Behandlung statt Verfolgung

In den USA läuft die Drogenreform

Die Gegner des Drogenkrieges argumentieren oft, dass für die Dollarmillionen, die zur Verfolgung der Konsumenten verwendet werden, bei der Vorbeugung und Behandlung größerer Bedarf bestanden hätte. Es gibt Anzeichen, die darauf hindeuten, dass dieses Argument in den USA endlich verstanden wird. Im April hatte nämlich der “Drug Czar” verkündet, dass in Obamas neuer Drogenpolitik die Behandlung stärker betont würde und dass Drogenkonsumenten, die sich keiner Gewalttaten schuldig gemacht haben, statt ins Gefängnis in eine Drogentherapie eingewiesen würden.

Für die später Dazugekommenen: Die USA wenden jährlich 40 Milliarden Dollar für den Drogenkrieg auf! Vielleicht können sie deshalb nicht nur auf ihre Gefängnispopulation, sondern auch auf die höchste Zahl von Drogenkonsumenten stolz sein. Im Endeffekt ist es zweitrangig, ob zur Einführung der Reform das plötzliche Erwachen sozialer Gefühle oder einfache materielle Erwägungen geführt haben. Wenn Obamas Worte kein leeres Gerede waren, wird dies auf jeden Fall nach der Legalisierung in Colorado und Washington der zweite bedeutsame Schritt zur Beendigung des Drogenkrieges sein. Drogenzar Gil Kerlikowske warnte davor, zwischen den beiden Entwicklungen einen Zusammenhang zu sehen. Eilig stellte er klar, dass das Weiße Haus trotz der Legalisierung seine Mission nicht aufgäbe, die sich in einem landesweiten Kampf gegen das Drogenproblem widerspiegele. Wie er sagte, dürfe man nicht zulassen, dass nur jene behandelt werden, die es sich leisten können, sondern es müsse jedem ermöglicht werden, der Bedarf hat. Die Strategie betont gleichzeitig, dass die Drogenkonsumenten, die sich keiner Gewalttaten schuldig gemacht haben, statt ins Gefängnis in eine Therapiemaßnahme gelangen und damit die Zahl der Sträflinge in den überfüllten Gefängnissen gesenkt wird. In den Gefängnissen der USA sitzen fast 1,6 Millionen Menschen, die Hälfte von ihnen wegen Rauschgiftbesitzes ohne Zusammenhang mit einer Gewalttat. Jeder Häftling schlägt mit jährlich 44.000 Dollar zu Buche. Man rechne das mal durch!

Gefängnis ist keine Lösung

Aus den Worten des Drogenzars geht hervor, dass die geistigen Väter des Drogenkrieges endlich eingesehen haben, dass Sucht kein strafrechtliches, sondern ein gesundheitspolitisches Problem ist. Diese Erkenntnis ist auf der Höhe der Zeit, denn in den USA ist der größte Teil der Drogen, die für Sucht und Todesfälle verantwortlich sind, nicht illegal: 43% der tödlichen Überdosierungen geschehen mit rezeptpflichtigen Schmerzmitteln. Ironie des Schicksals, dass die Mehrheit derer, die therapeutisches Marihuana benutzen, gerade Cannabis konsumieren, das man nicht überdosieren kann? Wenn das Obama-Regime den gesundheitspolitischen Ansatz wirklich ernst meinte, könnte er in erster Linie eine Kampagne im Kreis der Ärzte über die Nebenwirkungen der opiathaltigen Schmerzmittel und die Vorzüge von therapeutischem Cannabis starten. Das würde nicht mal viel kosten. Parallel dazu könnten die für die Süchtigen gedachten Therapiemaßnahmen umgesetzt werden, denn nach Angaben der Substance Abuse and Mental Health Services Administration (SAMHSA) aus dem Jahre 2011 kommt nur einer von zehn Abhängigen in Behandlung. Insgesamt 2,3 von 22 Millionen. Kerlikowske bestätigte im Zusammenhang mit Drogengebrauch ohne Abhängigkeit, dass im Alltagsgespräch immer wieder die falsche Ideologie auftauche, wo die beiden Extreme – totales Verbot und völlige Legalisierung – aufeinanderprallen. Er verkündete, dass unter seiner Amtszeit keines der beiden Extreme die Herrschaft antreten könne, weil diese nicht auf der Erfahrung oder wissenschaftlichen Tatsachen basierten. Diese Aussage ist schon deshalb witzig, weil die Amerikaner nicht über Erfahrungen mit der Legalisierung verfügen können, beim totalen Verbot hingegen schon über ein wenig zu viele. Wohl oder übel werden Colorado und Washington bald aus erster Hand Erfahrungen mit der Legalisierung liefern, von der Priorisierung der gesundheitspolitischen Aspekte werden nicht nur die USA, sondern wird die ganze Welt profitieren.

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