Die treibende Kraft hinter der Cultiva-Hanfmesse

Harry Schubert organisiert nun seit zehn Jahren die Cultiva-Hanfmesse in der Pyramide Vösendorf bei Wien. Der Inhaber von Bushdoctor legte im Jahr 2008 mit der ersten Cannabismesse in Österreich einen wichtigen Grundstein für die österreichische Hanfbranche. Besonders wichtig ist ihm der Kongress, welcher terminlich sowie örtlich die Cultiva begleitet, mit hochkarätigen SprecherInnen aus Wissenschaft, Medizin, Forschung und Wirtschaft.

Medijuana: Was waren für dich die wichtigsten Erfahrungen der letzten Jahre als Organisator der einzigen Cannabismesse Österreichs?

Harry Schubert: Als ich die Messe 2008 zum ersten Mal machte, wusste ich weder, wie man eine Messe organisiert und was dies wirtschaftlich bedeutet, noch, wie die Gesellschaft und die Behörden dies aufnehmen würden. Im Nachhinein kann ich sagen, dass es ein Sprung in sehr kaltes Wasser war. Zu Beginn waren viele Aussteller unentschlossen und viele Besucher unsicher bezüglich der Behörden. Die Betreiber der Pyramide zweifelten, ob die Miete bezahlt werden würde. Nach drei Jahren hat die Cultiva alle begeistert und die Pyramide aus dem Dornröschenschlaf wecken können. Seither ist die Cultiva fester Bestandteil der österreichischen Hanfbranche und die größte Veranstaltung der Eventpyramide. Der Weg dahin war nicht einfach. Es gab gleich bei der ersten Messe einen Buttersäureanschlag, der fast das Ende bedeutet hätte, und in der Folge fast jährlich einen Direktorenwechsel in der Pyramide. Jeder Direktor musste neu überzeugt werden. Zu den wichtigsten Erfahrungen zählen mit Sicherheit die vielen Menschen, die ich kennenlernen durfte. Die Hanfbranche ist dominiert von Pionieren, Idealisten und Menschen, die viel riskieren und an eine bessere Welt glauben. Ich bin dankbar, all diese Menschen getroffen zu haben, die mir Kraft geben, die Cultiva weiterzuentwickeln.

MED: Was war der bemerkenswerteste Erfolg der Cultiva?

HS: Als größten Erfolg empfinde ich die Tatsache, dass es die Cultiva überhaupt gibt und dass es möglich ist, ein wichtiges gesellschaftliches Anliegen in Form einer Hanfmesse darstellen zu können.

In den zehn Jahren gab es viele Hürden zu nehmen, denn eine Hanfmesse in Österreich ist gesellschaftlich gesehen kein selbstverständliches Ereignis. Ein weiterer großer Erfolg ist, dass die Messe all die Jahre in der Pyramide stattfinden konnte. Heute zählt die Cultiva zu den ältesten Hanfmessen in Europa. Somit ist der größte Erfolg sicherlich die Beständigkeit.

MED: Uns ist aufgefallen, dass sich der Kongress stetig weiterentwickelt – mittlerweile hat jeder Tag ein eigenes Thema, zu dem Experten aus der ganzen Welt sprechen. Habt ihr Pläne, den Kongress noch weiter auszubauen?

HS: Vor über zehn Jahren hatte ich mich entschlossen, parallel zur Messe einen kleinen Kongress zu organisieren. Das Thema war bei anderen Messen gerade im Abflauen und ich dachte mir, der deutschsprachige Raum hätte zum Thema Hanf gerade in der Medizin einiges zu sagen. In den folgenden Jahren haben andere Messen auch wieder mehr Anstrengungen unternommen, während der Messen Vorträge anzubieten, sodass diese heute ein fester Bestandteil sind.

Die Kongresse EIHA, IACM oder ICBC sind im Wachsen und ich freue mich, dass auch der Kongress auf der Cultiva immer mehr Anklang hat. Dieses Jahr findet er auf noch größerer Fläche in den Räumen des Konferenzhotels statt. Die thematischen Schwerpunkttage machen es den Besuchern noch einfacher, sich zu den Themen zu informieren, die von persönlichem Interesse sind. Vor zwei Jahren haben wir das einzigartige Angebot der Patienten-Lounge eingeführt. In kleinen Gruppen können Patienten mit Referenten und Ärzten Anliegen zu ausgewählten Themenbereichen auf sehr entspannter und persönlicher Ebene besprechen. Dies hat sehr großen Anklang gefunden und die Patienten-Lounge findet dieses Jahr wieder zu den medizinischen Fachgebieten der Allgemeinmedizin, der Neurologie – im speziellen MS – und der Naturheilkunde statt.

Aufgrund der großen Nachfrage planen wir, den Kongress an den Tagen vor der Messe weiter auszubauen und zu einem eigenständigen Projekt zu machen.

MED: Was denkst du über die Pläne der Regierung, ein Verkaufsverbot von Hanfsamen und -pflanzen durchzusetzen? Wird das auch die Cultiva betreffen?

