High Noon in Erding

Während in der Bundeshauptstadt Berlin die politischen Konsultationen zur Freigabe von Cannabis auf Hochtouren laufen, ermittelt die Staatsanwaltschaft im niederbayerischen Landshut gegen alles, was nach Hanf und somit „Drogen“ aussehen könnte. Ein Richter am Amtsgericht Landshut glaubt den Ermittlungen und ordnet die Durchsuchungen wegen Betäubungsmittel-Handel mit Cannabis „in nicht geringer Menge“ an.

High Noon in Erding: Etwa eine Stunde vor Mittag am 12. Juli 2022 betreten nach Auskunft einer Angestellten rund elf Polizeibeamte das 70 qm große Geschäft und die Kellerräume von „Hanf – der etwas andere Bioladen in der Lange Zeile 17. Dem Geschäftsführer der Betreiberfirma wird vorgeworfen, dass er am 11. März 2022 gegen 11.10 Uhr „mehrere Gramm Haschisch für einen nicht näher konkretisierten Kundenkreis“ angeboten haben soll. Der Landshuter Staatsanwalt sieht im Verkauf der Waren ein „vorsätzliches unerlaubtes Handel-Treiben mit Betäubungsmitteln“. Laut Ermittlungsrichter stehe die angeordnete Maßnahme (übrigens bereits Anfang Juni 2022) „in angemessenem Verhältnis zur Schwere der Tat und Stärke des Tatverdachts“.

Die Polizei nimmt sich Regal für Regal vor: CBD-haltiges und/oder THC-haltiges Haschisch, CBD-haltiges und/oder THC-haltiges Marihuana (CBD-Blüten), Hanfblütentee aus Cannabis sowie Cannabisöl auf CBD-Basis. Gegen 12.30 Uhr ist der Spuk beendet.

Waren im Gesamtwert von 10.000 Euro werden laut Wenzel Cerveny beschlagnahmt. „Die Razzia ist reine Schikane. Das bayerische Landeskriminalamt (LKA) hat bei jeder Razzia Proben gezogen.“  Zum anderen ignorieren die Ermittler bewusst oder unbewusst ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 24. März 2021, wonach Hanfprodukte aus EU-Produktion, mit einem THC-Anteil von bis zu 0,2 Prozent auch an Endverbraucher verkauft werden dürfen. Für den Gründer der Einzelhandelskette mit 19 Läden in Deutschland, Österreich und Luxemburg ist der Polizeibesuch leider keine neue Erfahrung. Rund zwanzig Razzien hat er seit 2019 schon hinnehmen müssen. „Bisher ist es noch zu keiner Anklage gekommen“, stimmt ihn positiv. „Irgendwann kommt auch noch die Legalisierung.“

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