Cannabis für das kranke Kind: Haftstrafe

Zu einer teilbedingten Haftstrafe wegen Suchtgifthandels wurde eine Steirerin im August am Landesgericht Graz verurteilt. Vor Jahren war die damals 14-jährige Tochter der Schulwartin schwer erkrankt. Aufgrund ihrer Erkrankung an Lymphdrüsenkrebs brauchte sie Chemotherapien und litt fürchterlich darunter. Die Tochter erbrach sich ständig, konnte weder feste noch flüssige Nahrung bei sich behalten und wurde immer schwächer. Daher besorgte ihre Mutter zunächst Tropfen auf Cannabisbasis (70 Euro für 5 ml), die Linderung verschaffen sollten. Später baute sie selbst Cannabis im Garten an, aus deren Blüten sie Tropfen, Salben, Butter und Tinkturen selbst herstellte.

Die Richterin vorverurteilte die Angeklagte, sie habe ohne Absprache mit den Ärzten der Onkologie agiert, und machte ihr absurde Vorwürfe: „Haben Sie überprüft, was da drin ist, bevor sie es ihrer schwerkranken Tochter zur Chemo dazugaben? Außerdem, haben Sie an Wechselwirkungen gedacht? Ist das nicht ein bisschen gefährlich?“ Sie habe sich im Internet informiert, erklärte die Mutter – und stellte eine Gegenfrage: „Was gibt es denn Schlimmeres als eine Chemotherapie?“

Aus mehreren Pflanzen in ihrem Garten stellte sie über vier Jahre hinweg verschiedene medizinisch wirksame Cannabisprodukte her – diese gab sie auch im Bekanntenkreis weiter, ohne Geld dafür anzunehmen. Gelagert wurde das Cannabis in einem Kühlschrank im Keller, verriegelt mit einer Kette. Denn der Sohn der Angeklagten habe ein Drogenproblem, heißt es. Ein erwischter Konsument hatte der Polizei erzählt, dass er Cannabis vom Sohn der Angeklagten bekommen habe, und hatte somit den Stein ins Rollen gebracht. Dem Sohn war es scheinbar trotz Verriegelung gelungen, etwas Cannabis zu entwenden.

Ganz im Stile der Cannabisgegner wurde die Richterin nicht müde zu betonen, wie gefährlich Cannabis sei, vor allem mit – wie in diesem Fall – hoher Wirkstoffkonzentration: Sie habe in ihrer langjährigen Tätigkeit als Staatsanwältin und Richterin schwerste Psychosen nach Cannabiskonsum gesehen, so die Vorsitzende.

Die Schulwartin wurde letztendlich zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt, zwölf davon bedingt. Der Rest wird in eine Geldstrafe in Höhe von 960 Euro umgewandelt. Der positive Aspekt, den die Verhandlung begleitete, aber von der Richterin ignoriert wurde: Die Tochter der Angeklagten, heute 19 Jahre alt, ist wieder völlig gesund.

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