Cannabis und Allergie

Von der Nesselsucht zur Asthmabehandlung

THC lässt sich praktisch nicht überdosieren – auch Beschreibungen, die zur Abschreckung dienen sollen, erkennen an, dass es unmöglich ist, eine tödlich wirkende Dosis Cannabis zu konsumieren. Aber wie steht es um diejenigen, die – vielleicht ohne es zu wissen – gegen einen Bestandteil einer Pflanze allergisch sind und sie trotzdem zu sich nehmen? In unserem Artikel fassen wir zusammen, was man über die Verbindung von Cannabis und Allergie wissen sollte.

Obwohl man es nicht überdosieren kann, muss man manchen vom Marihuanagebrauch abraten. Bei einigen Menschen löst das THC paranoide oder psychotische Reaktionen aus. Von ihnen sagen die Jamaikaner, dass “sie keinen Kopf für das Marihuana haben”. Eine andere Gruppe ist jedoch gezwungen, das Cannabis nicht wegen unangenehmer psychischer Symptome, sondern wegen allergischer Reaktionen zu meiden. Von Cannabis hervorgerufene allergische Symptome wurden schon in den 70er Jahren beobachtet, doch einerseits in geringer Zahl, andererseits können wir im Großen und Ganzen wegen des Verbots nur auf anekdotische Schilderungen zurückgreifen. Weder ist geklärt, welcher Bestandteil des Cannabis für die allergischen Reaktionen verantwortlich ist, noch, warum einige Leute empfindlicher auf diese Bestandteile reagieren. Die Berichte unterscheiden jedenfalls Reaktionen, die beim Rauchen, dem oralen Konsum, dem Einatmen der Pollen beziehungsweise beim Berühren der Pflanze auftreten.

Pollen ante portas

Meist sind nicht die psychoaktiven Bestandteile des Cannabis, sondern der Blütenstaub der männlichen Pflanzen für die allergischen Reaktionen verantwortlich. Diese finden sich sowohl bei den veredelten als auch bei wild wachsenden Pflanzen. Kompliziert wird das Bild dadurch, dass in der Umgangssprache der Wilde Hanf oft mit der Ambrosia verwechselt wird, deren allergene Wirkung ungleich stärker ist, daher sind die Fallberichte oft irreführend. Gegen Hanfpollen empfindliche Menschen berichten meistens von Juckreiz, Nesselfieber, allergischem Schnupfen und allergischen Bindegewebsentzündungen, die bei vielen auch durch Berührung ausgelöst werden. Eine Untersuchung aus Arizona, in den 80er Jahren erstellt, fand heraus, dass bei 70% der Personen, die an atopischer Dermatitis leiden, der Hauttest auf Cannabispollen positiv ausfällt. Außerdem wurden Fälle bekannt, in denen die Allergie erst nach langjährigem Gebrauch oder der regelmäßigen Beschäftigung mit Marihuanapflanzen auftrat. In mehreren Fällen erkrankten Mitarbeiter von Forschungszentren, die Cannabispflanzen anbauen und vorher jahrelang symptomlos die Pflanzen gepflegt hatten. Ed Rosenthal, Autor von zahllosen Büchern über den Hanfanbau, berichtet von einem Fall, wo ein geübter Züchter von einem Tag auf den anderen allergische Hautreaktionen an sich selbst feststellte, und zwar in der Nähe von Cannabispflanzen und getrockneten Blütenständen, während er beim Konsum nichts dergleichen gespürt hatte. Bei ihm beseitigten Allergiepräparate aus der Apotheke die Symptome. Da in einigen Fälle Gärtnereien, die nur weibliche Pflanzen anbauen, betroffen waren, ist es wahrscheinlich, dass außer dem Pollen auch andere Bestandteile die Irritationen auslösen können. Die eindeutige Identifikation der allergenen Stoffe bereitet gegenwärtig noch große Schwierigkeiten, doch verfügen die Allergologen über Mittel, die Typen der Pollenallergien zu erkennen, die sie, ähnlich wie andere Allergien auch, behandeln können.

