Hanflebensmittel und Cannabis in der Medizin

Stefan Noelker-Wunderwald ist nicht nur Gründer und Betreiber der Firma HANF-ZEIT, sondern auch selbst Cannabispatient. Wir sprachen mit ihm u. a. über inoffizielle CBD-haltige Pharmazeutika und eine ganz schön verquere Rechtslage in Deutschland.

Medijuana: Welche gesundheitlichen Probleme hast du, die du mit Cannabis behandelst?

Stefan Noelker-Wunderwald: Ich habe schon seit der Pubertät Probleme mit meinem Rücken – manche Wirbel sind bei mir nicht gerade, einer nicht ganz geschlossen, das ist eine Form von Morbus Scheuermann. Deshalb hatte ich auch schon zwei Bandscheibenvorfälle und häufig heftige Schmerzen. Irgendwann habe ich dann festgestellt, dass Cannabis mir hilft, und als mir dann Dr. Kurt Blaas auf der Cultiva die biologischen Zusammenhänge erklärte, beschloss ich, auch eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen.

MED: Wie leicht oder schwer war dein Weg zu legalem Medizinalhanf?

SNW: Das war am Anfang sehr schwierig, da ich ja keinen Arzt hatte, der mich unterstützte. Die Ärzte, bei denen ich schon seit Jahren in Behandlung war, wussten zwar alle, dass ich Cannabis nutze und haben das auch toleriert – aber viel weiter wollten sie dann doch nicht gehen. Letztendlich hatte da wohl keiner große Lust, sich eingehender mit dieser Thematik zu befassen. Mein erster Antrag wurde dann von der Bundesopiumstelle abgelehnt, da ich nur einen Arzt in Wien und keinen in Deutschland hatte, der meinen Fall unterstützte. Nach der Ablehnung ging ich dann verstärkt in Deutschland auf die Suche und klapperte erfolglos eine ganze Reihe von Ärzten ab, bis ich schließlich auf Dr. Grotenhermen stieß und sein Patient wurde. Ein halbes Jahr später stellte ich dann erneut einen Antrag und hatte Erfolg – seit Dezember 2012 darf ich nun Cannabis als Medizin konsumieren und ganz legal in der Apotheke kaufen.

MED: Das heißt, du musst die Kosten für dein Apotheken-Gras komplett selbst tragen?

SNW: Richtig, meine Krankenkasse hat eine Kostenübernahme bisher abgelehnt – aber da bin ich noch am kämpfen. Außerdem spiele ich zurzeit mit dem Gedanken, einen Antrag auf Eigenanbau zu stellen.

MED: Wie kam es dazu, dass du mit HANF-ZEIT auch eine eigene Firma gründetest, die sich Hanfprodukten verschrieben hat?

SNW: Nach dem Abschluss meiner Berufsausbildung und der Beendigung meines Zivildienstes bin ich nach Jamaika gegangen, wo ich viele intensive Kontakte mit Cannabis hatte und dabei auch die medizinische Wirkung dieser Pflanze auf mich entdeckte. Daraufhin habe ich mich dann entschlossen, etwas dazu beizutragen, diese Pflanze auch hier in Deutschland wieder ins richtige Licht zu rücken. Ich wollte etwas dazu beitragen, Hanf wieder in unsere Gesellschaft zu integrieren. Als ich dann Ende 1998 jemanden traf, der hier vor Ort Nutzhanf anbaute, aber nicht so richtig wusste, was daraus entstehen sollte, gründeten wir HANF-ZEIT und begannen, zunächst einmal Hanf-Tee und Hanf-Duftkissen aus Nutzhanfblüten herzustellen. Die verkauften wir dann in den ersten zwei, drei Jahren noch in unserem eigenen kleinen Headshop. Als wir merkten, wie wenige Produkte – außer Textilien – erhältlich waren, die tatsächlich aus Hanf hergestellt waren oder Hanf enthielten, haben wir begonnen, auch eine Lebensmittel-Schiene aufzubauen. Und so hat sich das halt immer weiter entwickelt – inzwischen führen wir viele verschiedene Produkte aus und mit Hanf.

MED: Nutzhanf hat zwar keinen relevanten THC-Anteil, dafür aber verhältnismäßig viel CBD, was ja für Cannabispatienten sehr wichtig ist. Sind damit eure Lebensmittelprodukte auch für eine medizinische Anwendung geeignet?

