Erstes Urteil nach der Hanfladen-Razzia in Bayern
Harte Strafen für Handel mit Hanftee und CBD-Blüten
Amtsgericht Passau verurteilt die Betreiber eines Hanfladens zu neun bzw. sechs Monaten Haft auf Bewährung.
Die bayerische Justiz greift hart gegen die Betreiber eines Passauer Hanfladens durch: Wegen gewerbsmäßigem, vorsätzlichem und unerlaubtem Handel mit Betäubungsmitteln hat das Amtsgericht Passau am Montag einen 54-jährigen Mann und seinen 29-jährigen Sohn zu neun bzw. sechs Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe in Höhe von 2.000 Euro verurteilt. 69 Hanfteeartikel und CBD-Blüten im Wert von 5.000 Euro wurden beschlagnahmt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die beiden Männer werden mit ihren Anwälten beraten, ob sie in Berufung gehen.
Die bei einer Razzia im Jahr 2018 entdeckten Produkte haben nach dem Urteil der Richterin Tetrahydrocannabinol (THC) enthalten. Damit seien sie „schlicht und ergreifend“ Betäubungsmittel gewesen. Es seien keine Ausnahmen wie der gewerbliche Zweck oder der Ausschluss des Missbrauchs zu Rauschzwecken erfüllt gewesen. Diese Tatsachen hätten die Betreiber des Hanfladens billigend in Kauf genommen. Die Betreiber hätten sich besser informieren müssen, ob die Hanftees und CBD-Blüten den gesetzlichen Regeln entsprechen. Es reiche nicht aus, sich auf die Lieferanten und eine Auskunft des Deutschen Hanfverbandes (DHV) zu verlassen, so die Richterin. Im Urteil ging sie aber von keinem „besonders schwerem Fall“ aus. Wegen des offenen Verkaufs liege nur eine „geringe kriminelle Energie“ vor. Die Angeklagten seien zudem geständig, hätten mit den Ermittlungsbehörden kooperiert und seien bisher noch nicht in Erscheinung getreten.
Die Anwälte der Hanfladen-Betreiber betonten, ihre Mandanten hätten den Zertifikaten der Lieferanten geglaubt. Diese hätten für den Nutzhanf weniger als 0,2 Prozent THC angegeben. Den gewerblichen Zweck sahen sie im Verkauf über die Ladentheke als erfüllt an. Einen Missbrauch der Hanftees und der CBD-Blüten hätten die Betreiber ausgeschlossen. Eine Extraktion sei real nur schwer durchführbar. CBD-Blüten würden inzwischen in vielen Städten Deutschlands angeboten. Im hessischen Darmstadt gebe es sogar einen CBD-Automaten. Einer der Verteidiger wies darauf hin, dass die Rechtslage 2018 noch unklarer gewesen sei, während heute jede Drogeriekette Hanftees verkauft.
Extraktion mit Haarspray?
Für etwas Heiterkeit sorgte ein bayerischer Kriminalbeamter im Zeugenstand. Er betonte, die CBD-Blüten ließen sich „leicht mit Haarspray“ extrahieren. Die Staatsanwältin ließ sich in ihrem Plädoyer nicht darauf ein, ob die Methode ökonomisch sinnvoll ist oder nicht. Es sei jedenfalls technisch möglich.
Die Wirkstoffanalyse ergab in vielen Proben hingegen keine Spuren von THC bzw. nur unterhalb des für Lebensmittel geltenden Grenzwertes von 0,05 Prozent. In einer Art Beschäftigungstherapie hatte die Richterin mehrere Seiten aus dem Gutachten über das „grün-braune, getrocknete pflanzliche Material“ und dessen Werte vorgelesen. So hatte etwa eine Sorte der CBD-Blüten „Jupiter“ einen THC-Gehalt von 0,13 Prozent. Die CBD-Blüten „Sonne“ hatten einen THC-Gehalt von 0,10 Prozent. Nur ein Kräutergewürz enthielt laut Gutachten unter 0,05 Prozent THC.
Die Staatsanwaltschaft sah die Anklage in der Beweisaufnahme bestätigt. Es seien THC-Werte von 0,06 bis 0,55 Prozent mit einem Gesamtwert von 123 mg THC gefunden worden. Ein Verkauf an normale Endkunden stufte die Anklage nicht als gewerblichen Zweck ein. Die Anklage ging von Vorsatz aus, der Verkauf sei wissentlich erfolgt. „Wer im Dunstkreis von Betäubungsmitteln agiert, hat eine gesteigerte Prüfpflicht.“ Die Anklage ging jedoch von einem „nicht besonders schweren Fall“ aus. Die Wirkstoffe seien gering gewesen, „aber dennoch ausreichend.“ Deshalb forderte sie neun Monate Freiheitsstrafe für den 54-jährigen Betreiber und sechs Monate Freiheitsstrafe für den 29-jährigen Mitgesellschafter, der wegen eines Auslandsaufenthalts nicht in das operative Geschäft involviert war. Die Richterin schloss sich der Forderung der Staatsanwältin an. Beide Verteidiger hatten eine Geldstrafe für ausreichend erachtet.
Wenzel Cerveny, Vorsitzender des Cannabis Verbands Bayern, äußerte sich wie folgt zu dem Urteil: „Das können wir uns so nicht gefallen lassen. Wir werden weitere Schritte unternehmen, um in Politik und Gesellschaft Aufklärungsarbeit zu leisten.“