Cannabis räuchern!

Hanf-Anwendung jenseits von Joint und Vaporizer

Cannabis wird nicht nur gegessen, vaporisiert oder geraucht, so wie das Usus ist, sondern manchmal, wenn auch selten, sogar als Räucherstoff verwendet. Nun wird vielleicht mancher die Nase rümpfen und denken, dass es doch Verschwendung ist, das gute Gras in die Räucherschale auf die Glut zu geben. Psychoaktive Räuchermischungen allerdings haben es oftmals in sich. Sie können bei richtiger Anwendung den Geist ebenso erweitern wie gerauchtes Kraut oder Harz.

Räucherwerk wird schon lange angewendet, Hanf zum Beispiel wird seit vielen Tausend Jahren geräuchert. Der griechische Historiker Herodot (ca. 490–430 v. Chr.) stellte in seinem Geschichtswerk als Erster die schamanische Cannabis-Anwendung als Räuchermittel dar. Die Skythen bauten für Begräbnis- und Reinigungsrituale ein Filzdeckenzelt über einem Feuer auf. In dieses setzten sie sich und warfen Cannabissamen auf die glühenden Steine. Die entstehenden Dämpfe wurden dann voller Wohlgefühl inhaliert.

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Cannabis indica wurde hauptsächlich in Asien, Cannabis sativa in Europa und Cannabis ruderalis von den Skythen verwendet, wobei nur die Schamanen der mongolischen Skythen den Ruderalhanf rituell nutzten, die der antiken Skythen hingegen Cannabis sativa.

In Indien und Nepal wird der geheiligte, Shiva zugeordnete Hanf bis heute ab und zu geräuchert. Die orale Einnahme und das Rauchen sind aber wesentlich verbreiteter.

Cannabisräucherungen werden in Nepal beispielsweise gegen Halluzinationen eingesetzt. Als Gegenmittel bei Vergiftungen räuchert man in Pakistan und Indien mit Haschisch. Die indische Schrift Mahabharata nennt eine Räucherrezeptur aus Cannabis, Lack, Harz und Butterfett. Beim genannten Lack handelt es sich um ein Baumprodukt, beim Harz vermutlich um indischen Weihrauch. Im alten China war Hanf ebenfalls heilig und eines der ältesten Räuchermaterialien zur Geisteranrufung, und auch im alten Orient wurde Cannabis schon im 9. Jahrhundert vor Christus von den Assyrern bei Vergiftungen, zur Geistervertreibung und gegen psychische Leiden geräuchert. In Europa hatte sich folgender Brauch herausgebildet: „Aus mittelalterlichen Quellen geht hervor, dass bei Festen große Mengen Hanfkraut ins Feuer geworfen wurden, um die Stimmung zu heben. Ähnliche Räuchereien wurden in Deutschland bis ins 19. Jahrhundert hinein bei der jährlichen Hanfernte durchgeführt.“

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Anwendung

Natürlich ist es bei der Vielzahl an vorhandenen Möglichkeiten, welche die natürlichen Ressourcen bieten, auf Dauer langweilig, immer nur Cannabis zu verbrennen. Daher mischt man Räucherungen traditionell schon seit Langem aus verschiedenen Kräutern, Harzen, Rinden und Früchten. Grundsätzlich können wir hier stark vereinfacht die diversen Räuchermixturen in drei Kategorien unterteilen, nämlich in rein olfaktorische, heilende und psychoaktive, wobei die Kategorien sich gegenseitig nicht ausschließen müssen.

Als Räuchermittel eignen sich alle Hanfarten (sativa, indica und ruderalis) und Hanfprodukte: Blüten (Marihuana), Kraut und Blätter, Stengel, Harz (Haschisch) und Samen (auch solche, die als Vogelfutter verkauft werden). Die oftmals im Handel zu findenden Räucherstäbchen namens „Hanf“, „Hemp“, „Hennep“, „Cannabis“, „Canna“ oder „Mountain Cannabis“ enthalten kein THC und duften auch nur selten wirklich nach Hanf. Besser sind da schon selbstgemachte Räucherstäbe: Aus frischen Hanfzweigen wird ein mit Naturfaser gebundenes gleichmäßiges Bündel gefertigt und zum Trocknen aufgehängt. Sobald es trocken ist, kann es wie ein Räucherstab abgebrannt werden. Solche Bündel lassen sich natürlich auch vorzüglich aus Kombinationen verschiedener Pflanzen herstellen.

Zum Abschluss habe ich für die Praxis einige wenige Rezepturen auf Hanfbasis bzw. mit Hanfanteil für Räuchermischungen aufgeführt. Ich beginne mit meiner Lieblingseigenkomposition, deren Zusammensetzung allerdings immer variieren kann. Nicht jeder liebt die wilde Mischung dieser verschiedenen Zutaten. Die geistbewegende Wirkung des Rezepts blieb hingegen bislang den wenigsten Probanden verborgen.