In Rauch aufgegangen

Auch vom Rauchen der Marihuanablütenstände sind Reaktionen bekannt, die mit Schnupfen, Asthma, Nesselfieber, Haut- und Schleimhautreizungen oder aber mit Reizungen der Atemwege einhergehen. Im Falle des Cannabisrauchens kann die Allergie von den Pollen und auch von dem psychoaktiven Hauptstoff, dem THC, ausgelöst werden. 2012 wurde eine Untersuchung mit 17 Teilnehmern veröffentlicht. Die Testpersonen berichteten über beim Rauchen auftretende allergische Symptome, die auch ein Hauttest mit Cannabistinktur bei allen bestätigte. Die Forschung ging nicht über die reine Feststellung hinaus und lieferte keine Details, mit welchen Methoden die beobachteten Symptome zu behandeln wären. Obwohl die Meinung vertreten wird, dass die Immuntherapie bei Allergie durch Rauchen von Cannabisblüten wirken könnte, wurde diese Möglichkeit von der Wissenschaft noch nicht eingehend geprüft. Allergien durch Rauchen können auch durch Verunreinigung, typischerweise Schimmel oder Pilze, verursacht werden. Nach den Angaben über Schimmel ruft dieser die Atemwegsreizung APPA hervor, außerdem Lungenentzündungen, allergischen Schnupfen und Asthma. Das Rauchen von pilzbefallenen Blüten kann Bronchialkrämpfe verursachen; der ständige Kontakt mit Pflanzen, die von dem Pilz Histoplasma capsulatum befallen sind, tuberkuloseartige Symptome.

In Speisen zu sich genommen

Jenseits des Ozeans erfreut sich der Cannabiskonsum in Speisen immer größerer Beliebtheit, mehrfach hört man, dass zur Meidung der Gesundheitsrisiken durch Rauchen und des länger andauernden Genusses das Rauchen in der Zigarette oder Pfeife bald der Vergangenheit angehören wird. Der Konsum von Marihuana in Gebäck oder anderen Speisen scheint auch hinsichtlich von Reizungen vorzuziehen zu sein, denn hier sind allergische Reaktionen weniger charakteristisch – es gibt Angaben, dass es gelegentlich zu Nesselfieber und Ödemen kommt. Gleichzeitig kann der Konsum von Space Cakes mit anderen Speisen – beispielsweise mit Aprikosen und Tomaten – wie andere Pollen-Gemüse-Kombinationen bei dafür empfindlichen Personen Kreuzreaktionen hervorrufen. Die Behandlungsmethode ist in diesem Fall die gleiche wie bei anderen Lebensmittelallergien, und nach der Feststellung der kritischen Kombination sind ähnliche Fälle leicht zu vermeiden. Eine besondere Kategorie istder Gebrauch der auch hierzulande erhältlichen Hanfproteine, der zu Erbrechen führen kann. Der sicherste Weg für die Betroffenen ist, Produkte, die Hanfproteine enthalten, zu meiden.

Gegen Hautreizungen und Ekzeme

Es muss noch einmal betont werden, dass Hanfallergien weniger verbreitet sind als Al-lergien gegen Ambrosia oder Haselnüsse und dass sie gewöhnlich leichte Symptome aufweisen, die mit traditionellen Therapien gut zu behandeln sind. Die Forscher entdecken immer mehr Fälle, in denen das Cannabis ein geeignetes Mittel zur Allergiebehandlung sein kann. 2007 stellten Mitarbeiter der Bonner Universität fest, dass eine Gruppe von Mäusen, die über einen niedrigen Endocannabinoidspiegel verfügten, Nickelallergie an ihren Identifizierungsmarken im Ohr aufwiesen. Der Forschungsleiter Andreas Zimmer behandelte die betroffenen Hautpartien mit 30µg synthetischem THC, woraufhin die Reizung um die Hälfte zurückging. Die Untersuchung legt die Möglichkeit nahe, dass gegen Ekzeme und Asthma, das sich bei einem niedrigen Endocannabinoidspiegel entwickelt, THC eine wirkungsvolle Therapie sein könnte. Die Behandlung von Asthma mit Cannabis kann nicht mehr als Neuigkeit betrachtet werden, denn Dr. Donald Tashkin zeigte schon 1974 auf, dass gerauchtes Marihuana oder oral genommenes THC nach zwei Stunden die asthmatischen Symptome bedeutend verringert. Natürlich ist bei Asthma zu beachten, dass der Konsum mit dem Vaporisator oder dem THC-Aerosol eine sicherere Methode ist als das Rauchen des Grases mit Tabak gemischt. Dank der Verbreitung des medizinischen Gebrauchs von Cannabis und der verbesserten Forschungsbedingungen infolge der Legalisierung gibt es gute Chancen, dass sich Cannabis von heilender Wirkung für noch andere Gruppen von Allergiesysmptomen erweisen wird.

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