Hoffnung auf eine Autismusbehandlung

Das Shaare Zedek Medical Center in Jerusalem testet Cannabis an 120 Menschen zwischen vier und 30 Jahren mit leichtem und mittelschwerem Autismus. Die erste Studie dieser Art untersucht, ob verschiedene Symptome des Autismus mit medizinischem Cannabis behandelt werden können. Angehörige autistischer Kinder behaupten schon lange, dass Cannabis helfe, die Kinder zu beruhigen, sie daher weniger Stress erlebten und sich die Gefahr verringere, dass sie sich selbst Schaden zufügen. Nach einigen Voruntersuchungen beginnt Shaare Zedek nun die weltweit erste Untersuchung mit Tropfen und Placebos. Die verabreichte Cannabissorte enthält keine psychoaktiven Stoffe, dafür aber Cannabidiol (CBD) in großer Menge.

Nach den Normen für klinische Untersuchungen werden die TeilnehmerInnen in zwei Gruppen eingeteilt: die Untersuchungsgruppe, die tatsächlich Cannabis bekommt, und die Kontrollgruppe, die ein Placebo erhält. Nach der Testperiode, in der die Wirkung auf die PatientInnen dokumentiert wird, unterbricht man die Behandlung für einen Monat, dann wechseln die Gruppen – die Untersuchungsgruppe wird Kontrollgruppe und umgekehrt. Zu diesen Untersuchungen gehört, dass weder die Testpersonen noch ihre Familien erfahren, ob der Kranke CBD oder ein Placebo bekommt. Die Studie konzentriert sich ausdrücklich auf bestimmte Segmente der Verhaltenssymptome, die für bestimmte autistische Personen charakteristisch sind, einbegriffen physische Aggression gegen sich selbst und andere, die von einer akuten Angststörung begleitet werden kann.

Cannabis hat in den vergangenen Jahren Einzug in die Psychiatrie gehalten, unter anderem in die Behandlung des posttraumatischen Stresssyndroms. Im März 2014 wurde Cannabis für die Behandlung von Epilepsie zugelassen, auch bei Kindern, denen die Krankheit schwere Schäden zufügt und bei denen keine anderen Medikamente wirken. Epilepsie ist bei AutistInnen außerordentlich häufig – mehr als 30 Prozent von ihnen leiden darunter. Auf die positiven Wirkungen des Cannabis wurde man bei der Behandlung von epileptischen AutistInnen aufmerksam. Ein Teil der sporadischen Belege solcher Fälle stammen von der Firma Tikun Plam, die in Israel medizinisches Cannabis anbaut und eine Gruppe von zehn autistischen Personen zwischen acht und 22 Jahren mit Öl versorgt. Nach Ansicht der Kinderpflegerin Naama Saban beruhige eine Gabe von CBD-Öl dreimal täglich die PatientInnen sehr und mache sie weniger aggressiv. „Es ist nicht so, dass sie benommen wären, denn das Öl enthält keine psychoaktiven Komponenten“, sagt Saban. „Die Eltern sagen, dass sich ihre Lebensqualität vollkommen verändert habe. Zum ersten Mal ist es möglich, dass die kleinen Kinder ihre Freunde einladen und das ältere Kind nicht wild wird.“ Und: „Die Wartelisten sind voll“, sagt der Untersuchungsleiter Dr. Adi Eran, der beim Gesundheitsministerium die Genehmigung für diese Therapie erhalten hat. „Sehr viele Familien aus allen Teilen Israels möchten teilnehmen. Sie haben von Freunden und anderen Familien erfahren, dass es helfen könnte, deswegen hegen sie Hoffnungen.“

Auch in anderen Ländern machte man die Erfahrung, dass sich die Symptome autistischer Kinder durch die Gabe von Cannabis verbesserten. Trotzdem betonen israelische ÄrztInnen, dass die Pflanze kein „Wundermittel“ sei und bei der Krankheit nur Linderung verschaffen könne. „Das erklären wir allen Eltern, und auch, dass die Kinder Autisten bleiben werden“, sagt Aran. Die Tatsache, dass Israel relativ tolerant mit Cannabis umgeht, half den Fachleuten in der Klinik. In Israel unterhält das Gesundheitsministerium eine eigene Abteilung für medizinisches Cannabis und initiiert klinische Untersuchungen mit medizinischem Cannabis bei einer breiten Skala von Krankheiten. Das medizinische Cannabis wird experimentell getestet bei Fällen von Autismus, weiterhin bei der Behandlung von Schlaflosigkeit, dem Tourettesyndrom, Parkinson und anderen Krankheiten. Heute gibt es bereits 27.000 PatientInnen in Israel, die mit medizinischem Cannabis behandelt werden. Das Land steht kurz davor, den Export zu genehmigen. Der aufblühende Industriezweig wird sich bald als sehr einträglich erweisen. Fachleute schätzen die Einkünfte aus dem Export von medizinischem Cannabis für Israel in den nächsten zwei Jahren auf 1.000.000 Dollar.

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