Cannabis-Legalisierung:

Minister fühlt sich im Zeitplan

Wie heißt es im Volksmund: „Worte, denen keine Taten folgen, sind nichts wert!“
Was sind die Worte von SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach wert? Er hat Ende Januar seinen Zeitplan für die Cannabis-Legalisierung in Deutschland bekräftigt. Sein Ministerium werde noch im ersten Quartal 2023 eine „sehr gute Lösung“ vorlegen, sagte er.

Dieser Zeitplan gilt für Lauterbach offenbar noch, obwohl die EU-Kommission in Brüssel völlig unbeeindruckt von seinem „Eckpunktepapier“ zur „kontrollierten Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken an Erwachsene“ war. Die Kommission scheint laut Medienberichten seit Oktober 2022 die deutschen Pläne überhaupt nicht geprüft zu haben. Eine reine Absichtserklärung reiche nicht, heißt es aus Brüssel. Also arbeiten die Beamten im Gesundheitsministerium gleich am Entwurf.

Zwischendurch soll das gemeinnützige Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD Hamburg) von den beteiligten Bundesministerien Ende 2022 den Auftrag erhalten haben, die geplante Legalisierung von Cannabis zu beleuchten. Das Gutachten soll parallel zum Gesetzesentwurf entstehen. Es soll geprüft werden, wie Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden können. Der Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm Cannabis sollen straffrei bleiben, privater Eigenanbau in begrenztem Umfang und der Verkauf an Erwachsene in lizenzierten Fachgeschäften erlaubt werden. Das Gesetz muss nach den Vorgaben von Lauterbach einer europa- und völkerrechtlichen Prüfung in Brüssel standhalten.

Druck bekommt Lauterbach aus den Regierungsfraktionen: FDP-Gesundheitssprecher Andrew Ullmann fordert „schnellstmöglich“ einen Gesetzesentwurf. Auch die grüne Gesundheitsexpertin Kirsten Kappert-Gonther will „zeitnah“ einen Entwurf sehen.

Lauterbach hat noch Zeit bis Ende März. Er muss liefern: Legalisierungsaktivisten wie Law Enforcement Against Prohibition (LEAP) oder der Cannabis Verband Bayern (CVB) haben schon Aktionen angekündigt. „Wir lassen uns nicht ewig hinhalten“, sagt CVB-Vorsitzender Wenzel Cerveny. Besonders die sofortige Entkriminalisierung ist ein besonderes Anliegen vieler Aktivisten.

Kult-Liedermacher Hans Söllner (links) attestiert der Politik Ahnungslosigkeit
Wenzel Cerveny: „Wir lassen uns nicht ewig hinhalten.“

Gut gekontert hat der Bundesgesundheitsminister dem Cannabis-Gegenwind aus der (eigentlich nicht zuständigen) bayerischen Landesregierung. Das neue Gesetz werde kommen, so Lauterbach, weil der Freistaat Bayern den steigenden Cannabis-Konsum nicht unter Kontrolle bringe. „Wir führen Cannabis in Bayern nicht neu ein, sie kriegen es nicht in den Griff“, betonte Lauterbach in einer Talkshow. Die CSU kommt nach den Worten von Lauterbach bei einem so komplizierten Thema wie Cannabis „mit populistischen Gassenhauern“ nicht weiter. Die Probleme könnten nicht „wegpolemisiert“ werden. Niemand – auch der bayerische Gesundheitsminister Holetschek – habe die Möglichkeit, „den Cannabis-Konsum einfach weg zu eliminieren“.

Genug Erfahrung mit den bayerischen Ermittlern hat der bayerische Kult-Liedermacher Hans Söllner (67) gesammelt. Auf der Vorstellung seiner Kooperation mit hanf.com in München rede er sich in Rage: „Die Legalisierung ist nicht wichtig, aber die Entkriminalisierung.“

Hans Söllner versucht seit mehr als 40 Jahren, die Legalisierung von Hanf auf den Weg zu bringen: „Verfolgung, Diskriminierung, Hausdurchsuchungen, Verkehrskontrollen, Unterdrückung und Strafen haben mich nicht gehindert, weiter für die Legalisierung zu kämpfen.“ Hart geht der bayerische Rebell mit der Bundesregierung ins Gericht. Er glaubt nicht an die Legalisierung: „Politiker haben keine Ahnung, sie kennen sich mit dem Thema nicht aus.“

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