Cannabis in China

Von der traditionellen Anwendung zur industriellen Produktion

YanHua Huang ist ein Geschäftsmann aus China, der CBD-Produkte herstellt und mit ihnen handelt. Mit ihm sprachen wir über die jahrtausendealte Tradition von Cannabis als Bestandteil der chinesischen Wirtschaft, Medizin und Gesellschaft. Heute ist THC-reiches Cannabis illegal, doch es gibt seit gut zehn Jahren wieder eine stetig wachsende legale Hanfindustrie. Viele chinesische Unternehmen werden nun auf diesem Gebiet aktiv und beliefern bereits jetzt Händler weltweit. YanHua oder Michael, wie er sich nennt, ist einer von ihnen.

 

Bevor YanHua zur aktuellen Lage kommt, muss er weiter ausholen und uns etwas über die Geschichte Chinas erzählen. Hanf werde seit mindestens 6.000 Jahren in China angebaut – neben Hirse, Reis und Bohnen kultivierten die Bauern in der frühen Jungsteinzeit Cannabis. Sie nutzten seine Samen und Fasern zur Herstellung von Nahrungsmitteln, Papier, Öl, Textilien, Seilen und Heilmitteln.

Ab der Gründung der Volksrepublik China im Jahr 1949 wurden der Anbau von Cannabis und seine Nutzungsmöglichkeiten intensiv erforscht. Über Jahrzehnte hinweg wurden Hunderte von Studien über die Eigenschaften der Samen und Fasern sowie über deren Potenzial in Industrie und Nahrungsmittelproduktion durchgeführt. Doch mit dem generellen Verbot 1985 hat die Regierung begonnen, in vielen Gegenden Chinas Cannabisfelder zu vernichten.

Einige Provinzen geben den Hanfanbau wieder frei

2010 war Yunnan die erste Provinz, in der der Anbau von Hanf wieder erlaubt wurde. Im Jahr 2017 folgte die Provinz Heilongjiang und in der Provinz Jilin wurde erst kürzlich der Anbau erlaubt. Es können, ähnlich wie in Europa, nur Sorten aus einem Saatgutkatalog gewählt werden, die weniger als 0,2 Prozent THC haben. Eine Beschränkung bezüglich des CBD-Gehalts gibt es nicht, einige Sorten haben mitunter über 5 Prozent CBD. Für die Extraktion haben nur eine Handvoll Unternehmen eine Lizenz. Diese Lizenznehmer wiederum werden vom Staat streng kontrolliert, jeder Lizenznehmer hat eine eigene Kontrollstelle und jeder Warenein- sowie -ausgang wird penibel geprüft. die Weiterverarbeitung von CBD ist aber nicht gesondert gesetzlich geregelt – CBD fällt einfach in die Kategorie der Lebensmittelzusätze. In den genannten Provinzen hat sich eine große Industrie entwickelt, die beständig weiter wächst.

Michaels Unternehmen handelt, wie die meisten chinesischen Firmen auf diesem Gebiet, mit CBD-Extrakten und CBD-Zubereitungen für E-Zigaretten. Es gibt etliche Unternehmen, die schon längere Zeit Produkte aus Hanf – etwa Stoffe und Seile – exportieren; nun kommen immer mehr Unternehmen hinzu, die hauptsächlich CBD exportieren. Michaels Firma Bioneovation hat beispielsweise Kunden in Slowenien, Italien und anderen europäischen Ländern.

 

Doch wie kommt YanHua zu Cannabis und CBD?

YanHua „Michael“ Huang erzählt uns, dass er schon in jungen Jahren im Zuge seines Studiums in London das erste Mal in Kontakt mit Cannabis gekommen sei. Richtig essenziell sei es erst geworden, als seine Mutter an einem Tumor der Nase erkrankte. Michaels Familie zog daraufhin nach Kanada, wo zum einen die Luft besser sei und zum anderen medizinisches Cannabis seit Jahrzehnten angewendet werde. Damals gab es in China nämlich noch keine legalen Möglichkeiten, an Cannabis- bzw. Hanfprodukte zu gelangen. In Kanada konnte YanHuas Mutter Cannabisprodukte und CBD-Extrakte ausprobieren – sie wendet diese nun mit Erfolg gegen ihre Schmerzen an.

Medizinische Anwendung

YanHua verrät uns, dass der medizinische Gebrauch von Cannabis in der chinesischen Medizin nicht so geläufig ist. Es würden aber verschiedene pflanzliche Präparate angeboten, die Hanfsamen enthielten. Die Ärzteschaft in China wisse aber über die medizinischen Eigenschaften von Cannabis zu wenig und im Allgemeinen gebe es zu wenige Studien. Deshalb sponsert Michaels Unternehmen einige Krebsforschungsinstitute und -kliniken in Malaysia, Japan, Thailand und China.

Die traditionelle chinesische Medizin (TCM) hingegen macht weit mehr Gebrauch von Cannabis und pflanzlichen Medikamenten allgemein. In der TCM gilt Cannabis sogar als eines der fünfzig grundlegenden Kräuter der chinesischen Pflanzenheilkunde. Aber das Verbot von 1985 ließ die traditionellen Zubereitungen des Cannabis aus der traditionellen chinesischen Medizin verschwinden.

 

Das Stigma in Gesellschaft und Politik

YanHua sagt, die Gesellschaft sei nicht ausreichend über das Thema informiert. Eine Unterscheidung zwischen THC und CBD bzw. zwischen medizinischer Anwendung und Freizeitgebrauch finde im öffentlichen Diskurs in China nicht statt. Cannabis werde als Droge wahrgenommen und gesellschaftlich vorwiegend abgelehnt. Doch Michael versucht, auf öffentliche Stellen einzuwirken, auch mithilfe der gesammelten Erkenntnisse und Erfahrungsberichte seines Besuchs auf der International Cannabis Policy Conference in Wien.

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