Innerhalb eines Jahres 100.000 neue Patienten in der EU

In der Hälfte aller EU-Länder kann medizinisches Cannabis verschrieben werden

Im Jahr 2022 hat die Zahl der in der Europäischen Union ausgestellten Rezepte für medizinisches Cannabis einen immensen Sprung gemacht, doch ist in diesem Jahr eine noch größere Zunahme zu erwarten – das geht aus dem neuesten Bericht von Prohibition Partners hervor.

Die dritte Ausgabe von „The Global Cannabis Report“ ist Ende 2022 erschienen und berichtet von einer bedeutenden Entwicklung in Europa. Die wichtigsten Feststellungen der Studie im Zusammenhang mit der Verbreitung von medizinischem Cannabis sind folgende:

Die meisten Europäer:innen leben derzeit in einem Staat, in dem irgendeine Form des medizinischen Cannabis legal zugänglich ist. Das bedeutet natürlich nicht, dass die Patient:innen in jedem begründeten Fall an die für sie wünschenswerte Form des Cannabis gelangen, doch zeigt es deutlich, dass zunehmend akzeptiert wird, dass für viele diese Therapie die effektivste Hilfe bietet.

Innerhalb eines Jahres ist die Zahl der mit medizinischem Cannabis behandelten Personen in der EU von 243.000 auf 342.000 angestiegen. Das bedeutet einen ganz unglaublichen Anstieg von über 70 % allein 2022! Expert:innen gehen davon aus, dass die Zahl der Patient:innen Ende 2023 bereits eine halbe Million erreichen könnte, was einen erneuten Zuwachs von 70 % bedeuten würde.

Die Liste wird weiterhin von Deutschland mit über 170.000 Patient:innen angeführt, doch endlich nimmt auch das viel kritisierte britische Programm Formen an. Der größte zahlenmäßige Sprung steht mit dem Vereinigten Königreich in Zusammenhang – das in der Studie zusammen mit dem EU-Markt betrachtet wurde –, wo die Zahl der Personen, die an einer Therapie mit medizinischem Cannabis teilnehmen, innerhalb eines Jahres von 13.000 auf 32.000 angestiegen ist.

Dem Bericht zufolge wird der europäische Markt dank der neuen Genehmigungen und dem Fortschreiten der bereits existierenden Programme in den folgenden fünf Jahren erwartungsgemäß ein Wachstum von über 500 % verzeichnen können. Unter den neuen Ländern sollte Spanien hervorgehoben werden, wo medizinisches Cannabis in Kürze legalisiert wird. Das Land mit einer Bevölkerung von 50 Millionen Menschen wird die Zahl der Cannabis-Patient:innen in der EU binnen wenigen Jahren um weitere Hunderttausende erhöhen.

Welche Größe kann der Markt für medizinisches Cannabis in Europa erreichen?

Der Umstand, dass Deutschland als derzeit größter Markt für medizinisches Cannabis in der EU 170.000 Patienten zählt, der Zweitplatzierte, das Vereinigte Königreich, hingegen nur etwa ein Fünftel dessen, sagt viel aus. Es signalisiert einerseits, dass es in den Ländern, die über ein Programm für medizinisches Cannabis verfügen, noch reichlich ausschöpfbare Patient:innengruppen gibt, andererseits stellt sich dadurch die Frage, in welcher Form eine Ausweitung dieser Programme möglich ist? Wann kann man sagen, dass jetzt bereits jede:r darauf angewiesene EU-Bürger:in eine begründete Behandlung mit medizinischem Cannabis bekommt?

Nehmen wir einmal eine bei Weitem nicht wissenschaftliche, doch als Ausgangspunkt vielleicht annehmbare Kalkulation. In Australien wurde medizinisches Cannabis 2016 bei bestimmten Erkrankungen genehmigt. Nach einer Erhebung des Australian Institute of Health and Welfare haben 2,7 % der australischen Bevölkerung im Jahr 2019 Cannabis zu medizinischen Zwecken verwendet. Es ist anzunehmen, dass das Programm für medizinisches Cannabis innerhalb von vier Jahren noch immer nicht alle darauf angewiesene Personen erreicht hat, dieser Anteil also noch steigen wird. Wenn wir davon ausgehen, dass sich der allgemeine Gesundheitszustand der Australier:innen nicht radikal von jenem der europäischen Bevölkerung unterscheidet, dann ist damit zu rechnen, dass also mindestens 2,7 % der EU-Bevölkerung auf medizinisches Cannabis angewiesen ist. Das sind 1,2 Millionen Menschen, wenn man Großbritannien nicht einbezieht. Das heißt, wenn in der gesamten Europäischen Union innerhalb von fünf Jahren Programme auf dem Niveau Australiens durchgeführt würden, dann könnte nicht eine halbe Million darauf angewiesene Patient:innen, sondern mehr als eine Million an medizinisches Cannabis gelangen!

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