Es muss nicht immer Hanf sein

Psychoaktive Pflanzen für die perfekte Mischung

Wenn dem Kiffer das Dope ausgeht, das Wochenende jedoch mit riesigen Schritten naht, dann hat so mancher Stoner ein Problem. Worüber der Blower in anderen Ländern nur lacht, weil mancherorts die erschöpfende Auswahl an Cannabis Social Clubs den Hanfliebhaber jederzeit mit gutem Stoff zu versorgen in der Lage ist, ihn höchstens vor die Qual der Wahl stellt. Dass aber einige Pflanzen als hervorragende Legal Highs dienen können und eine mit Cannabis vergleichbare berauschende Wirkung haben, ist den allerwenigsten bekannt. Hier eine Übersicht über die beliebtesten Pflanzen als Hanfersatz.


Die Hortensie
(Hydrangea paniculata und andere Arten) ist jedes Jahr aufs Neue Thema in deutschsprachigen Medien. “Jugendliche klauen und rauchen Hortensie” ist eine jener Schlagzeilen, die vom Frühjahr bis in den Spätherbst immer wieder in den Zeitungen abgedruckt wird. Dabei wurde noch niemals jemand Hortensie rauchend erwischt, auch dürfte die Wirkung dieser Zierpflanze, wenn denn überhaupt eine zu erwarten steht, eine eher zweifelhafte sein. Vermutlich wissen die “eingeweihten Drogenfreaks” von der angeblichen Rauschwirkung der Hortensie aus Büchern wie Psychoaktive Pflanzen. Hätten die das Buch aber tatsächlich gelesen, dann wüssten sie, dass das Rauchen von Pflanzenteilen der Hortensie nicht nur nichts bringt, sondern zudem gefährliche Situationen induzieren kann. So beherbergen Hortensien unter anderem Substanzen, die sich beim Rauchen in giftige Blausäureverbindungen umwandeln. Für Lunge und Körper ist das also nicht gerade ein Wohlgenuss. Auch ist über eine tatsächliche psychoaktive Wirkung dieser Gewächse nichts in der Literatur der Drogenforschung publiziert.

Eindringlichst gewarnt werden muss vor allen tropanalkaloidhaltigen Pflanzen, das sind insbesondere Vertreter der Nachtschattengewächse, wie zum Beispiel der Stechapfel, die Engelstrompete, die Tollkirsche, das Bilsenkraut und die Alraune. Ebenso psychoaktiv und nicht minder gefahrenreich sind diverse Spezies der Gattungen Nachtschatten, Petunia, Physalis, die Hammersträucher und andere. Experimente mit diesen Gewächsen können lebensgefährlich sein! Mögliche Nebenwirkungen einer hochdosierten Tropanvergiftung sind unter anderem: Fieber, Krämpfe, Delirium, Atemlähmung und Herzrhythmusstörungen. Eine Tropanalkaloid-Vergiftung kann im schlimmsten Fall zum Tod durch Atemlähmung, Arrhythmie und Herz-Kreislauf-Stillstand führen!

Deutlich weniger toxisch sind da andere wirksame Pflanzen, zum Beispiel die Latticharten, wie der Giftlattich Lactuca virosa. Die Pflanze enthält im Stengel einen milchigen Saft, das sogenannte Lactucarium, das früher als Opiumersatz diente. Die gängige toxikologische Literatur verzeichnet Lactuca virosa als Pflanze von geringer Giftigkeit. Der getrocknete Milchsaft und das getrocknete Kraut des Giftlattichs, Lattichopium, L’Opium und Lactucarum genannt, wurden von einigen Indianerstämmen geraucht und galten in Europa als Ingrediens der berüchtigten Hexensalben. Die Wirkung wird als opiumähnlich, jedoch deutlich milder, beschrieben. Ein weiterer legaler und toxikologisch bedeutungsloser Korbblütler ist die Studentenblume, sprich: Arten der Gattung Tagetes. Christian Rätsch notiert in seiner Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen diverse traditionelle Zubereitungsformen, so den Aufguss aus Tageteskraut sowie die Verwendung von Tagetes-Asche für Cocabissen und als Zusatz von psychoaktiven Schnupfpulvern. Auch wird die Pflanze geraucht, geräuchert und zu einer Paste verarbeitet. Die Wirkung der Tagetes-Arten kann je nach Dosierung als stimulierend bis tranceartig beschrieben werden. Tagetes wird meist zusammen mit anderen Pflanzen verwendet. Es gilt in Indien und Südamerika außerdem als Heilpflanze, z. B. bei Husten, Rheuma und Hautproblemen.

