Den Rauch kriegt man nicht zurück in die Bong

Vom Cannabis Cup zum Cannabisöl mit Tommy Chong

Seit dreißig Jahren ist die Popularität der Filme des berühmtesten Kifferduos Cheech & Chong ungebrochen und die Schauspieler zu Kultfiguren geworden. Tommy Chong liegt weiterhin der Hanf am Herzen und mit dem Einsatz seiner Popularität setzte er sich mit Kampagnen für die Legalisierung und das medizinische Marihuana ein. Wir sprachen mit Tommy im Amsterdamer Zentrum von Futurola.

Tommy Chong

Medijuana: Du warst jetzt zum siebenundzwanzigsten Mal zum High Times Cannabis Cup eingeladen. Und dieses Jahr sah es erst so aus, als könnte er nicht starten. Die Polizei drohte den Veranstaltern und auch den Besuchern mit Gefängnis. Doch nach ein paar Absprachen konnte der Cannabis Cup mit strengeren Auflagen stattfinden. Wie hast du das erlebt und was ist deine Meinung zum High Times Cannabis Cup?

Tommy Chong: Schrecklich, das Ganze, wir hätten ein High Times Fiasko erleben können, wegen der üblichen Organisationsfehler. Jedes Jahr gibt es ähnliche Pannen.

MED: Dazu kann aber beigetragen haben, dass man in den letzten Wochen in Amsterdam Einschränkungen für die Coffee- und Growshops angekündigt hat. Langsam scheinen die USA ja liberaler zu sein als Holland.

TC: Stimmt! Was wir jetzt in Holland unter anderem sehen konnten, das nenne ich industrielle Revolution. Das bedeutet, dass man versucht, das große Business per Gesetz zu hemmen, damit wir uns nicht mit dem befassen können, was wir möchten. Die Politiker tun, was sie können, aber sie scheitern trotzdem. Mit der Zeit werden es ihre Anhänger meiner Meinung nach leid sein, sie sinnlos mit Geld vollzustopfen, und wenn sie dann die Wahlen verlieren, kommen die alten Gesetze zurück. Der Dschinn ist aus der Bong geschlüpft und jetzt kriegt man den Rauch nicht mehr zurück.

Cheech & Chong: Tommy Chong und Cheech MartinMED: In Europa wird in letzter Zeit an verschiedenen Orten, beispielsweise in Belgien, Spanien und Österreich, mit Cannabis Clubs als Alternative zur Legalisierung experimentiert; zahlreiche Länder wollen dieses System auch einführen. Welche Regelung hältst du persönlich für ideal?

TC: Ich nenne ein Beispiel. Die kanadische Regierung beauftragte die Chinesen mit dem Bau einer Eisenbahnlinie und setzte eine Gebühr für ihre Einreise fest. Damit ließ sie sich von ihnen nicht nur die Bahnlinie bauen, sondern auch finanzieren. Sie bekamen schon etwas als Ausgleich, aber sie wurden nie als gleichberechtigte Menschen behandelt, sondern eher als Diener. Als man sie nach dem Bau feuerte, begannen die Chinesen Clubs zu gründen, eben solche wie heute die Cannabis Clubs.

MED: Ist es möglich, dass es in Kanada Cannabis Clubs gab, die von Chinesen betrieben wurden?

TC: Mag sein. Die Chinesen sind eine Gemeinschaft, die zusammenhält und sich gegenseitig hilft. Langsam ging ihnen auf, dass sie in den Privatclubs Glücksspiel oder sonstwas betreiben konnten. Was sie wollten, solange die Mitglieder ähnlich dachten und ähnliche Interessen hatten. Das Clubsystem ist also der natürliche Auswuchs der Verbotsbestrebungen.

MED: Demnach wäre der Cannabis Club nichts anderes als die Antwort auf das Verbotssystem?

TC: So ist es. In Wirklichkeit gehören wir alle zu einem Club, denn wir haben eine gemeinsame Basis. Es ist natürlich, dass Leute mit den gleichen Interessen zueinanderfinden. Das können wir in aller Öffentlichkeit tun, oder auch in einem Club mit Mitgliedsausweis. In den Vereinigten Staaten kannst du mit der Karte, die du von einem Arzt bekommst, therapeutisches Marihuana kaufen. Wer aber überprüft die Echtheit der Karte? Wenn du sie vorzeigen kannst, lässt man dich in Ruhe.

MED: Glaubst du, dass die Legalisierung in Europa aus dem medizinischen Gebrauch hervorgehen könnte?

TC: Ich glaube nicht, dass das der einzige Weg ist. Nach meiner persönlichen Meinung ist jeder Cannabiskonsum therapeutisch. Nimm nur das Wort „Rekreation“, das ist ein medizinischer Begriff. Wenn du beispielsweise aus dem Krieg zurückkehrst, dann kann dir der Arzt sagen, dass du R&R brauchst, rest & recreation. Rekreation ist aber mehr als ein medizinischer Ausdruck, es ist eine Therapiemethode. Ärzte sagen oft: „Du arbeitest zu hart, geh dich ein bisschen vergnügen und spann mal aus.“ Und das ist genau, was das Marihuana tut. Darum vergleichen es viele mit dem Alkohol, aber die Trunkenheit ist keine Rekreation. Der Alkohol macht Menschen zu furchtbaren Autofahrern und furchtbaren Ehemännern, richtet ihre Gesundheit zugrunde. Marihuana ist ein Heilmittel und hat in vielen Fällen eine wohltuende Wirkung. Natürlich gibt es Leute, vor allem jüngere, die alles übertreiben, die sehen wir überall. Das ist nicht nur beim Marihuana so, egal was in ihre Hände kommt, davon nehmen sie zu viel.