SNW: Damit stößt du mich auf ein großes Problem in Deutschland, welches ich dir am Beispiel von Hanfsamen-Öl verdeutlichen möchte: Hanfsamen-Öl ist ja – meist kalt gepresst – in Deutschland ein ganz normales Lebensmittel für Salate oder sonstige Speisen. Auch in der Kosmetik wird inzwischen häufig Hanföl verwendet. Viele Leute, die Hanföl kaufen, verwenden es zum Beispiel gegen Neurodermitis oder bei anderen Hautproblemen. Manche konsumieren es, um ihren Cholesterinspiegel zu senken, andere, um ihren Kreislauf zu verbessern. Sie alle haben gemerkt, wie gut das Hanföl wirkt – trotzdem dürfen keine medizinischen Aussagen darüber gemacht werden, da es sich hier ja nicht um ein zugelassenes Medikament, sondern um ein Lebensmittel handelt. Genau hier beginnt sich dann die Rechtslage in Deutschland auch etwas zu drehen – denn es gibt bereits viele Menschen, die dieses Öl medizinisch nutzen, welches wir aber nur als Lebensmittel anbieten dürfen. Wir dürfen auch keinem sagen: “Reib´ dich doch damit ein, wenn du Neurodermitis hast!” – insofern stecken auch wir da irgendwie in einer seltsamen Rechtslage fest und müssen uns immer sehr genau überlegen, wie man da mit bestimmten Produkten am besten auf den Markt gehen kann.

MED: Wie ist es da zum Beispiel mit euren Aroma-Kissen?

SNW: Da sieht es ganz ähnlich aus – viele Leute benutzen es als Schlafkissen, wenn sie zum Beispiel Kopfschmerzprobleme haben. Wir dürfen aber selbst nichts davon sagen, dass so ein Kissen auch eine medizinische Wirkung in diesen oder jenen Bereichen hat, sondern es nur als einen ganz normalen Gebrauchsgegenstand verkaufen. Es gibt auch Leute, die nehmen die Nutzhanfblüten aus dem Kissen heraus, um CBD zu extrahieren. Oder sie benutzen die Blüten als Tabakersatz – Nutzhanfblüten enthalten übrigens im Normalfall zwischen einem und zwei Prozent CBD. Wir sind daher durchaus in der Lage, medizinisch wirksame CBD-Produkte herzustellen – aber wir dürfen sie nicht als solche deklarieren und erst recht nicht bewerben. Wir haben beispielsweise auch ein Massage-Öl herausgebracht, welches ungefähr zwei Prozent CBD enthält – mit medizinischen Wirkungen dürfen wir jedoch leider nicht werben, da diese Angabe für ein Massage-Öl irrelevant ist. Für ein medizinisches Produkt wäre diese Aussage natürlich sehr wichtig – aber es ist ja offiziell noch kein medizinisches Produkt.

MED: Das heißt, ihr wollt in Zukunft auch ganz offiziell medizinische Produkte aus Cannabis herstellen?

SNW: Tatsächlich ist so etwas in Planung. Zurzeit arbeiten wir mit einem Labor, welches unsere Rohstoffe auf ihre genauen Bestandteile untersucht, um so auch Patienten helfen zu können. Ebenfalls haben wir zu einem Apotheker vor Ort gute Kontakte – dieser hat bereits das OK seines Amtsapothekers für den Vertrieb CBD-reicher Produkte. Die Zukunft bleibt also spannend.

MED: Und die passenden Sorten dafür scheint ihr ja bereits selbst zu züchten …

SNW: Wir arbeiten zumindest daran – gemeinsam mit einem Partner lassen wir gerade in der Schweiz ein paar neue Nutzhanfsorten entwickeln, die dann irgendwann auch mal auf die Liste der in Deutschland zugelassenen Ackerpflanzen kommen sollen.

MED: Ist CBD in Deutschland eigentlich völlig legal?

SNW: Tatsächlich unterliegt CBD nicht dem Betäubungsmittelgesetz, denn es ist nicht psychoaktiv. Daher unterliegt es auch keinen Richtlinien und ist frei handelbar. Deshalb kann es auch in Lebensmitteln enthalten sein – oder in Massage-Öl.

Weitere Informationen dazu findet Ihr unter:

www.Hanf-Zeit.com

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