Der Waldmeister, Galium odoratum, ist nicht nur ein beliebtes Aromatikum. Waldmeister ist eine cumarin- bzw. cumaringlykosidhaltige Pflanze, die ganz besonders gut geeignet ist, um in Rauch- und Räuchermischungen zur Anwendung zu kommen. So dient der Waldmeister in manchen Gegenden immer noch als Tabaksubstitut oder -additiv. Galium odoratum wirkt beruhigend, stimmungsaufhellend, gefäßerweiternd und tonisierend. Medizinisch sind vor allem seine entzündungshemmenden Eigenschaften hervorzuheben. Zu große Mengen Waldmeister führen jedoch zu Kopfschmerzen und Schwindel bis hin zur Atemlähmung, die aus einer Überdosis Cumarin resultieren kann.

Eine interessante Zierpflanze, die in Mitteleuropa teilweise bereits eingebürgert ist, ist der Kalifornische Goldmohn, Eschscholzia californica, aus der Familie der Mohngewächse. Der Goldmohn enthält Alkaloide, unter anderem geringe Konzentrationen an Morphin und Codein. Die getrocknete Pflanze wird geraucht und induziert milde, aber deutliche psychoaktive Effekte. So wirkt der Goldmohn beruhigend, leicht stimulierend und euphorisierend. Damit gilt die Pflanze im psychonautischen Untergrund als wirksames und synergistisches Cannabis-Additiv.

Betrachten wir kurz die Seerosen aus der botanischen Gattung der Nymphaceaen. Sie alle zählen zu den psychotropen, genauer zu den narkotisch wirksamen Gewächsen. Die Gelbe Teichrose, Nuphar lutea, ist psychoaktiv. In ihren Zubereitungsformen, z. B. als Rauchkraut, wirkt Nuphar beruhigend und dämpfend. Ein Mazerat aus der Wurzel soll opiumähnlich wirken. Die Spezies der Gattung Nymphaea beherbergen das auch in einigen Mohnarten enthaltene Aporphin und andere Prinzipien. Blätter und Blütenknospen werden als Aufguss zubereitet, geraucht oder geräuchert. Das Wirkungsspektrum reicht von mild aphrodisierend bis schwach narkotisierend. Sämtliche Seerosen stehen unter Naturschutz!

Wenig bis gar nicht bekannt ist die Tatsache, dass Pappeln psychoaktive Eigenschaften aufweisen. In Mitteleuropa kommen u. a. die Schwarz-, die Silber- und die Graupappel sowie die Zitterpappel (Populus tremula), die Espe, vor. Pappelarten sind auch als Zierbäume beliebt. Sie enthalten Flavonoide, Tannine und Phenol-Glykoside, zum Beispiel Salicin, Salicortin, Tremuloiden und Tremulacin. Einige Arten sind psychoaktiv. So wurden und werden Populus tremuloides, P. angustifolia, P. balsamifera und P. deltoides von verschiedenen Indianerstämmen als entheobotanische und Heilpflanzen gebraucht. Die Knospen der P. nigra und anderer europäischer Pappeln waren Bestandteil der berüchtigten Hexensalben. Pappelknospen haben geraucht psychoaktive, nämlich sedierende bis narkotisierende Eigenschaften. Christian Rätsch nennt in seinem Buch Schamanenpflanze Tabak eine berauschende Mischung mit Pappelknospenzusatz.

Dann haben wir da noch die psychoaktiven Salbeiarten. Die meisten von ihnen sind pharmakologisch nicht erforscht und wurden deshalb von der Ethnobotanik bislang kaum beachtet. Es gibt aber auch Salvia-Arten außer Salvia divinorum, die psychoaktive Inhaltsstoffe aufweisen. Die als psychoaktiv geltenden Salvia-Arten enthalten hauptsächlich Neo-Clerodan-Diterpene, deren bekannteste wohl Salvinorin A und B sein dürften. Aber es kommt auch das alpha-Thujon in manchen Arten vor, z. B. im Muskateller- und offiziellen Salbei. Zu den bislang wichtigsten Neo-Clerodan-Diterpenen gehören neben Salvinorin A und B Salviacoccin, Sclareol, Salviarin und Splendidin. Letztes kommt u. a. in S. splendens vor. Der US-amerikanische Salvia-Experte und Ethnobotaniker Daniel Siebert beschreibt seine erste echte Splendidinerfahrung wie folgt: “Nach vier kräftigen Zügen fühlte ich mich entspannt, wohlig, sanft. Es war ein wenig wie Diazepam mit einer Spur von GHB und Opium. Die Effekte hielten für einige Stunden an. Es war gar nicht wie Salvia divinorum, aber die Wirkung war sehr schön.” Zwei ähnlich wirkende Salbeiarten sind unter anderem Salvia coccinea und Salvia argentea. Hier ein Erfahrungsbericht mit S. coccinea: “Die Effekte sind vergleichbar mit denen der Salvia splendens. Zuerst war ich nicht in der Stimmung, meinen Stuhl zu verlassen. Farben und Umrisse wurden deutlicher, kombiniert mit einer geistigen Klarheit. Musik wurde tiefer und voller – ich nahm Nuancen wahr, die ich vorher nie kannte. Der Denkprozess kam mir vor, als hätte man ihm Flügel verliehen. Die körperlichen Effekte beschränkten sich auf ein Schweregefühl, das mir verbot, mich aus meinem Stuhl zu erheben. Ich fühlte mich ein wenig wie versteinert.” Der Muskatellersalbei, Salvis sclarea, enthält Slareol und alpha-thujon und wirkt geraucht beruhigend, leicht enthemmend, insgesamt eher sedativ, aber immer mild. Insgesamt kann festgehalten werden, dass die psychoaktiven Salbeiarten noch lange nicht zureichend erforscht sind.