– 1 Teil Marihuana-Blüten (Cannabis spp.) THC

– 1 Teil Stechapfelsamen (Datura spp.) Tropanalkaloide

– 1 Teil Tollkirschen-Blätter (Atropa belladonna) Tropanalkaloide

– 1 Teil gemahlene Mohnkapsel (Papaver somniferum) Opiumalkaloide

– ½ Teil Löwenohr-Kraut (Leonotis leonurus) Diterpene, Cumarine

– ½ Teil Salvia-Blätter (Salvia divinorum) Salvinorin A

– ½ Teil Stachelmohn-Kraut (Argemone mexicana) (Isochinolin-) Alkaloide

– ¼ Teil Kalmus-Wurzel (Acorus calamus) Asaron (Eugenol, Safrol)

– ¼ Teil Galanga-Wurzel (Kaempferia galanga) ätherisches Öl mit div. Wirkst.

– 3 bis 5 geröstete Yopo-Samen (Anadenanthera peregrina) DMT, 5-MeO-DMT, Bufotenin

– 2 bis 6 Eibennadeln (Taxus baccata) Taxoide

– beliebig viel Katzenminze (Nepeta cataria) Nepetalactone

Je nach Verfügbarkeit eignen sich getrocknete Coca-Blätter, Fruchtkörper des Fliegenpilzes Amanita muscaria und natürlich Copal-Harz vorzüglich zur Ergänzung der Mischung.

Christian Rätsch gibt in der „Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen” zwei Anti-Asthma-Räuchermischungen mit Cannabisanteil an. Diese sind medizinisch höchst wertvoll und durchaus auf eigene Gefahr anwendbar.

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Asthmazünder „Pressant“ (1904)

(nach Rätsch 1998, S. 786)

– 40 % Folia Stramoni (Datura stramonium, Stechapfel-Blätter)

– 10 % Herba Cannabis indica (Hanfkraut bzw. -blüten)

– 2,5 % Herba Hyoscyami (Hyoscyamus niger; Bilsenkraut-Kraut)

– 30 % Kalium nitricum (Kaliumnitrat)

– 2 % Anethol (aus Anethum graveolens o. ä.)

– 15,5 % Bindemittel (z. B. Gummi arabicum)

Das Gemisch wird verdampft und bei Asthma inhaliert.

 

Asthmaräucherpulver „Hadra“ (ca. 1920)

(nach Rätsch 1998, S. 786)

Diese Rezeptur ist leider nur teilweise erhalten. So finden sich zwar alle Ingredienzien, nicht aber die Dosierungsangaben. Das Asthmaräucherpulver „Hadra“ wurde früher offiziell in Apotheken Mitteleuropas als Asthmamittel verkauft.

– Herba Cannabis indica (Cannabis indica), Kraut

– Folia Stramoni (Datura stramonium), Blätter

– Herba Hyoscyami (Hyoscyamus niger), Kraut

– Herba Lobelia (Lobelia inflata), Kraut

– Folia Eucalypti (Eucalyptus sp.), Blätter

– Kalium nitricum (Kaliumnitrat)

– Menthol, ätherisches Öl

 

Ein weiteres, einfaches Rezept in Rätschs Buch ist der

„Weihrauch, um Visionen zu erschauen“ nach J. Rose (Rätsch 1998, S. 786)

Man nehme gleiche Teile von:

– Sandelholz (Santalum album)

– Hanfblüten, weibliche (Cannabis sativa)

– Stechapfelsamen (Datura innoxia oder Datura spp.)

– eine Prise Veilchenwurzel (Viola odorata)

– Sandelöl, Benzoe und Tolubalsam zur Aromatisierung.

Damit schließen wir unsere kleine Betrachtung zum Räucherstoff Cannabis ab. Zu bemerken ist, dass es neben dem Rauchen und oralen Verzehr von Hanfprodukten weitere Anwendungen gibt, die jedoch in unserer modernen Welt allmählich in Vergessenheit geraten. Hoffen wir, dass bald wieder Zeiten kommen werden, in denen jeder seine eigenen Präferenzen auszuleben befugt ist. Hanf als Räucherstoff hat ein wesentlich größeres Potenzial, als zurzeit in der Öffentlichkeit bekannt ist. Wohl bekomm,s!

 

 

Quellen

Berger, Markus (2003): Eine wenig bekannte Hanf-Spezies: Cannabis ruderalis Janischewsky, in: Hanfblatt 05/03, S. 22-25

Clarke, Robert C. (1995): Skythian Cannabis Verification Project, in: Journal of the International Hemp Association 2(2), S. 194

Jettmar, Karl (1981): Skythen und Haschisch, in: Völger, Gisela (Hg.), Rausch und Realität, Band 1, Köln: Rautenstrauch-Joest-Museum, S. 310–313

Manniche, Lise (1989): An Ancient Egyptian Herbal, London: British Museum

McKenna, Terence (1992): Speisen der Götter, Löhrbach: Werner Pieper and The Grüne Kraft

Rätsch, Christian (1998): Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen, Aarau: AT Verlag

Ders. (1996): Räucherstoffe. Der Atem des Drachen, Aarau: AT Verlag

Thompson, R. Campbell (1949): A Dictionary of Assyrian Botany, London: British Academy

Touw, Mia (1981): The Religious and Medicinal Uses of Cannabis in China, India, and Tibet, in: Journal of Psychoactive Drugs 13 (1), S. 23–34

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