Cannabis als Arznei in Österreich

Wir sprechen mit Patientinnen und Patienten über ihre Erkrankungen, ihre Erfahrungen mit Cannabis und die Situation in Österreich

Patrick (28) wohnt im Burgenland in Österreich. Er ist seit einem Autounfall vor fast zehn Jahren querschnittsgelähmt. Die Lähmung verursacht massive Schmerzen und Spastiken. Patrick kann seine Leiden mit Cannabinoiden lindern.

Patrick

MEDIJUANA: Bitte erzähle uns zuerst von deinen gesundheitlichen Problemen und wie diese entstanden sind!

Patrick: Ich hatte im Jahr 2005 einen schweren Autounfall. Durch diesen Unfall bin ich querschnittsgelähmt ab TH4 abwärts, das resultiert in massiver Spastik und Nervenschmerzen am gesamten Körper unterhalb der Läsion. Dazu kommt noch eine Syringomyelievon HW2-HW7, wodurch meine linke Hand taub und immer kalt ist, auch verspüre ich da kein kalt/warm-Gefühl und habe 50% weniger Kraft.

MED: Wann und wie bist du auf Cannabis als Medizin gestoßen?

P: Nach dem Unfall war ich auf Reha. Dort kam ich zu Cannabis, da viele andere, die auch auf Reha waren, Cannabis zur Linderung diverser Beschwerden geraucht haben. Da wurde ich neugierig und wollte es natürlich auch versuchen, wenn das denn wirklich so gut hilft.

So hab ich mir mit einem Patienten ausgemacht, dass wir uns abends etwas abseits der Klink treffen, um Cannabis zu konsumieren. Dieser Abend wird mir immer in Erinnerung bleiben – meine Spastik und die Nervenschmerzen waren sofort weg. Ich konnte Abstand nehmen von den Schmerzen.

Das war der Zeitpunkt, wo ich begann, mich mit Cannabis und dessen heilenden Wirkungen zu beschäftigen.

MED: Hast du dir dann gleich Dronabinol verschreiben lassen oder hast du dich zunächst über den Schwarzmarkt bzw. Eigenanbau versorgt?

Patricks MedizinschrankP: Zum Dronabinol kam ich erst viel später, zumal es zu diesem Zeitpunkt noch nicht verschreibungsfähig war. Ich hab mir zu Hause sechs Pflanzen gezogen, habe mir genau die Sorten ausgesucht, welche laut Beschreibung bei meinen Beschwerden gut helfen könnten, hab mich gut darum gekümmert und dann geerntet. Kurz nach der Ernte standen auch schon die Polizisten mit einem Hausdurchsuchungsbefehl vor meiner Türe.

Mir wurde alles weggenommen (ca. 300 g Medizin, Growequipment, …) und ich musste vor Gericht.

Brisantes Detail am Rande: Ich habe das gesamte Equipment zurückbekommen.

MED: Du bist dann wegen diesem Eigenanbau auch verurteilt worden …

P: Ja, ich habe zwei Monate bedingt auf drei Jahre bekommen. Als die Verhandlung zu Ende war, wollte mir der Richter noch einen Tipp mitgeben: „Kauf dir dein Cannabis woanders, bau es in Zukunft nicht selbst an!“ Da dachte ich nur: „Gehts noch?“

MED: Das ist wirklich unverschämt. Mittlerweile bekommst du aber legal Dronabinol. Was hilft dir bei deinen vielfältigen Beschwerden am besten?

P: Ja, mittlerweile schon, es wird auch meistens von der Kasse übernommen, ganz sicher kann ich da aber nie sein, da die Kasse die Übernahme schon einmal stoppen wollte. Aber leider hilft es mir nicht so gut, ich bräuchte ganz bestimmte Cannabis-Sorten und Extrakte. Ich muss selbst mit verschiedenen Sorten herumexperimentieren können, um zu sehen, was mir hilft. Auch deswegen muss es für Patienten die Möglichkeit des Eigenanbaus geben, damit wir uns selbst bestmöglich versorgen können.

MED: Du würdest also stark davon profitieren, wenn du selbst Cannabis – ausschließlich für deinen medizinischen Bedarf – anbauen dürftest?

P: Absolut. Es ist ja auch eine Kostenfrage und wir Patienten haben in der Regel nun mal sehr wenig Geld zur Verfügung. Der Eigenanbau ist kostengünstig und kann auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten werden. Da bleibt wenig Spielraum für Diskussionen über den Eigenanbau, meiner Meinung nach.

Medizin von Patrick: herkömmliche Tabletten, Dronabinol und CBD-Tropfen

MED: Du bist ja selbst Gründungsmitglied der ARGE CANNA, wie beurteilst du die Situation in Österreich, wird sich in geraumer Zeit etwas für die Patienten verbessern?

P: Ich bin stark der Meinung, dass sich im Jahr 2015 etwas ändern wird, da arbeiten wir als ARGE CANNA auch gezielt mit diversen Aktionen dran. Ich denke, es wird zunächst, als erster Schritt, Blüten aus der Apotheke geben. Aber wie ich vorhin schon erwähnt habe, ist der Eigenanbau für uns Patienten notwendig. Ich bin jedenfalls gespannt darauf, was sich unsere Politiker im neuen Jahr einfallen lassen werden.

Die Zeichen stehen jedenfalls für uns Patienten sehr gut.

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