Die Gattung Passiflora umfasst einige Arten, die Passionsblumen, die zu den psychoaktiven Planzen gehören. So enthalten unter anderem Passiflora edulis, P. suberosa und P. quadrangularis das Harmanalkaloid Harman, das auch als Passiflorin bekannt ist. P. incarnata enthält Harman, Harmin, Harmalin, Harmalol und Harmol. Harmanalkaloide sind MAO-Hemmer, dürfen also mit einer Vielzahl von Lebens- und Arzneimitteln nicht kombiniert werden. Daher ist im Umgang mit Passionsblumenzubereitungen immer Vorsicht geboten.

Getrocknetes Passionsblumenkraut wird geraucht und induziert milde, aber deutliche psychoaktive Effekte. Dabei wirkt die Pflanze sowohl beruhigend und angstlösend wie auch stimmungsaufhellend. Das frische Kraut wird ausgekocht, wenn nötig mehrfach, und anschießend der Absud getrunken. Erfahrungsberichte sprechen von bis zu drei Kilogramm frischem Pflanzenmaterial. Dies rufe milde entaktogene, deutlich euphorisierende Effekte hervor, die meist mit leichten optischen Halluzinationen einhergehen.

Zum Schluss noch ein paar Worte zu einem einheimischen und sehr bekannten, oft verwendeten Gewächs, dass zudem als einzige Pflanze der Welt mit Cannabis verwandt ist, sprich zur gleichen botanischen Familie, nämlich zu den Cannabaceae gehört: der Hopfen. Hopfen ist nicht nur wichtigster Bestandteil des Biers und ein bekanntes und populäres Phytotherapeutikum, sondern gleichsam ein wirksames Psychonautikum, wenn man weiß, wie das Kraut benutzt werden muss. Außerdem steckt im Hopfen noch ein gut gehütetes Geheimnis, das allmählich und sukzessive gelüftet wird. Hopfen kommt in ganz Europa und weltweit in den gemäßigten Gebieten vor, zumeist in Auewäldern und Gebüschen sowie an Wegrändern, Flüssen, Hecken und Erlenbrüchen. Humulus lupulus ist seit langer Zeit (wahrscheinlich seit Plinius) bekannt und in Gebrauch. Als wichtigster Bierzusatz kommt dem Gewächs sicherlich die größte Bedeutung zu. Die berühmte Kräuterschamanin Hildegard von Bingen beschrieb als Erste die psychotropen Eigenschaften des Hopfens. Offensichtlich vermochten Mönche vermittels Hopfenbier ihre Fleischeslust im Zaum zu halten – eine Tatsache, die mir nicht ganz nachvollziehbar erscheint. Humulus liefert dem Bier zugleich mehrere Eigenschaften: die psychoaktiven Effekte (die durch den Alkohol nicht beeinträchtigt werden), die Würze, die Bitterkeit und nicht zuletzt die extreme Haltbarkeit des Brauwerks. In der Medizin und Volksheilkunde gilt der Hopfen als mildes Sedativum, und er wird als Phytopharmakon bei Unruhezuständen und Einschlafschwierigkeiten, Reizmagen, Nieren- oder Blasenerkrankungen und Menstruationssymptomen verwendet. Homöopathisch wird Humulus bei Schwächezuständen des Nervenkostüms, nächtlicher und unbeabsichtigter Ejakulation (!) und Rauchersymptomatiken angewandt.

Autor: Markus Berger

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