Alle zehn Minuten eine Pflanze

Das ist der Takt, in dem die Polizei von Manchester Cannabispflanzen bei den Einwohnern der Stadt auffindet. Wenn wir das hochrechnen, kommen wir auf ungefähr tausend Pflanzen pro Woche, womit Manchester den Titel der Cannabishauptstadt Großbritanniens verdient hätte.

Der häusliche Anbau ist jedoch auf der ganzen Insel verbreitet, man denke nur an die United Kingdom Cannabis Social Clubs (UKCSC), eine Organisation, die fünfzig, sagen wir, illegal tätige Cannabis Clubs zusammenfasst. Oder die Facebook-Seite des London Cannabis Club, der zu der Zeit, als dieser Artikel geschrieben wurde, 45.000 Follower hatte. Misstrauen wir diesen Online-Statistiken, dann können wir uns auch auf die Polizeiberichte stützen, nach denen die Polizei in Großbritannien 2013 stündlich 17 Razzien auf der Suche nach Marihuana durchgeführt hat. In deren Verlauf fassten sie 100.000 Züchter, vom allerkleinsten Hobby-Grower bis zum Großhändler. Ob die Aktionen gerechtfertigt waren, sei dahingestellt. Es gelang, insgesamt eine halbe Million Pflanzen zu beschlagnahmen, das sind durchschnittlich fünf pro Züchter. Wenn wir wohlmeinend davon ausgehen, dass die Polizei sich in erster Linie für die organisierten Verbrecher interessiert, die in der Hierarchie eine höhere Stellung einnehmen, und es wenigstens bei jeder hundertsten Aktion gelingt, ihre großflächigen Plantagen aufzuspüren, dann wird der durchschnittliche kleine Züchter mit etwa drei bis vier Pflanzen geschnappt, was man als ziemlich geringe Menge bezeichnen kann, die höchstens den eigenen Bedarf abdeckt. Wir können Vermutungen darüber anstellen, welche Kosten die insgesamt 150.000 Polizeiaktionen der britischen Gesellschaft verursacht haben. Es wäre jedoch übertrieben, ihre Ergebnisse als Erfolge zu verbuchen. Wenn der Eifer der Polizei zu nichts anderem gut war, dann zumindest dazu, ein interessantes Phänomen zu beleuchten: Im Zentrum von London mit seinen 8,2 Millionen Einwohnern wurden 53.900 Pflanzen beschlagnahmt, dagegen waren es in dem wesentlich kleineren Manchester, das zusammen mit den Vororten 2,68 Millionen Einwohner zählt, 51.000 Pflanzen. Also fast genauso viele. Die Statistik belegt jedoch nicht unbedingt, dass in Manchester dreimal so viele Leute Cannabis anbauen. Sondern eher, dass die Polizei von Manchester auf die großen Fische und die Schwächung der Verbrechernetze aus ist. Im Verlauf der “Operation Cairo” gelang es beispielsweise, 45 Großzüchter und Dealer zu schnappen, die insgesamt zu 144 Jahren Gefängnis verurteilt wurden. Ein paar Monate später wurden die fünf Besitzer einer Plantage im Wert von 8 Millionen englischen Pfund verhaftet. Diese Linie könnte man durchaus vertreten, besonders wenn sie beinhaltet, dass häusliche Kleingärtner, die den Interessen der Verbrechersyndikate ja entgegenwirken, in Ruhe gelassen würden. Dies ließe mehr Zeit für wichtigere Aufgaben; das Verhältnis zwischen beschlagnahmten Pflanzen und ausgeschalteten Großanbauern würde verbessert werden, und schließlich müssten sich die Kiffer, die keiner Fliege etwas zuleide tun, nicht mehr bedroht fühlen.

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