Es schmerzt, aber du spürst nichts

Können wir von Schmerz sprechen, wenn unser Gehirn kein Signal zum Schmerzempfinden empfängt? Diese schon philosophische Frage ergründete eine aktuelle Untersuchung der Oxford University, nach der Cannabis in Wahrheit die Schmerzen nicht verringere, sondern nur erträglicher mache. Zu dieser zunächst vielleicht außergewöhnlich scheinenden Schlussfolgerung führt die Erfahrung, dass die unter Schmerzen leidenden Patienten unterschiedlich auf Cannabis, genauer gesagt, auf Cannabinoid-Therapien ansprachen. Die Forschung untersuchte nämlich nicht die Wirkung von Marihuana, sondern die seines bekanntesten Wirkstoffes, des THC-Schmerzstillers. Ein Teil der Testpersonen bekam 15 mg THC, die andere Hälfte Placebos, worauf ihre Füße mit schmerzauslösender Creme eingerieben wurden. Den Berichten zufolge wirkte das THC bei mehreren Testpersonen wie die von Dr. Zacher oft erwähnte “Scheißdrauftablette”. Sie spürten zwar den Schmerz, aber er störte sie nicht. Das Ergebnis bekräftigte ein MRI-Scan am Gehirn der Testpersonen. Die für das Schmerzempfinden zuständige Gehirnregion zeigte niedrigere Aktivität.

Im Zusammenhang mit der Untersuchung müssen wir jedoch auf mindestens zwei Dilemmata hinweisen: Einerseits, ob es nicht besser wäre, die medizinische Marihuana-Therapie mit natürlichem Cannabis anstelle von synthetischem THC durchzuführen, oder mit Cannabiserzeugnissen, die das für seine schmerzlindernde Wirkung bekannte Cannabidiol (CBD) enthalten. Es wäre nämlich sinnvoll, sich ein Bild von der schmerzstillenden Wirkung des THC zu machen. Noch mehr wäre es zu begrüßen, wenn man endlich den Wirkungsmechanismus des seit Jahrzehnten zur Schmerzdämpfung benutzten Cannabis erkennen würde. Andererseits: Ist es wirklich wichtig, zwischen der Beseitigung von Schmerz und dem Schmerzempfinden zu unterscheiden, wenn der Patient sich in beiden Fällen besser fühlt? Anders gefragt: Ist es notwendig, den wirklichen Schmerz zu beseitigen, wenn es auch anders möglich ist, den Alltag des/der PatientIn lebenswerter zu machen? Für nichts in der Welt möchten wir Euch die Freude des Nachdenkens ersparen. Zerbrecht Euch also die Köpfe!

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