Hanf-Hängepartie in Europa

Der bisherige Fahrplan stark gefährdet

Der Cannabis-Ball zur deutschen Legalisierung liegt in Brüssel. Ende Oktober 2022 hat die Bundesregierung aus SPD, Grüne und FDP die Weichen für die Freigabe von Freizeit-Hanf gestellt.

Die Vorlage von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach aufgestellten Eckpunkten zur kontrollierten Abgabe sollen zunächst von der EU-Kommission überprüft werden, ob die deutschen Pläne mit internationalem Recht vereinbart sind. Lauterbach bezeichnete die Eckpunkte selbst noch nicht als „Durchbruch“. Bei einem positiven Entscheid aus Brüssel rechnet der Gesundheitsminister mit einem Gesetzesentwurf im ersten Quartal 2023.

Als konkrete Eckpunkte hat die Bundesregierung fixiert, dass der Erwerb und der Besitz von 20 bis 30 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum erlaubt werden soll. Der Verkauf soll in lizensierten Fachgeschäften erfolgen. Privater Eigenanbau werden in begrenztem Umfang erlaubt sein. Ziel sei der verbesserte Jugend- und Gesundheitsschutz sowie ein eingedämmter Schwarzmarkt. Werbung für Cannabisprodukte soll untersagt werden. Laut Lauterbach haben im vergangenen Jahr vier Millionen Cannabis konsumiert.

Ohne ein „Go“ der EU will Lauterbach nach eigenen Worten die Legalisierung nicht vorantreiben. Er vertraue aber darauf, dass die Verfassungsexperten der Ampelkoalition unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes die Eckpunkte wasserdicht gemacht haben.

Die Bundesregierung soll ein Zusatzpapier, eine sogenannte „Interpretationserklärung“ gegenüber anderen Vertragsparteien angekündigt haben, aber noch nicht eingereicht haben. Laut lto.de (Legal Tribune Online) ist Mitte November noch keine Erklärung in Brüssel angekommen. Eine Sprecherin der EU-Kommission soll laut Lto darauf hingewiesen haben, dass der deutsche Entwurf sowie die zusätzlichen Konsultationen noch nicht angekommen seien.

Die Weitergabe der Eckpunkte und die Abgabe einer Entscheidung nach Brüssel seien prinzipiell der richtige Weg, um mögliche Verstöße gegen das EU-Recht wirksam im Vorfeld zu lösen. Allerdings ist laut Wenzel Cerveny, Vorsitzender des Cannabis Verbandes Bayern (CVB), der bisherige Fahrplan stark gefährdet. Es gebe viele Unwägbarkeiten, wenn die Legalisierung in den Wahlkampf 2025 gerate. „Wir können nicht ewig warten, bis sich die EU irgendwann entscheidet“, betont er: „Die Entkriminalisierung hat Vorrang.“

Generell begrüßt die Initiative LEAP (Law Enforcement Against Prohibition) in ihrer „Paderborner Erklärung“ das Gesetzgebungsverfahren. Als rechtspolitischen Skandal bezeichnet LEAP die fehlende Entkriminalisierung. Die Strafverfolgung von Konsumenten gehe ungebremst weiter. Jährlich 180.000 polizeiliche Ermittlungsverfahren und 65.000 strafrechtliche Verurteilungen wegen konsumnaher Delikte des Erwerbs und Besitzes von Cannabis nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) seien nicht länger hinnehmbar. Der Verband aus Mitgliedern mit beruflichen Erfahrungen in Strafverfolgungsbehörden oder der Strafrechtspflege schlagen vor, im BtMG einen neuen §29b einzuführen.

Damit soll der Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm Cannabis für den Eigenbedarf komplett straffrei sein und der eigene oder gemeinschaftliche Eigenanbau von bis zu drei blühenden Pflanzen für Erwachsene erlaubt werden. Im Verkehrsrecht fordert LEAP einen neuen Grenzwert von 5ng THC/ml Blutserum. Ebenso bedarf es einer Regelung des legalen Umgangs mit Nutzhanf. Der Bundestag kann laut LEAP ohne Zustimmung der EU und des Bundesrates diese Regelungen einführen.

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