Bremsen und Gegengewichte

Wie beeinflusst CBD die Wirkung von THC?

Mehrere Untersuchungen haben gezeigt, dass CBD vom THC ausgelöste Angst und gleichzeitig das Gefühl „high zu sein“ reduzieren kann. Die Dosis ist in diesem Fall jedoch außerordentlich schwierig zu bestimmen. Ist diese nicht richtig, können wir entgegen unserer Absicht sogar die psychotrope Wirkung von THC erhöhen.

 

Obwohl man glaubt, es handle sich hierbei um eine neue Erkenntnis, ist schon seit 40 Jahren wissenschaftlich erwiesen, dass CBD von THC ausgelöste Angstzustände und psychotische Symptome reduzieren kann. In den ersten Experimenten wurde Mäusen doppelt so viel CBD wie THC verabreicht. Die Ergebnisse zeigten, dass CBD die vom THC verursachte Angstbeklemmung wirksam linderte. In den frühen 80er Jahren kamen neue Sorten auf den Markt, die doppelt so viel CBD enthielten wie THC. CBD-Öl war damals noch gar nicht auf dem Markt. Vom Endocannabinoid-System wusste man auch noch nichts, daher hatten wir keine Ahnung, wie das Phänomen funktioniert. Unter diesen Umständen war es kein Wunder, dass Experimente wenig Beachtung fanden und Cannabidiol zu den Angstlösern gezählt wurde. Die Forschung wurde jedoch fortgesetzt und erbrachte immer mehr Beweise für die angstlösende Wirkung von CBD, bis die Wissenschaft schließlich ihre Versäumnisse aufarbeitete und das Zusammenwirken der beiden Hauptakteure aufdeckte.

 

Unsere inneren Cannabinoide

Die Entdeckung des Endocannabinoid-Systems im Jahr 1990 löste eine explosionsartige Entwicklung aus. Seitdem ist bekannt, dass Cannabinoidrezeptoren an verschiedenen physiologischen Prozessen im Gehirn jedes Säugetiers sowie im zentralen und peripheren Nervensystem beteiligt sind. Es wurde schnell klar, dass die Entdeckung weit über die bekannten Wirkungen von Cannabis hinausgeht, da diese Rezeptoren unter anderem für die Kontrolle von Appetit, Schmerz, Wohlbefinden, Gedächtnis und Immunfunktion verantwortlich sind und nicht nur Cannabis sie aktivieren kann.

In dieser Zeit wurden auch die CB1- und CB2-Rezeptoren entdeckt, die ein Netz in unserem gesamten Körper bilden. Ohne auf zu viele biochemische Details einzugehen, ist anzumerken, dass CB1-Rezeptoren sich hauptsächlich in Zellen des Gehirns, des Rückenmarks und der peripheren Nerven befinden, während eine andere Art von Rezeptoren, CB2 genannt, hauptsächlich in Zellen des Immunsystems zu finden sind. Diese beiden Arten von Rezeptoren werden von einigen der in Cannabis enthaltenen Stoffe beeinflusst und hier trennen sich die Wirkungen von THC und CBD. THC bindet sowohl an CB1- als auch an CB2-Rezeptoren und wirkt dadurch auf Appetit, Schmerz, Wohlbefinden, Gedächtnis und das Immunsystem, ebenso entfaltet es seine berauschende Wirkung. Im Gegensatz dazu bindet CBD mit geringer Affinität an diese Rezeptoren, aktiviert sie eher und hat keine psychotrope, berauschende Wirkung. Das ist aber nicht der ganze Unterschied: CBD aktiviert auch den Serotonin-5-HT1A-Rezeptor, was eine angstlösende Wirkung hervorruft. Geeignete Dosierungen werden derzeit noch erforscht.

Gegenwirkungen

Kehren wir zu den Mäusen zurück, die doppelt so viel CBD wie THC erhalten haben. In ihrem Fall nahm der Grad der durch THC ausgelösten Angst ab. Aber was passiert, wenn wir den gleichen Versuch an Menschen durchführen? Genau hier setzt eine Studie aus dem Jahr 2018 an. Zwanzig Männer mit einem Durchschnittsalter von 25 Jahren, die regelmäßig Cannabis konsumieren, erhielten zehn Wochen lang täglich 200 mg CBD. In dieser Zeit veränderten die Testpersonen ihren täglichen Cannabiskonsum, der durchschnittlich 5,5 Jahre angedauert hatte, nicht. Bei wöchentlich stattfindenden Untersuchungen berichteten die Probanden über eine Verringerung ihres Euphoriegefühls beim Rauchen von Cannabis, gleichzeitig aber auch über eine Verringerung der Häufigkeit und Schwere depressiver und psychotischer Symptome. Darüber hinaus verbesserten sich ihre Aufmerksamkeit und ihr Gedächtnis. Die ForscherInnen stellten keine kognitiven Beeinträchtigungen fest und kamen zu dem Schluss, dass die Veränderungen bei cannabisabhängigen Probanden deutlicher waren. Insgesamt kamen sie zu dem Ergebnis, dass eine CBD-Therapie bei der Behandlung der Cannabisabhängigkeit und der Verbesserung der dadurch verursachten Schädigungen wirksam sein kann. 200 mg CBD sind jedoch eine ziemlich hohe Dosis, die sich nur wenige Menschen täglich leisten können. Daher beschäftigten sich die ForscherInnen auch damit, was geschieht, wenn CBD in dem Verhältnis, in dem es in einigen Cannabissorten vorkommt, dem THC hinzugefügt wird. Eine 2019 veröffentlichte Studie gab eine etwas überraschende Antwort. Australische ForscherInnen untersuchten 36 gesunde CannabiskonsumentInnen, die neben einem Placebo THC und CBD in vier unterschiedlichen Gruppen vaporisierten. In der ersten wurde ausschließlich THC in einer Menge von 8 mg konsumiert. In der zweiten ebenfalls nur CBD in einer hohen Dosis von 400 mg. In der dritten und vierten Gruppe wurde THC und CBD zusammen konsumiert, jedoch mit unterschiedlichen Anteilen: einmal 12 mg THC : 400 mg CBD und einmal 8 mg THC : 4 mg CBD. Konzentrieren wir uns jetzt auf das letztere THC : CBD-Verhältnis, das eine Cannabissorte mit beispielsweise 16 % THC und 8 % CBD imitieren könnte. Von diesen Sorten wird angenommen, dass CBD den berauschenden und angstauslösenden Wirkungen des THC entgegenarbeitet. Die Forschung zeigte jedoch etwas anderes: CBD in dieser kleinen Menge erhöhte die berauschende Wirkung von THC weiter und reduziert sie nur bei der viel größeren Dosis von 400 mg.

Mit anderen Worten: Es ist wohl nötig, die Verwendung von THC und CBD zu überdenken, um die Angst vor Cannabinoiden zu verringern. Studien haben gezeigt, dass wir, wie die Mäuse, CBD mindestens zweimal in der bis zu dreißigfachen Dosis im Vergleich zu der des THC einnehmen müssen, um den unerwünschten Wirkungen von THC begegnen zu können.

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