflanze zu erfahren. Ich war damals 15 Jahre alt und wollte eigentlich nichts mit Drogen zu tun haben. Erst Wochen nach seinem Angebot, als ich schon kurz vor der Dialyse stand und schon einen OP-Termin für einen neuen Shunt vereinbart hatte, probierte ich das erste Mal Cannabis aus. Ich weiß, dass man sich das jetzt nicht wirklich vorstellen kann, wenn man selber noch nicht in dieser Situation war – mir war das erste Mal in meinem Leben nicht mehr übel und ich fühlte mich nicht mehr so vergiftet wie jemals zuvor. Ich fühlte mich zum ersten Mal pudelwohl, das Übelkeitsgefühl und der flaue Magen waren wie weggeblasen. Es fühlte sich an, als ob mir ein Stein vom Herzen viel und eine große Last endlich weg war. Ich bekam natürlich gleich darauf einen ordentlichen Hunger. Zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich verschiedene Sachen essen und musste mich nicht übergeben.

Eine Woche nach meinem ersten Cannabiskonsum hatte ich noch eine Blutabnahme vor der OP. Mein Kreatinin-Wert war erstmals von normal 2,8 auf 1,9 heruntergegangen. Meine damaligen Ärzte in München wollten wissen, was ich anders gemacht hatte. Als ich ihnen sagte, dass ich angefangen hätte, Cannabis zu konsumieren, waren sie geschockt! Obwohl sie sahen, dass es mir und auch meiner Niere besserging, wollte niemand mit mir darüber reden.

Die Niere hatte ich dann insgesamt über zehn Jahre, obwohl sie mir damit nur um die drei Jahre prophezeit hatten. Erst als ich aufgehörte, Cannabis zu konsumieren, wurde meine Niere abgestoßen.

Als ich meine zweite Niere bekam, wollte sie erst nicht arbeiten. Zwei Wochen nach der Transplantation und ohne Leistung der neuen Niere rauchte ich im Krankenhaus einen Joint und legte mich schlafen. Als ich nach ungefähr zwei Stunden aufwachte, sprang meine Niere plötzlich an! Ich bin mir sicher, dass sie nur dank des Joints zu arbeiten begonnen hat! Leider gibt es noch keine validen Studien hierzu. Daher wird das alles als Zufall deklariert.

MED: Wie nimmst du medizinisches Cannabis zu dir? In Form von Dronabinol – inhaliert oder oral? Nimmst du noch zusätzlich CBD?

PG: 2009 habe ich das Medikament Dronabinol bekommen. Ich fing mit den 5-mg-Kapseln an. Da mein Magen diese nicht so gut vertrug, wurde mir die ölige Lösung empfohlen. Leider wurde mir von denen genauso übel. Ich vertrage das Trägerfett nicht so gut. Darum wurde ich dann auf die alkoholische Dronabinol-Lösung mit 5 Prozent Wirkstoff umgestellt. Diese Lösung ist zur Vaporisation geeignet und auch die Bioverfügbarkeit ist hier für den Körper besser.

MED: Wie gestaltete sich die Verschreibung und die Übernahme durch die Krankenkassen – welche Probleme hast du da momentan? Wird das Dronabinol mittlerweile übernommen?

PG: Also bis Juli 2017 habe ich mein Dronabinol vaporisiert und es wurde auch von SGKK übernommen. Leider wird es mir zurzeit nicht mehr bezahlt. Ich habe mir immer einmal pro Woche ein Gramm der Dronabinol-Reinsubstanz in der alkoholischen Lösung aus der Apotheke geholt, also insgesamt vier Gramm pro Monat. Als es mir zu anstrengend wurde, jede Woche zum Hausarzt zu gehen – auch, weil ich immunsuppressiert bin, also leichter krank werde –, wollte ich mir zwei Gramm alle zwei Wochen holen. Die SGKK lehnte plötzlich ab und behauptete, dass sich mein Konsum verdoppelt habe und ich daher suchtkrank sei. Obwohl sich meine Monatsdosis oder Tagesdosis ja nicht geändert hätte. Es wären nur für mich weniger Arztbesuche vonnöten gewesen.

Ich wurde sogar vom Chefarzt der SGKK zum Chef der Drogenklinik in Salzburg geschickt. Dieser meinte, wenn der Chefarzt sage, dass hier eine Indikation gegeben sei, würde ich es auch wieder bezahlt bekommen. Es wurden aber weder mein Attest noch die Schreiben von meinen anderen Ärzten akzeptiert.

MED: Wie gehst du jetzt weiter vor gegen die Ablehnung?

PG: Ich habe schon Klage eingereicht, aber der Termin wurde schon mehrmals verschoben. Aktuell soll ein Gutachten fehlen und der Prozess kann sich daher noch um weitere Monate verschieben.

MED: Du hast da also schon viel mitgemacht, aber lässt dich nicht unterkriegen. Wir werden gerne über den Ausgang der Verhandlung berichten. Welche Möglichkeiten gibt es bei einer Ablehnung durch die Krankenkassen – nur den Weg zum Gericht?

PG: Leider gibt es in Österreich nur den Weg zum Arbeits- und Sozialgericht. Was natürlich ewig dauert, mit Kosten verbunden ist und für beide Parteien sehr nervenaufreibend ist. Natürlich kommt es auch in Österreich darauf an, in welchem Bundesland man sich befindet. Ich hoffe, dass es diese Probleme nach der Fusion der Gebietskrankenkassen nicht mehr geben wird.

MED: Du hast ja schon Erfahrungen mit Cannabisblüten als Medizin – wäre das eine Alternative für dich? Auch im Hinblick darauf, dass diese viel günstiger wären?

PG: Abgesehen davon, dass es viel günstiger wäre, würde es auch den Patienten mehr helfen, da alle Cannabinoide und das volle Spektrum der Pflanze nutzbar wären. Auch die Terpene wären hier interessant, da ihnen auch eine therapeutische Wirkung nachgesagt wird.

MED: Bist du der Meinung, dass Ärzte in Österreich sich mittlerweile mit der Thematik befassen?

PG: Ja, Gott sei Dank, mittlerweile! Leider sind es noch zu wenige Ärzte, die sich wirklich damit beschäftigen, aber die Zahl nimmt definitiv zu. Wir bräuchten mehr Ärzte wie Dr. Kurt Blaas in Wien! Er kann sich ja nicht um ganz Österreich alleine kümmern! Ich würde mir wünschen, dass sich mehr Ärzte mit diesem wichtigen Thema beschäftigen.

MED: Du engagierst dich auch für PatientInnen und deren Anliegen, kannst du uns etwas darüber erzählen?

PG: So gut es mir selber möglich ist, helfe ich. Ich bin seit 2011 im Vorstand bei der CAM und LEGALIZE Österreich. Die CAM setzt sich schon seit den Neunzigerjahren für Cannabismedizin in Österreich ein. Einmal im Monat haben wir unsere Patiententreffen in Wien, die ich selber auch schon jahrelang geleitet habe. Wir klären die Patienten und Interessierte über Cannabinoide, deren Wirkung und Einsatzbereiche auf. Auch Infos zu legal erhältlichen Präparaten wie z. B. Dronabinol, Sativex usw. gibt es bei uns. Wir schauen auch, dass Cannabismedizin immer wieder in den Medien zu hören, zu lesen oder zu sehen ist, damit auch nicht direkt Betroffene wissen, was diese Wunderpflanze alles kann. Auf unserer Homepage www.cannabismedizin.at findet man mehr Infos über unsere Arbeit.

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