Anklage wegen Heilung

Kann jemand verurteilt werden, weil er das nach seinen Kenntnissen beste Therapiemittel gegen seine Erkrankung anwendet? Weil das Land diese Therapie nicht zulässt? Und jemand, der ein lebensrettendes, aber illegales Medikament Kranken unentgeltlich zur Verfügung stellt?

In jüngster Vergangenheit gab die Praxis zweier Länder abweichende Antworten auf diese Fragen. In Dänemark verhaftete die Polizei ein Paar, das PatientInnen, die an Krebs und anderen schweren Krankheiten litten, Cannabis gab. Interessant an diesem Fall ist, dass sie ihre Aktivitäten vollkommen offen entfalteten und sogar in den Medien darüber berichtet wurde. Nun droht dem Ehepaar Nielsen eine Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren. Der Ehemann therapierte zunächst seine eigenen Muskelentzündungen mit Cannabis. Vom Erfolg ermutigt, vertiefte er sich weiter in das Thema und begann, anderen Kranken Hilfe anzubieten – beispielsweise bei Multipler Sklerose, Krebs und Fibromyalgie – Krankheiten, bei denen die Fachliteratur Cannabis als wirksam beurteilt. Die Nielsens sind keine Ärzte, daher kann man über ihre Vorgehensweise geteilter Meinung sein; sie boten ihre Hilfe jedoch vollkommen unentgeltlich an und agierten in aller Öffentlichkeit. Es kann daher weder von Kurpfuscherei noch von Geldmacherei die Rede sein. Da in Dänemark unter keinen Umständen therapeutisches Cannabis verschrieben werden kann, wählten die Nielsens gezwungenermaßen diesen Weg. Sind sie damit Straftäter?

Zur gleichen Zeit entschied ein polnisches Gericht gegen die Strafverfolgung eines Patienten, der Cannabis zur Therapie angewandt hatte. Der Angeklagte litt seit sieben Jahren an Krebs; durch Konsultationen bei ÄrztInnen und Internetrecherche lernte er die positive Wirkung von Cannabis bei seinen Symptomen kennen. Er baute für sich selbst an, wobei ihn die Polizei schließlich mit der beträchtlichen Menge von 174 Gramm getrocknetem Marihuana ertappte. Obwohl in solchen Fällen sonst strenge Urteile gefällt werden, beurteilte das Gericht den gesundheitlichen Zustand des Angeklagten und die Motivation des Anbaus als strafmildernd und verhängte eine milde Geldstrafe.

Der polnische und der dänische Fall unterscheiden sich voneinander – die abweichende Beurteilung von Selbst- und Fremdmedikation muss man deutlich hervorheben.

 

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