Einstimmiger Beschluss: Cannabis-Studie bis Anfang 2019

Österreichs Parlament wird Zulassung von Hanfblüten prüfen

Die weltweiten Fortschritte bei der Cannabislegalisierung machen auch vor Österreich nicht halt. Verunsicherte die rechtskonservative Regierung anfangs noch mit Plänen eines strikteren Cannabisverbots, fassten nun alle im Parlament vertretenen Parteien Ende Juni einen einstimmigen Beschluss zur Prüfung einer Zulassung von medizinischem Cannabis in Apotheken bis zum 1. Januar 2019. Es bleibt abzuwarten, was dabei herauskommt, aber den Stellungnahmen der Parteien zufolge sind alle für medizinisches Cannabis offen.

Abgeordnete aller Parteien unterstützen das Ersuchen an Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein mit unzähligen Fakten. Medizinisches Cannabis ist mittlerweile weltweit in fast 40 Ländern erhältlich und nirgendwo wurden negative Erfahrungen mit der ältesten Heilpflanze der Welt gemacht.

Konkret wird Hartinger-Klein von den Abgeordneten gebeten, den therapeutischen Einsatz von Medizinalhanf zu prüfen und bis zum 1. Januar 2019 einen Bericht über zukünftige medizinische, rechtliche, organisatorische und ökonomische Rahmenbedingungen zum Einsatz von cannabishaltigen Arzneimitteln vorzulegen. Dabei sollen auch die Ergebnisse des vom Ausschuss durchgeführten Begutachtungsverfahrens sowie die Erfahrungen in Deutschland berücksichtigt werden. Darüber hinaus sollen die Österreichische Ärztekammer, die Österreichische Apothekerkammer, der Österreichische Schmerzverband, die Gesundheit Österreich GmbH, die AGES, der Hauptverband der Sozialversicherungsträger und – in Hinblick auf die Vermeidung von Missbrauch – auch das Innenministerium eingebunden werden.

1,8 Millionen SchmerzpatientInnen

Basis für die Entschließung bildete der von der Liste Pilz eingebrachte Antrag, zu dem in der heutigen Sitzung ein gemeinsamer Abänderungsantrag aller Fraktionen eingebracht und schließlich einstimmig beschlossen wurde. Ein rasches Gesetz wäre ihr zwar lieber gewesen als die Anforderung eines Berichts, sagte Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ), sie hoffe aber, dass dieser nur ein Zwischenschritt zu anschließenden gesetzlichen Änderungen sei. Es gebe in Österreich 1,8 Millionen SchmerzpatientInnen, die Unterstützung und Hilfe bräuchten, machte die Abgeordnete geltend.

Der leider nicht mehr im Parlament wirkende Cannabis-Schmerzpatient Peter Kolba hatte in seinem Antrag darauf hingewiesen, dass fast jeder fünfte Österreicher Schmerzen mit Cannabis behandeln könnte, das vielfach effektiver als süchtig machende Opiate sei.

„In Österreich leben derzeit rund 1,5 Millionen Schmerzpatienten. Sie werden oft mit schweren Medikamenten behandelt, die enorme Nebenwirkungen haben. Als Alternative dazu sind bisher nur synthetische Cannabisextrakte verfügbar, also Präparate mit den Inhaltsstoffen Tetrahydrocannabinol (THC) oder Cannabidiol (CBD). Dronabinol etwa kostet für einen Tumorpatienten 500 bis 600 Euro im Monat, die nur fallweise von den Krankenkassen übernommen werden. Präparate aus bzw. mit Cannabisblüten kommen nicht nur billiger, sie wirken auch besser, da die Pflanze mehr als 500 Inhaltsstoffe enthält, also weitaus mehr als die Medikamente aus synthetischen Stoffen, die derzeit legal sind. Medizinisch nachgewiesen ist, dass Cannabisblüten effektiv wirken und dass die Einnahme nicht süchtig macht“, heißt es in seinem Antrag.

Derzeit seien medizinische Cannabispräparate auf dem Schwarzmarkt für einen Bruchteil dieser Kosten zu finden, sagte ein Patient, der anonym bleiben möchte. In Form von Blüten sei dieselbe Menge THC um rund 100 Euro erhältlich, während 1.000 Milligramm THC in der Apotheke bis zu 920 Euro kosteten. Mögliche Einsparungen gingen in die Hunderte Millionen Euro.

Auch FPÖ sieht Sinnhaftigkeit von Medizinalhanf

Seitens der FPÖ wies Gerhard Kaniak darauf hin, dass die im Begutachtungsverfahren eingelangten Stellungnahmen ein differenziertes Bild zeigten. So sei mehrfach darauf hingewiesen worden, dass es durchaus Indikationen gebe, bei denen die Anwendung von medizinischem Hanf sinnvoll sei. Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger habe demgegenüber die Kostenfrage aufgeworfen und auf erstattungsfähige Therapiealternativen aufmerksam gemacht, die billiger sind. Offen seien auch weitere Fragen wie die Herstellung und das Inverkehrbringen von Präparaten. Zudem gelte es zu beachten, dass Cannabis verschiedene Inhaltsstoffe habe. Man werde nicht zuletzt am Beispiel Deutschland sehen, ob sich die Sache bewähre.

Von einem ganz wichtigen Thema sprach Josef Smolle von der ÖVP. Chronische Schmerzen seien schließlich eine Volkskrankheit. Allerdings ortet er noch Diskussionsbedarf, etwa was die Wirksamkeit von Cannabisprodukten betrifft. Der Begriff Liberalisierung sei für ihn außerdem der falsche, es brauche ganz klare Regelungen wie bei den Opiaten. Ebenfalls für eine Prüfung des Anliegens der Liste Pilz sprach sich Pamela Rendi-Wagner von der SPÖ aus. Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein kündigte an, auch den Obersten Sanitätsrat mit der Ausarbeitung von Empfehlungen zu beauftragen.

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