Tommy Chong

MED: Wenn wir schon vom medizinischen Gebrauch sprechen: Es ist bekannt, dass bei dir vor zwei Jahren Prostatakrebs im Frühstadium festgestellt wurde. Der Tumor ging durch den Gebrauch von Cannabisöl soweit zurück, dass man ein paar Monate nach der Diagnose von einer 99-prozentigen Heilung sprach, was ein fantastisches Ergebnis ist! Als du die Diagnose bekamst, hast du da beschlossen, dich statt mit einer traditionellen Behandlungsform mit Cannabisöl zu kurieren?

TC: Nicht ganz. Ich habe ein Video mit Rick Simpson gesehen, das von großer Wirkung auf mich war. Es zeigte, wie das Öl sein Melanom heilt. Ich suchte einen Arzt auf, der aber noch nichts von der Cannabistherapie gehört hatte, und der sie weder empfehlen noch von ihr abraten konnte. Als ich dann auf CNN News verkündete, dass ich den Krebs mit Cannabis besiegen würde, nahmen sich die Medien meinen Arzt vor, der dadurch gezwungen war, sich in die Fachliteratur der Antikrebswirkung von Cannabis zu vertiefen. Die Erfolge überzeugten ihn in höchstem Maße und er entschied sich in meinem Fall – statt zur Entfernung der Prostata – zu einem mit Cannabisöl gefüllten Kegel.

MED: Benutzt du das Öl noch zur Vorbeugung oder Nachbehandlung?

Tommy Chong stellt junge Tänzerinnen und Tänzer in der Fernsehshow “Dancing With The Stars” (2014) in den SchattenTC: Eher zur Vorbeugung, weil das Marihuana die Krebszellen tötet. Die Krebszellen sind mikroskopisch klein, man kann also nie sicher sein, dass sie endgültig verschwunden sind. Das ist so, wie wenn ein Auto anfängt zu rosten. Das fällt dir lange nicht auf, und wenn du die ersten Anzeichen siehst, ist es längst zu spät. Also ist der vorbeugende Gebrauch von Cannabis meine Sicherheit für die Gesundheit. Das ist auch nötig, denn wenn der Krebs an einer Stelle aufgetaucht ist, dann ist die Gefahr groß, dass er sich auch anderswo zeigt.

MED: Wie muss sich ein erfahrener Marihuanakonsument die Wirkung des Cannabisöls beim ersten Gebrauch vorstellen? Ähnlich intensiv wie ein potentes Cannabisgericht, oder ist das nicht vergleichbar?

TC: Mich hat das zuerst total umgehauen. Zwei Tage lang musste man mich praktisch ins Bad schleppen.

MED: So high warst du?

TC: Mehr als high, eher low. (lacht)

MED: Und drei Tage später war es besser?

TC: Ja, da war ich schon wieder ok. Es war mir klar geworden, dass das Öl den Körper in ein Koma versetzt, in dem der Körper sich selbst heilt. Es schaltet alles aus. Dein Körper spürt keine Beklemmung, Unruhe oder moralische Zweifel, eher versucht er sich daran zu erinnern, wie man sich aufsetzt oder aufsteht. Er schließt alles aus – so kann er sich selbst heilen.

MED: In den letzten Monaten hast du versucht, Gott und die Welt davon zu überzeugen, dass dein Körper eine vollkommene Selbstheilung vorgenommen hat. Millionen von Fernsehzuschauern konnten sehen, wie du als ältester Teilnehmer in der Fernsehshow „Dancing With The Stars“ mit einem Dutzend Tanznummern entzückt hast.


TC: Hast du das gesehen? Davon rede ich! Ich habe getanzt wie ein junger Gott! (lacht)

MED: Soweit ich weiß, hast du bei der Show kein Cannabis konsumiert. Warum hast du so entschieden?

TC: Weil ich der Welt und vor allem den Jüngeren zeigen wollte, dass Gras nicht abhängig macht. Wenn du abhängig wirst, liegt das an der Psyche. Ich wollte zeigen, dass man eine Pause einlegen kann, wann immer man will. Und das muss man auch von Zeit zu Zeit!

MED: Machst du auch sonst eine Pause von ein bis zwei Wochen?

TC: Natürlich, wenn ich mich so fühle, höre ich eine Weile auf. Dann mache ich weiter, ohne zu zögern. Nach der Tanzshow bin ich zum Cannabis zurückgekehrt.

MED: Wenn ich mich nicht irre, hast du auch deine eigenen Sorten. Vor Kurzem hast du die Sorte Chong Star angekündigt. Veredelst du oder züchtest du auch selbst?

TC: Nein, ich nicht. Aber ich habe einen Freund, der Profizüchter ist. Den kenne ich schon lange und er hat die Sorte auf meine Bitte und nach meinem Geschmack gezüchtet, und das ist ihm gelungen!

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