HS: Als ich die Messe zum ersten Mal gemacht habe, dachte ich nicht an ein zweites Jahr. Ich weiß nicht, wie sich die Lage in Europa weiterentwickeln wird, wobei die Tendenzen generell sehr positiv sind – Österreich ist jedoch nicht ganz auf der gleichen Linie, wobei sich die Situation ja zunächst ebenfalls sehr erfreulich entwickelt hat.

Unmittelbar nach der letzten Messe kam eine Reform des Suchtmittelgesetzes dahingehend, dass Hanfprodukte aller Art mit unter 0,3 Prozent THC nicht mehr strafbar sind. Infolgedessen hat eine Vielzahl an Geschäften eröffnet und der rege Verkauf von Hanfblüten, -ölen und -tees hat begonnen. Im Frühjahr 2018 wurde Hanf von der HMPPA zur Arzneipflanze des Jahres gewählt.

Von allen Regierungsparteien gibt es den Auftrag an das Gesundheitsministerium, ein Konzept zu entwickeln, welches Cannabis für Patienten zugänglich macht. Ein Modell ähnlich wie in Deutschland, wo Cannabis über die Apotheken bei bestimmten Krankheiten erhältlich ist, soll erarbeitet werden.

Vertreter der Regierung sind sich einig, dass Cannabis in der Medizin ein wertvoller Beitrag wäre, eine Freigabe zum Freizeitgenuss jedoch nicht zur Debatte steht.

Ob und wann eine Regelung für den medizinischen Bereich und eine Reform des derzeitigen Suchtmittelgesetzes geplant ist, kann nicht beantwortet werden. 2019 wird jedoch das gesamte Strafrecht überarbeitet und es gilt anzunehmen, dass damit auch das SMG behandelt wird. Die Ankündigung im Regierungsprogramm ist jedenfalls sehr ernst zu nehmen und die Auswirkungen können auch sehr folgenreich für die Branche werden.

Ich sehe mich daher als Veranstalter verpflichtet, die politische Entwicklung genau zu verfolgen und für unsere langjährigen Aussteller jedes Risiko abzuwenden. Wir haben in der Hinsicht unsere AGBs angepasst, sodass jeder Aussteller auch für 2019 ohne Risiko einen Stand auf der Cultiva buchen kann.

Um die Branche und alle Interessierten auf dem Laufenden zu halten, haben wir auf unserer Homepage einen News-Bereich eingerichtet, in dem wir regelmäßig berichten.

Es ist mir ein Anliegen, die Cultiva durch schwere Zeiten zu bringen und weiterhin auf das große Potenzial der Hanfpflanze aufmerksam zu machen.

MED: Wie bist du persönlich zur Thematik rund um Cannabis gekommen, was hat dich dazu bewegt, eine Cannabismesse zu veranstalten und was ist deine Vision für die Zukunft der Cultiva?

HS: Ich bin seit 1998 in der Hanfbranche als Unternehmer tätig. Nach zehn Jahren wollte ich einen weiteren Schritt gehen und ein Signal setzen, dass es sich nicht mehr um eine „Szene“ handelt, sondern um gesunde Wirtschaft. Durch einen parallel stattfindenden Kongress wollte ich dem Nachdruck verleihen und einen Rahmen für Aufklärung und Diskussion schaffen.

Ausschlaggebend für die Entscheidung war die geografische Lage Wiens zu den Ländern Osteuropas und die Pyramide als passender Ort für eine Hanfmesse. Ich kenne diesen Veranstaltungsort seit meiner Kindheit und es ist immer ein tolles Erlebnis, durch das höchste Glashaus Europas zu gehen.

Wie bereits gesagt, liegt der Erfolg in der Beständigkeit, und dies ist das vorrangige Ziel. Es braucht die Flexibilität in Hinblick auf mögliche gesetzliche Änderungen, und daran muss die wirtschaftliche Planung angepasst werden.

Wenn es möglich ist, möchte ich die Messe zeitlich verlängern. Bei einer Messe geht es nicht nur darum, einem interessierten Publikum Waren zu präsentieren, sondern auch darum, dass innerhalb der Branche Kontakte gepflegt werden können. In dieser Hinsicht bietet die Messe durch das integrierte Hotel beste Voraussetzungen für informelle Treffen. Es braucht jedoch auch einen offiziellen Bereich, in dem sich Gewerbetreibende austauschen können. Zu diesem Zweck sollen Businesstage vor der Messe angeboten werden. Gleiches gilt auch für den Kongress. Die Entwicklung in der Medizin bringt den Bedarf nach Weiterbildung für Ärzte. Für nächstes Jahr ist daher ein Fachkongress vor der Messe geplant.

Es ist ein großer Aufwand, das gesamte Areal aufzubauen, und viele Besucher meinen, gern länger bleiben zu wollen. Vielleicht wird die Cultiva eines Tages die erste Messe mit Urlaubs-Feeling!

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